Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut (German Edition)
unmöglich machten, ihn zu verkaufen, was Investitionen riskant werden ließ.
Dies änderte sich nach der Glorreichen Revolution. Die Regierung übernahm eine Reihe von Wirtschaftsinstitutionen, die Anreize für Geldanlagen, Handel und Innovationen schufen. Unbeirrbar stärkte sie das Eigentumsrecht, wozu auch Patente für geistiges Eigentum gehörten, was Innovationen einen wichtigen Anschub gab. Sie schützte Recht und Ordnung. Historisch beispiellos war die Gültigkeit der englischen Gesetze für alle Bürger. Die willkürliche Besteuerung hörte auf, und die Monopole wurden fast völlig abgeschafft. Der englische Staat setzte sich aggressiv für den Handel ein und förderte die heimische Wirtschaft nicht nur durch die Beseitigung von Hemmnissen für die Expansion industrieller Aktivitäten, sondern auch, indem er kaufmännische Interessen mit der ganzen Kraft der englischen Flotte verteidigte. Durch die Rationalisierung der Eigentumsrechte erleichterte die Regierung den Aufbau der Infrastruktur, vornehmlich von Straßen, Kanälen und später Eisenbahnen, die später entscheidend für das industrielle Wachstum sein sollten.
Auf dieser Grundlage konnten ein radikal anderes Anreizsystem geschaffen und die Wohlstandsmotoren angekurbelt werden, was der Industriellen Revolution den Weg ebnete. Zuallererst war sie von bedeutenden technologischen Fortschritten durch die Nutzung der Wissensbasis abhängig, die sich während der vergangenen Jahrhunderte in Europa gebildet hatte. Dies war ein energischer Bruch mit der Vergangenheit, der durch die wissenschaftliche Forschung und die Talente einer Reihe einzigartiger Individuen ermöglicht wurde. Die Wucht der Industriellen Revolution ging vom Markt aus, der profitable Bedingungen bot, neue Technologien zu entwickeln und anzuwenden. Der inklusive Charakter des Marktes erlaubte den Menschen, ihre Fähigkeiten in den richtigen Branchen einzusetzen. Außerdem stützte sich der Markt auf Bildung und Fachwissen, und das relativ hohe Ausbildungsniveau, jedenfalls nach den Maßstäben der damaligen Zeit, begünstigte das Auftreten von Unternehmern, welche die neuen Technologien in ihren Betrieben einsetzen wollten und dafür qualifizierte Mitarbeiter brauchten. Es ist kein Zufall, dass die Industrielle Revolution in England ein paar Jahrzehnte nach der Glorreichen Revolution begann. Die großen Erfinder wie James Watt (der Vollender der Dampfmaschine), Richard Trevithick (der Erbauer der ersten Dampflokomotive), Richard Arkwright (der Erfinder der Spinnmaschine) oder Isambard Kingdom Brunel (der Schöpfer mehrerer revolutionärer Dampfschiffe) konnten nun in der Gewissheit, dass ihre Eigentumsrechte respektiert werden würden, die durch ihre Ideen eröffneten wirtschaftlichen Möglichkeiten nutzen. Sie hatten freien Zugang zu den Märkten, auf denen ihre Innovationen mit Gewinn verkauft und umgesetzt werden konnten. Im Jahr 1775, kurz nachdem er das Patent für seine Dampfmaschine, die er »Feuermaschine« nannte, hatte erneuern lassen, schrieb James Watt seinem Vater:
Lieber Vater,
nach einer Reihe unterschiedlicher und heftiger Widerstände habe ich endlich ein vom Parlament beschlossenes Gesetz vor mir, welches mir und meinen Bevollmächtigten für die kommenden fünfundzwanzig Jahre das Eigentum an meinen neuen Feuermaschinen überall in Großbritannien und auf den Plantagen einräumt, was hoffentlich sehr vorteilhaft für mich sein wird, da bereits eine erhebliche Nachfrage nach ihnen besteht.
Dieser Brief gibt Aufschluss über zwei Dinge. Erstens wurde Watt durch die Marktchancen, die er vorausahnte, und durch die »erhebliche Nachfrage« in Großbritannien und auf dessen Plantagen, also in den englischen überseeischen Kolonien, motiviert, und zweitens war er in der Lage, das Parlament zur Erfüllung seiner Wünsche zu bewegen, welches nun auf die Bitten von Einzelpersonen und Erfindern einging.
Die technologischen Fortschritte, der Drang von Unternehmen, zu expandieren und zu investieren, und die wirkungsvolle Nutzung von Fertigkeiten und Talenten wurden sämtlich durch die inklusiven Wirtschaftsinstitutionen ermöglicht, die sich in England entwickelten. Diese wiederum gründeten sich auf die inklusiven politischen Institutionen des Staates.
England brachte seine inklusiven politischen Institutionen infolge von zwei Faktoren hervor: erstens durch die politischen Organe, darunter ein zentralisierter Staat, die den nächsten radikalen – und nie dagewesenen –
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