Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
kommunistischen Diktatur, die Privateigentum und freie Märkte ablehnt. Aber es ist schwierig, den Schwarzmarkt zu kontrollieren, auf dem Geschäfte in Bargeld abgewickelt werden. Natürlich verwendet man dabei auch Devisen, besonders chinesische Yuan, doch oftmals wird mit Won bezahlt. Die Währungsreform hatte den Zweck, die Nutzer dieser Märkte zu bestrafen und zudem sicherzustellen, dass sie nicht reich und mächtig genug wurden, um das Regime zu gefährden. Aber es ging nicht nur um die Schwarzmärkte, denn die Ersparnisse der meisten Menschen in Nordkorea bestanden aus Won, weil es kaum Banken im Land gibt. Und da sich alle Banken im Staatsbesitz befinden, beschlagnahmte die Regierung mit Hilfe der Währungsreform einen Großteil der Ersparnisse des Volkes.
Obwohl die Schwarzmärkte offiziell verurteilt werden, findet die nordkoreanische Elite Gefallen an dem, was sie produzieren. Der oberste Machthaber Kim Jong-Il, der im Dezember 2011 starb, hatte einen siebenstöckigen Vergnügungspalast mit einer Bar, einem Karaoke-Automaten und einem kleinen Kino. Im Erdgeschoss befand sich ein riesiger Swimmingpool mit einer Wellenmaschine, wo Kim gern mit einem motorisierten Bodyboard herumfuhr. Als die Vereinigten Staaten 2006 Sanktionen gegen Nordkorea verhängten, wussten sie genau, wie sie das Regime ins Mark treffen konnten. Man verbot den Export von mehr als sechzig Luxusgegenständen nach Nordkorea, darunter Yachten, Water-Scooter, Rennwagen, Motorräder, DVD-Player und Fernseher mit einer Größe von über 28 Zoll. Auch Seidenschals, Designerstifte, Pelze und Ledergepäck wurden nicht mehr aus den USA geliefert. Genau solche Objekte sammelten Kim und die anderen führenden Mitglieder der Kommunistischen Partei. Ein Wissenschaftler zog die Verkaufszahlen der französischen Firma Hennessy heran und errechnete, dass Kims jährliches Cognacbudget vor den Sanktionen vermutlich bei 800000 Dollar gelegen hatte.
Viele der ärmsten Regionen der Welt am Ende des 20. Jahrhunderts kann man nur dann verstehen, wenn man sich mit dem neuen Absolutismus des 20. Jahrhunderts beschäftigt: dem Kommunismus. Marx schwebte ein System vor, das Wohlstand unter humaneren Bedingungen und ohne Ungleichheit erzeugte. Lenin und seine Kommunistische Partei wurden von Marx inspiriert, doch die Praxis hätte sich kaum stärker von der Theorie unterscheiden können. Die Bolschewistische Revolution von 1917 war eine blutige Angelegenheit ohne jeglichen humanen Aspekt. Auch Gleichheit spielte keine Rolle, denn als Erstes machten Lenin und sein Gefolge sich selbst zur neuen Elite, der Avantgarde der Bolschewistischen Partei. Dazu ermordeten sie massenhaft Nichtkommunisten und auch Parteigenossen, die ihre Macht hätten gefährden können. Die wirklichen Tragödien standen jedoch noch bevor: der Bürgerkrieg sowie Stalins Kollektivierung und seine allzu häufigen Säuberungen, denen schätzungsweise 40 Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Der russische Kommunismus war brutal und repressiv, aber nicht einzigartig. Die wirtschaftlichen Folgen und das menschliche Leid waren genauso für die Ereignisse in Kambodscha in den 1970er Jahren unter den Khmer Rouge sowie für China und Nordkorea typisch. In sämtlichen Fällen brachte der Kommunismus barbarische Diktaturen und umfassende Menschenrechtsverletzungen hervor. Ganz abgesehen von den Massakern, richteten alle kommunistischen Regime verschiedene Typen extraktiver Institutionen ein. Die Wirtschaftsinstitutionen hatten, ob freie Märkte existierten oder nicht, den Zweck, dem Volk Ressourcen zu entziehen, und da sie Eigentumsrechte ablehnten, brachten sie oftmals Armut hervor. In der Sowjetunion erzeugte das kommunistische System, wie im fünften Kapitel erläutert, zunächst ein rasches Wachstum, geriet dann jedoch ins Stocken und stagnierte. Die Konsequenzen waren in China unter Mao, in Kambodscha unter den Khmer Rouge und in Nordkorea, wo die kommunistischen Wirtschaftsinstitutionen den ökonomischen Kollaps und Hungersnöte auslösten, weitaus vernichtender.
Die kommunistischen Wirtschaftsinstitutionen wurden ihrerseits von einem extraktiven politischen System gestützt, in dem sich die ganze Macht in den Händen der kommunistischen Parteien konzentrierte und in dem ihre Machtausübung keiner Kontrolle unterlag. Obwohl die extraktiven Institutionen hier eine andere Gestalt annahmen, hatten sie ähnliche Auswirkungen auf den Lebensunterhalt der Menschen wie ihre Pendants in Simbabwe und
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