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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Bürgerkriegs in Sierra Leone mit, während er gleichzeitig einen brutalen Konflikt in Liberia anzettelte, der auch dort das Scheitern des Staates bewirkte. Ein ähnliches Muster extraktiver Institutionen war in Afrika auch in Angola, an der Elfenbeinküste, in der Demokratischen Republik Kongo, in Mosambik, in der Republik Kongo, in Somalia, im Sudan und in Uganda zu beobachten. Äußerst extraktive Institutionen bereiten Konflikten den Weg, wie es schon in den Maya-Stadtstaaten vor fast tausend Jahren der Fall war. Konflikte beschleunigen das Versagen des Staates. Dies ist als Folge jahrzehntelanger Herrschaft unter extraktiven wirtschaftlichen und politischen Institutionen ein weiterer Grund für das Scheitern von Nationen.

Wer ist der Staat?
    Die Beispiele Simbabwe, Somalia und Sierra Leone wirken, selbst wenn sie typisch für arme afrikanische Länder sind, ebenso wie manche Fälle in Asien recht extrem. Gibt es nicht zumindest in Lateinamerika Länder, deren Staatswesen gescheitert ist? Sind deren Präsidenten etwa nicht unverschämt genug, in der Lotterie zu gewinnen?
    In Kolumbien gehen die Anden im Norden allmählich in eine große Küstenebene am Karibischen Ozean über. Die Einheimischen bezeichnen die Ebene als tierra caliente , »heißes Land«, im Unterschied zur tierra fria , dem »kalten Land« der Andenregion. Seit fünfzig Jahren wird Kolumbien von den meisten Politologen und Regierungen als Demokratie eingestuft. Die Vereinigten Staaten zögern nicht, Gespräche über ein potentielles Freihandelsabkommen mit dem Land zu führen und ihm jegliche Unterstützung, vor allem in Form von Militärhilfe, zukommen zu lassen. Nach dem Ende einer kurzlebigen Militärregierung im Jahr 1958 wurden regelmäßig Wahlen abgehalten, obwohl die politische Macht und die Präsidentschaft durch einen Pakt zwischen den beiden traditionellen Parteien, den Konservativen und den Liberalen, lediglich hin- und hergeschoben wurden. Immerhin ratifizierten die Kolumbianer den Pakt in Form der »Nationalen Front« durch ein Plebiszit, was demokratisch genug zu sein scheint.
    Doch obwohl Kolumbien über eine lange Geschichte demokratischer Wahlen verfügt, besitzt es keine inklusiven Institutionen. Vielmehr ist seine Geschichte von Bürgerrechtsverletzungen, außergerichtlichen Exekutionen, Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung und Bürgerkrieg geprägt. Das widerspricht dem, was wir von einer Demokratie erwarten. Der Bürgerkrieg in Kolumbien unterscheidet sich von dem in Sierra Leone, wo Staat und Gesellschaft zusammenbrachen und Chaos herrschte. Gleichwohl ist es ein Bürgerkrieg, der zudem viel mehr Opfer gefordert hat. Die Militärherrschaft der 1950er Jahre war ihrerseits teilweise eine Reaktion auf einen Bürgerkrieg, der auf Spanisch schlicht als La Violencia (»Die Gewalt«) bekannt ist. Seit damals malträtieren etliche Gruppen von Aufständischen, zumeist kommunistische Revolutionäre, die Landgebiete, wo sie Entführungen und Morde begehen. Um derartige Heimsuchungen zu vermeiden, muss man im ländlichen Kolumbien eine vacuna (»Impfung«) zahlen, die jeden Monat an eine Bande bewaffneter Banditen abgeführt wird.
    Nicht alle bewaffneten Gruppen in Kolumbien sind Kommunisten. 1981 entführten Mitglieder der wichtigsten kommunistischen Guerillagruppe, der Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (FARC), einen Milchbauern namens Jesus Castaño, der in dem kleinen Ort Amalfi im nordöstlichen Teil des Departamentos Antioquia wohnte. Die FARC verlangten ein Lösegeld von 7500 Dollar, ein kleines Vermögen im ländlichen Kolumbien. Die Familie nahm eine Hypothek auf, um das Geld zusammenzubringen, doch trotzdem wurde der Familienvater tot und an einen Baum gefesselt vorgefunden. Daraufhin gründeten drei von Castaños Söhnen, Carlos, Fidel und Vicente, eine paramilitärische Gruppe, Los Tangueros, um sich an den FARC zu rächen. Bald wuchs die Gruppe und verbündete sich mit anderen, aus ähnlichen Gründen entstandenen paramilitärischen Vereinigungen. In vielen Gegenden litten die Kolumbianer unter linken Guerillas und bildeten zu deren Bekämpfung rechte paramilitärische Organisationen. Die Landbesitzer griffen auf sie zurück, um sich gegen die Guerillas zu verteidigen, doch die Paramilitärs waren ebenfalls in Drogenhandel, Erpressungen, Entführungen und die Ermordung von Bürgern verwickelt.
    1997 gelang es den Paramilitärs unter Führung der Brüder Castaño, eine nationale Organisation namens

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