Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen: Eine Flugreise in die Welt des Wissens (German Edition)
Das war allein die Schuld eines Vulkans, von dem vorher kaum jemand gehört hatte. Mehr noch: Kaum jemand konnte seinen Namen überhaupt aussprechen – der isländische Vulkan Eyjafjallajökull (wenn man ihn in Eyja-fjatla-jökutl zerlegt und ll wie tl spricht, ist es etwas einfacher).
Vom 15. bis 23. April 2010 war der Luftraum über ganz Nordeuropa mehr oder weniger komplett gesperrt, bis Mitte Mai kam es immer mal wieder zu weiteren Schließungen. In jener Zeit gab es Unkenrufe, das Ganze könnte sich über Monate hinziehen. Das Resultat waren erhebliche Beeinträchtigungen des Reiseverkehrs. Bis dahin war man davon ausgegangen, man könne sich einfach in ein Flugzeug setzen und überall hinfliegen. Nun standen Millionen Menschen vor geschlossenen Flughäfen und mussten auf Straße, Schiene und Wasser ausweichen – oder ihre Reise absagen. Allerdings ärgerten sich nicht alle darüber. Der Himmel, der sonst immer mit Kondensstreifenüberzogen war, strahlte plötzlich blitzblank. Und wer in Flughafennähe wohnte, konnte im Garten sitzen und endlich wieder dem Vogelgezwitscher lauschen.
Vulkanausbruch
Es ist nicht zu erwarten, dass Ihre Route in der Nähe eines aktiven Vulkans vorbeiführt, daher können Sie wohl auch keinen von oben sehen, aber es ist gut möglich, dass ein Vulkan verantwortlich ist, wenn einer Ihrer künftigen Flüge gestrichen oder die Route geändert wird. Vulkane sind ohne Zweifel eine Naturgewalt, mit der man rechnen muss. Aktive Vulkane hat es immer gegeben – rund 1500 von ihnen stellen heute eine permanente Bedrohung dar, auch wenn sich die Auswirkungen bei vielen von ihnen auf die bekannten Gefahren wie Lavaströme und Ascheregen vor Ort beschränken, wie das in Pompeji und Herculaneum der Fall war, als 79 n. Chr. der Vesuv ausbrach.
28. Der aktive Vulkan Pico do Fogo (Ilha do Fogo, Kap Verde).
Manche Vulkane schleudern jedoch Wolken sehr feiner Asche in den Himmel. Das kann zu einer ärgerlichen Staubschicht auf Ihrem Auto führen, aber auch dazu, wenn der Ausbruch stark genug und genügend Asche vorhanden ist, dass sie sich rund um die Welt verbreitet. Als 1883 der Krakatau ausbrach, wurden rund 20 Kubikkilometer Asche und Gestein bei der Explosion ausgespuckt – eine Materialmenge, die einen Würfel mit 20 Kilometern Seitenlänge ausfüllt.
Die Asche wurde 80 Kilometer hoch in der Atmosphäre getragen und trieb rund um die Erde – zuvor war die Schockwelle der Eruption, wie man gemessen hat, insgesamt siebenmal um den Globus gelaufen. Die dunkle Asche in der Atmosphäre hielt das Sonnenlicht ab, so dass die Temperaturen global um über ein Grad Celsius fielen und das Wetter mehrere Jahre beeinträchtigt war. Die Asche wurde in jedem Winkel der Erde gefunden.
Im Jahr 1883 gab es noch keinen Flugverkehr, aber heute würde ein derartiger Ausbruch die Luftfahrt weltweit wohl mindestens ein Jahr lang lahmlegen. Das Problem ist die Feinheit der Asche. Beim Eyjafjallajökull war dies besonders schlimm, weil in Island ein Zusammenspiel stark kontrastierender Temperaturen – eiskalter Gletscher und sehr heißer Vulkan – vorliegt. Kaltes Wasser vom Gletscher auf dem Vulkan kühlte die flüssige Lava schlagartig ab, was zu winzigen glasähnlichen Splittern führte. Und die wurden von der Explosivkraft des Ausbruchs in die Luft geschleudert.
Solche Aschepartikel sind zu klein, um direkt erhebliche Schäden zu verursachen, aber wenn viele davon in ein Strahltriebwerk geraten, können sie wieder schmelzen, mit Teilen des Triebwerks verbacken und Probleme bewirken, im schlimmsten Fall einen Triebwerksausfall. Amberühmtesten ist der Flug 9 der British Airways 1982, bei dem alle vier Triebwerke einer 747 ausfielen, nachdem die Maschine durch eine Vulkanaschewolke geflogen war. Glücklicherweise bricht die Asche leicht auseinander, sobald die Motoren etwas abgekühlt sind, so dass sie erneut gestartet werden können. Aber bei Flug 9 war das erst nach zwölf Minuten ohne Triebwerke der Fall, unangenehme Momente für alle an Bord, um es gelinde auszudrücken. Erst nachdem er um über 7500 Meter gesunken war, konnte der Pilot die Kontrolle über das Flugzeug wiedererlangen.
Fluglinien und Behörden haben seit diesem Zwischenfall viel dazugelernt. Wie wir in 2010 an den Vorsichtsmaßnahmen gesehen haben, wird heute nicht nur alles getan, damit Flugzeuge nicht in Vulkanasche fliegen, die Vulkane selbst werden zudem beobachtet, um Warnzeichen zu erkennen. Jetzt besteht nicht mehr
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