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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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konnten.
    Das galt nicht für Mexiko. Im Gegenteil, 1910, als die mexikanische Revolution begann, gab es im gesamten Land nur 42 Banken, wobei zwei von ihnen über 60 Prozent des gesamten Kapitals verfügten. Anders als in den Vereinigten Staaten, wo ein heftiger Konkurrenzkampf herrschte, kannte man unter den mexikanischen Banken praktisch keinen Wettbewerb. Dieser Umstand ermöglichte ihnen, ihren Kunden sehr hohe Zinssätze abzuverlangen, weshalb sich die Darlehensvergabe auf privilegierte und bereits wohlhabende Personen beschränkte, die ihre Kreditwürdigkeit nutzten, um ihren Einfluss auf die verschiedenen Wirtschaftssektoren zu erhöhen.
    Die Form, die das mexikanische Bankwesen im 19. und 20. Jahrhundert annahm, ging direkt auf das Wirken der politischen Institutionen nach der Unabhängigkeit zurück. Dem Chaos der Santa-Ana-Ära folgte ein vergeblicher Versuch der französischen Regierung unter Kaiser Napoleon III., in Mexiko zwischen 1864 und 1867 ein Kolonialregime mit Kaiser Maximilian an der Spitze aufzubauen. Die Franzosen wurden vertrieben, und man schrieb eine neue Verfassung. Aber die zunächst von Benito Juárez und, nach dessen Tod, von Sebastián Lerdo de Tejada gebildete Regierung wurde bald von einem jungen General namens Porfirio Díaz herausgefordert. Díaz hatte im Krieg gegen die Franzosen Siege errungen und Machtgelüste entwickelt. Er stellte ein Rebellenheer zusammen und bezwang die Regierungstruppen im November 1876 in der Schlacht von Tecoac. Im Mai des folgenden Jahres ließ er sich zum Präsidenten wählen. Er regierte Mexiko mit einer vierjährigen Unterbrechung – und zunehmend autoritär – bis zu seinem Sturz beim Ausbruch der Revolution vierunddreißig Jahre später.
    Wie Iturbide und Santa Ana schlug Díaz zunächst eine Militärkarriere ein. Ein solcher Weg in die Politik war auch in den Vereinigten Staaten nichts Neues. George Washington, der erste Präsident der USA, hatte sich als General im Unabhängigkeitskrieg ausgezeichnet. Ulysses S. Grant, einer der siegreichen Unionsgenerale des Bürgerkriegs, wurde 1869 Präsident. (Ähnlich war es auch später: Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte Dwight D. Eisenhower, der oberste Befehlshaber der Alliierten Streitkräfte in Europa, das Präsidentenamt zwischen 1953 und 1961 ausüben.) Doch anders als Iturbide, Santa Ana und Díaz wandte keiner der nordamerikanischen Befehlshaber Gewalt an, um an die Macht zu gelangen. Sie hielten sich an die Gesetze. Die Verfassungen hingegen, die Mexiko im 19. Jahrhundert besaß, stellten für Iturbide, Santa Ana und Díaz kein Hindernis dar. Diese Männer konnten nur genauso aus dem Amt entfernt werden, wie sie es an sich gebracht hatten: durch Gewalt.
    Díaz verletzte die Eigentumsrechte der Menschen, bereitete die Enteignung großer Landstriche vor und verschaffte seinen Anhängern in sämtlichen Geschäftsbereichen, darunter dem Bankwesen, Monopolpositionen und Vergünstigungen. Ein solches Verhalten war nicht neu. So hatten schon die spanischen Konquistadoren gehandelt, und Santa Ana und seine Nachfolger waren in ihre Fußstapfen getreten.
    Dass die Vereinigten Staaten ein Bankwesen besaßen, das erheblich förderlicher für den wirtschaftlichen Wohlstand des Landes war, verdankte sich nicht etwa der Tatsache, dass die dortigen Bankeigentümer andere Motive hatten. Im Gegenteil, das Profitmotiv, das dem monopolistischen Bankgewerbe in Mexiko zugrunde lag, war auch in den Vereinigten Staaten vorhanden. Es wurde jedoch von den völlig anders strukturierten US-Institutionen in ebenfalls völlig andere Kanäle geleitet. Die Bankiers sahen sich Wirtschaftsinstitutionen gegenüber, durch die sie einem viel stärkeren Wettbewerb ausgesetzt wurden. Das lag weitgehend daran, dass die Politiker, welche die Regeln für die Bankiers festlegten, ihrerseits durch Anreize motiviert wurden, die durch andere politische Institutionen geschaffen worden waren.
    Allerdings entstand im späten 18. Jahrhundert, kurz nachdem die Verfassung der USA in Kraft getreten war, ein Bankwesen, das dem später in Mexiko dominierenden ähnelte. Die Politiker versuchten, staatliche Bankmonopole einzurichten, die sie ihren Freunden und Partnern im Austausch gegen einen Teil der Monopolprofite überlassen konnten. Auch die US-Banken machten sich, genau wie in Mexiko, rasch daran, den Politikern, die sie regulierten, Geld zu leihen. Aber derartige Umstände waren in den Vereinigten Staaten nicht tragbar, da die

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