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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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Sierra Leone.

King Cotton
    Baumwolle macht ungefähr 45 Prozent der Exporte von Usbekistan aus und ist damit das wichtigste Erzeugnis des Landes, seit es 1991 nach dem Zerfall der Sowjetunion seine Unabhängigkeit erklärte. Unter dem Sowjetkommunismus wurde das gesamte Ackerland in Usbekistan von 2048 Kollektivbetrieben bewirtschaftet. Nach 1991 löste man die Großbetriebe auf und verteilte den Boden, was allerdings nicht bedeutete, dass die Bauern eigenständig handeln konnten. Baumwolle war zu wertvoll für die neue Regierung des ersten – und bisher einzigen – usbekischen Präsidenten, Islam Karimow. Deshalb wurde festgelegt, was Bauern anpflanzen und welche Preise sie dafür verlangen durften.
    Baumwolle war ein wertvoller Exportartikel, und man zahlte den Bauern einen Bruchteil der Weltmarktpreise für ihre Ernte, während der Löwenanteil an die Regierung ging. Niemand war bereit, unter solchen Bedingungen Baumwolle anzubauen, weshalb der Staat Zwang ausübte. Jeder Bauer muss nun auf 35 Prozent seines Landes Baumwolle anpflanzen. Dadurch sind zahlreiche Probleme entstanden, beispielsweise im Hinblick auf die maschinelle Ausrüstung. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit wurden rund 40 Prozent der Ernte mit Mähdreschern eingebracht, doch nach 1991 konnte es angesichts der mangelnden Anreize unter Karimows Regime nicht verwundern, dass die Bauern nicht bereit waren, Mähdrescher zu kaufen und instand zu halten. Daraufhin ließ sich Karimow eine billigere Lösung einfallen: Schulkinder.
    Baumwollkapseln reifen Anfang September und können damit kurz nach Ende der Schulferien geerntet werden. Karimow wies die Ortsverwaltung an, Schulen Baumwolllieferungsquoten aufzuerlegen. Anfang September machen sich 2,7 Millionen Schulkinder (nach Angaben von 2006) zu den Feldern auf, und die Lehrer werden zu Rekrutierern von Arbeitskräften. Gulnaz, eine Mutter zweier dieser Kinder, erklärte, was geschieht:
    Am Anfang jedes Schuljahrs, ungefähr in der ersten Septemberhälfte, unterbricht man den Unterricht und schickt die Kinder stattdessen zur Baumwollernte. Niemand fragt nach dem Einverständnis der Eltern. An den Wochenenden gibt es [in der Erntesaison] keine Ruhetage. Wenn ein Kind aus irgendeinem Grund zu Hause bleibt, erscheint der Lehrer oder Klassenverwalter, um die Eltern zu maßregeln. Sie weisen den Kindern, je nach Alter, ein Tagespensum von 20 bis 60 kg zu. Wenn ein Kind das Pensum nicht erfüllt, wird es am folgenden Morgen vor der ganzen Klasse heruntergeputzt.
    Die Ernte dauert zwei Monate. Auf dem Land lebende Kinder, die das Glück haben, nicht weit entfernten Höfen zugeteilt zu werden, können zu Fuß oder mit Bussen zur Arbeit gelangen. Sind sie in größerer Entfernung oder in Städten zu Hause, müssen sie in Schuppen oder Scheunen neben den Maschinen und Tieren übernachten. Toiletten oder Küchen sind nicht vorhanden, und die Kinder müssen ihre Mittagsmahlzeiten mitbringen.
    Die Hauptnutznießer dieser Zwangsarbeit sind die politischen Eliten mit Präsident Karimow, dem faktischen König der usbekischen Baumwolle, an der Spitze. Die Schulkinder werden angeblich für ihre Arbeit bezahlt, doch diese Bezahlung ist erbärmlich. Im Jahr 2006, als der Weltmarktpreis für Baumwolle bei etwa 1,40 Dollar pro Kilo lag, erhielten die Kinder 0,03 Dollar für ihr Tagespensum von 20 bis 60 Kilo. Rund 75 Prozent der Baumwollernte dürften heutzutage von Kindern eingebracht werden. Auch im Frühjahr werden die Schulen geschlossen, und man zwingt die Kinder zu hacken, zu jäten und Baumwolle umzupflanzen.
    Wie ist es zu dieser Situation gekommen? Usbekistan sollte, wie andere Sowjetrepubliken, nach dem Zusammenbruch der UdSSR unabhängig werden, um eine Marktwirtschaft und einen demokratischen Staat aufzubauen. Wie in vielen anderen Sowjetrepubliken auch, geschah all das jedoch nicht. Präsident Karimow, der seine politische Karriere in der Kommunistischen Partei der alten Sowjetunion begann und 1989 genau im richtigen Moment, als die Berliner Mauer fiel, zum Ersten Sekretär von Usbekistan aufstieg, wandelte sich plötzlich zum Nationalisten. Mit maßgeblicher Unterstützung der Sicherheitskräfte gewann er im Dezember 1991 die erste Präsidentschaftswahl Usbekistans. Nach der Machtübernahme ging er brutal gegen die unabhängige politische Opposition vor. Seine Gegner befinden sich heute im Gefängnis oder im Exil. Es gibt keine freien Medien in Usbekistan, und Nichtregierungsorganisationen sind

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