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Warum tötest du, Zaid?

Warum tötest du, Zaid?

Titel: Warum tötest du, Zaid? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Jahrhunderten Tradition ist.
    Mohammed war früher Professor an der Universität von Bagdad. Er ist Schiit. Als Mitglied der Baath-Partei hat er sich einige Wochen nach der amerikanischen Invasion dem Widerstand angeschlossen. Er ist heute Führer einer »Vereinigten Widerstandsgruppe« aus Nationalisten, Baathisten und gemäßigten Islamisten. Offenbar ist er eine der Führungspersönlichkeiten des irakischen Widerstands. Er ist nicht nur sehr belesen, sondern über politische Fragen verblüffend gut informiert.
    Er erzählt, dass er sich dem Widerstand angeschlossen habe, »um die Demütigung der Iraker zu beenden«. Die Besatzer griffen bei ihren nächtlichen Razzien ständig Familien in ihren Häusern an und erniedrigten sie. Häufig nähmen sie alle Männer, manchmal sogar Frauen, Greise und Kinder ohne jeden erkennbaren Grund mit und sperrten sie monatelang in Lagern ein.
    Erst kürzlich hätten sie in Mossul einen gebrechlichen, über siebzig Jahre alten Mann verhaftet, weil sein Sohn angeblich dem Widerstand angehörte. Die Soldaten hätten
ihn fünf Tage lang gefesselt auf den Steinboden gelegt. Bequem in einem Sessel sitzend und sich abwechselnd hätten sie stundenlang ihre Stiefel auf seinen Hals und sein Gesicht gestellt, um das Versteck seines Sohnes aus ihm herauszupressen. Der alte Mann habe jedoch kein Wort gesagt.
    Auch Mohammeds fünfzigjährigen Bruder, der schwer herzkrank sei, habe man wochenlang ohne medizinische Versorgung in einer winzigen Zelle festgehalten, um ihn zu zwingen, den Aufenthaltsort seines Bruders zu verraten.
    Obwohl Mohammed noch nie selbst in Amerika war, hält er die Vereinigten Staaten für ein großartiges Land. Er bekämpfe die US-Truppen, weil sie Besatzer, nicht weil sie Amerikaner seien. Die Dummheit dieses Krieges und der amerikanischen Politik wolle ihm nicht in den Kopf. Die US-Armee habe im Irak keine Chance. Der Widerstand habe längst mindestens ein militärisches Gleichgewicht hergestellt, das die USA eines Tages zwingen werde, ihre Truppen abzuziehen.
    Er schätzt, dass 40 bis 50 Prozent der über 100 000 aktiven Widerstandskämpfer von unabhängigen Nationalisten und Baathisten gestellt werden. Die gemäßigten Islamisten seien etwa gleich stark. Meist stünden sie jedoch unter der Führung baathistischer Exoffiziere, da diese nun einmal die größte militärische Erfahrung hätten.
    Die Baathisten arbeiteten mit den gemäßigten Islamisten aus vielerlei Gründen zusammen. Einer sei, dass sie selbst kaum Finanzierungsquellen hätten, während die gemäßigten Islamisten private Spenden aus den Golfstaaten erhielten.
    Al-Qaida stelle landesweit etwa fünf Prozent der Untergrundkämpfer. Die meisten ihrer Führer und der harte Kern ihrer Kämpfer stammten aus dem Ausland. Sie hätten
am meisten Geld. Al-Qaida könne es sich sogar leisten, von irakischen Widerstandsgruppen Foto- und Videomaterial zu kaufen und anschließend die fotografierten und gefilmten Szenen als eigene Operationen gegen die Besatzer auszugeben.
    Bei Al-Qaida müsse man unterscheiden zwischen einem extremistischen, meist ausländischen Flügel und gemäßigten, oft gut bezahlten Mitläufern, die in der Regel aus dem Irak stammten und versuchten, mit ihrem Sold ihre Familien über Wasser zu halten. Er wisse, dass diese Unterscheidung im Westen abgelehnt werde. Aber sie sei nun einmal Realität. Mit den Gemäßigten gebe es bei bestimmten militärischen Operationen gegen die Besatzungstruppen eine begrenzte Zusammenarbeit.
    Man versuche zurzeit, die verschiedenen Widerstandsgruppen zu einer multikonfessionellen nationalen Befreiungsfront zusammenzuschließen. Ihr Ziel sei, das Land zu befreien und Frieden zu schaffen, auch durch Vereinbarungen mit den USA.
    Al-Qaida wolle man allerdings in keinem Fall dabeihaben. Die Extremisten von Al-Qaida hätten andere Ziele. Sie seien an einem Frieden im Irak gar nicht interessiert. Sie wollten, dass der Krieg mit den Amerikanern möglichst lange weitergehe, nicht nur im Irak. Außerdem trete der multikonfessionelle irakische Widerstand für die gesamte Bevölkerung ein. Al-Qaida aber kämpfe nur für die Sunniten. Das sei unirakisch.
    Genauso schlimm wie Al-Qaida seien die häufig vom Iran finanzierten radikal-schiitischen Politikermilizen, darunter vor allem die Todesschwadronen der schiitischen Mahdi-Army. Aber auch die Milizen einiger sunnitischer Politiker seien für ihn ein Gräuel. Nicht besser seien die von den USA finanzierten privaten

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