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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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beheben sind, wie es den Anschein hat, denn die institutionelle Struktur, die solche Fehler verursacht hat, wird auch Eingriffe zur Verbesserung von Anreizen auf der Mikroebene durchkreuzen. Versuche, Wohlstand zu konstruieren, ohne sich mit den Hauptursachen des Problems auseinanderzusetzen – also mit den extraktiven Institutionen und der Politik, die sie aufrechterhält –, dürften keine Früchte tragen.

Das Scheitern der Auslandshilfe
    Nach den Anschlägen von Al Qaida am 11. September 2001 stürzten Streitkräfte unter Führung der Vereinigten Staaten in aller Schnelle das repressive Taliban-Regime in Afghanistan, das wichtigen Mitgliedern von Al Qaida Unterschlupf gewährt und ihre Auslieferung verweigert hatte. Durch das Bonner Abkommen vom Dezember 2001 zwischen Vertretern der früheren afghanischen Mudschaheddin, die mit den US-Streitkräften kooperiert hatten, und maßgeblichen Angehörigen der afghanischen Diaspora, darunter Hamid Karzai, entstand ein Plan zur Gründung einer demokratischen Regierung.
    Der erste Schritt war die Einberufung der Loya Jirga, der großen Ratsversammlung, die Karzai zum Vorsitzenden der provisorischen Regierung wählte. Es schien in Afghanistan aufwärtszugehen. Die Mehrheit des Volkes brannte darauf, die Taliban hinter sich zu lassen. Die internationale Gemeinschaft glaubte, dass dazu nichts anderes als ein hoher Betrag an Auslandshilfe erforderlich sei. Vertreter der Vereinten Nationen und führender NGOs flogen bald in die Hauptstadt Kabul.
    Was dann kam, sollte eigentlich nicht überraschen, besonders wenn man an das Scheitern der Auslandshilfe für arme Staaten in den vergangenen fünf Jahrzehnten denkt. Wie auch immer, das übliche Ritual wiederholte sich. Dutzende von Entwicklungshelfern und ihr Gefolge trafen mit ihren Privatflugzeugen in der Stadt ein. Alle möglichen NGOs entsandten Mitarbeiter, um ihr eigenes Programm zu verfolgen. Gespräche auf hoher Ebene zwischen Regierungsvertretern und Delegationen der internationalen Gemeinschaft begannen. Etliche Milliarden Dollar flossen nach Afghanistan. Doch man verwendete kaum etwas davon für den Aufbau der Infrastruktur, von Schulen oder anderen öffentlichen Dienstleistungen, die für die Entwicklung inklusiver Institutionen oder auch nur für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung unerlässlich sind.
    Während die Infrastruktur weitgehend in Trümmern lag, verwendete man vielmehr den ersten Teilbetrag dazu, eine Fluggesellschaft mit der Hin- und Herbeförderung von UN-Vertretern und anderen internationalen Amtspersonen zu beauftragen. Als Nächstes benötigte man Chauffeure und Dolmetscher. Also heuerte man die wenigen Englisch sprechenden Bürokraten und die an afghanischen Schulen verbliebenen Lehrer an, um sich von ihnen herumkutschieren zu lassen, und zahlte ihnen ein Vielfaches des Durchschnittsgehalts. Da die wenigen qualifizierten Bürokraten auf Arbeitsplätze zur Unterstützung der Auslandshelfer manövriert wurden, dienten die eingehenden Gelder nicht dazu, die Infrastruktur aufzubauen, sondern die Zwecke, für die sie verwendet wurden, unterminierten den Staat, den sie stärken sollten.
    Die Dorfbewohner in einem entlegenen Bezirk des afghanischen Zentraltals hörten eine Rundfunkmeldung über ein neues Multi-Millionen-Dollar-Programm zur Wiederherstellung von Schutzunterkünften in ihrer Gegend. Nach langer Zeit wurden ein paar Holzbalken geliefert, und zwar durch das Lastwagenkartell von Ismail Khan, einem berühmten ehemaligen Kriegsherrn und Mitglied der afghanischen Regierung. Da die Balken zu groß für jegliche Verwendung im Bezirk waren, benutzten die Dorfbewohner sie für den einzig möglichen Zweck: als Feuerholz.
    Was also war aus den vielen Millionen Dollar geworden, die man den Bewohnern versprochen hatte? Zwanzig Prozent wurden für die Kosten des UN-Amtssitzes in Genf abgezogen, der Rest wurde einer NGO übergeben, die weitere 20 Prozent für ihre eigenen Niederlassungskosten in Brüssel vereinnahmte. Sie beauftragte drei zusätzliche Instanzen, die jeweils ungefähr 20 Prozent der verbliebenen Beträge einstrichen. Die geringe Summe, die Afghanistan letztlich erreichte, wurde für den Holzkauf im westlichen Iran und für die überhöhten Transportkosten durch Ismail Khans Lkw-Kartell verwendet. Es war geradezu ein Wunder, dass die zu großen Holzbalken überhaupt in dem Dorf eintrafen.
    Was im afghanischen Zentraltal geschah, ist keine Ausnahme. In vielen Untersuchungen wird

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