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Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)

Titel: Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daron Acemoglu , James A. Robinson
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kommen eher mikroökonomische Ziele wie Privatisierung oder Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen und vielleicht auch Vorschläge dazu, wie das Funktionieren des Staates selbst durch Antikorruptionsmaßnahmen gefördert werden könne. Obwohl viele dieser Reformen für sich betrachtet einleuchten, übersehen internationale Organisationen in Washington, London, Paris und anderswo immer noch die Rolle politischer Institutionen und der Zwänge, die sie der Tagespolitik auferlegen. Die Versuche, Wirtschaftswachstum zu konstruieren, indem man arme Länder zur Übernahme besserer politischer Verfahren und Institutionen drängt, müssen erfolglos bleiben, weil nicht reflektiert wird, welchen Grund es außer der Ignoranz der Staatsführer dafür geben könnte, dass eine so schlechte Politik gemacht wird und derart schädliche Institutionen bestehen. Die Folge davon ist, dass außer ein paar Lippenbekenntnissen nichts passiert und die neue Politik nicht umgesetzt wird.
    Zum Beispiel stagnierte in den 1980er und 1990er Jahren überall auf der Welt die wirtschaftliche Entwicklung in vielen Staaten, vorwiegend in Lateinamerika, obwohl sie angeblich derartige Reformen durchführten. In Wirklichkeit wurden sie den Staaten aufgezwungen, ohne dass sich deren Politik änderte. Also untergruben die Verantwortlichen den Zweck der Reformen oder bremsten sie aus. Dies lässt sich etwa an der »Durchführung« einer der Schlüsselempfehlungen von internationalen Organisationen zur Erreichung makroökonomischer Stabilität aufzeigen, nämlich der Unabhängigkeit der Zentralbanken. Man befolgte die Empfehlung entweder in der Theorie, doch nicht in der Praxis, oder man untergrub sie durch andere politische Instrumente. Im Prinzip war diese Empfehlung durchaus vernünftig, denn etliche Regierungen gaben mehr aus, als ihre Steuereinnahmen rechtfertigten, und zwangen ihre Zentralbanken dann, zum Ausgleich Geld zu drucken. Die dadurch entstehende Inflation erzeugte Instabilität und Ungewissheit. Theoretisch würden die Zentralbanken, wenn sie unabhängig wären, wie die Bundesbank in Deutschland, dem politischen Druck widerstehen und die Inflation eindämmen.
    Der Präsident von Simbabwe, Robert Mugabe, beschloss, dem internationalen Rat zu folgen, und erklärte die Zentralbank seines Landes 1995 für unabhängig. Bis zu jenem Zeitpunkt lag die Inflationsrate bei rund 20 Prozent. 2002 erreichte sie jedoch 140, 2003 fast 600, 2007 dann 66000 und 2008 unfassbare 230 Millionen Prozent. Natürlich sollte es in einem Land, in dem der Präsident automatisch in der Lotterie gewinnt, niemanden überraschen, dass die Verabschiedung eines Gesetzes, das die Zentralbank für unabhängig erklärt, nichts zu bedeuten hat. Der Gouverneur der Zentralbank von Simbabwe wusste wahrscheinlich, dass sein Amtskollege in Sierra Leone aus dem Obergeschoss des Zentralbankgebäudes »gefallen« war, als er Siaka Stevens widersprochen hatte. Unabhängig oder nicht, die Forderungen des Präsidenten zu erfüllen, war die richtige Entscheidung für die persönliche Gesundheit des Gouverneurs, wenn auch nicht für die Gesundheit der Wirtschaft.
    Nicht alle Länder sind wie Simbabwe. In Argentinien und Kolumbien wurden die Zentralbanken in den 1990er Jahren ebenfalls unabhängig, und sie erfüllten tatsächlich ihre Aufgabe und verringerten die Inflation. Aber da sich die Politik in keinem der beiden Länder wandelte, konnten die Eliten andere Möglichkeiten nutzen, um Stimmen zu kaufen, ihre Interessen durchzusetzen und sich selbst und ihre Anhänger zu belohnen. Da sie zu diesem Zweck kein Geld mehr drucken konnten, fanden sie eine Alternative: In beiden Ländern fiel die Unabhängigkeit der Zentralbank mit einer gewaltigen Erhöhung der Regierungsausgaben zusammen, die hauptsächlich fremdfinanziert wurde.
    Der zweite Ansatz zur Konstruktion von Wohlstand ist heutzutage viel beliebter. Hier wird eingeräumt, dass es keine Patentlösungen gibt, einen Staat über Nacht oder auch im Lauf mehrerer Jahrzehnte aus der Armut in den Wohlstand zu führen. Stattdessen könne man manchen »Mikromarkt-Fehler« durch gute Ratschläge beseitigen. Der Wohlstand werde sich einstellen, wenn die Entscheidungsträger günstige Gelegenheiten nutzten, was durch die Hilfe und die Weitsicht von Ökonomen und anderen zu ermöglichen sei. Kleine Marktfehler seien in armen Ländern überall zu finden, beispielsweise im Erziehungssystem, im Gesundheitswesen und in der Organisation der

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