Warum tötest du, Zaid?
»Sicherheitsdienste«. 15 Dieser »outgesourcte« Teil der amerikanischen Streitkräfte,
der über 100 000 hochbezahlte Personen umfasse, genieße seit der Invasion im Jahr 2003 durch eine Verordnung des damaligen Chefs der amerikanischen Zivilverwaltung, Paul Bremer, Immunität.
Vor allem die Blackwater-Armee, die bekannteste amerikanische »Söldner-Privatarmee« im Irak, habe durch ihre Rücksichtslosigkeit und Brutalität traurige Berühmtheit erlangt. In den »privaten Sicherheitsdiensten« arbeiteten neben amerikanischen Söldnern Lateinamerikaner, Afrikaner und Asiaten. Sie hätten vielfältige Aufgaben. Sie seien für den Personenschutz von Politikern und Diplomaten zuständig, sicherten für viel Geld wichtige Transporte oder überwachten strategisch bedeutsame Gebäude, auch Gefängnisse. In Falludscha hätten sie sich sogar direkt an militärischen Aktionen beteiligt.
Manchmal würden die privaten Sicherheitsfirmen auch von den amerikanischen Geheimdiensten für Spezialaufträge eingesetzt. Die Mietsoldaten übernähmen dann die »Dreckarbeit«, mit der sich offizielle amerikanische Stellen nicht die Hände schmutzig machen wollten. Wenn sie getötet oder verletzt würden, werde dies nicht öffentlich bekannt gegeben. Das sei vertraglich so vereinbart.
Al-Qaida, die Mahdi-Army und die Geheimdienste einiger ausländischer Mächte seien für die grauenvollen Anschläge auf Märkte und Moscheen verantwortlich. Ihre Aufgabe sei es, den irakischen Widerstand national und international zu diskreditieren und den inneren Zusammenhalt der irakischen Bevölkerung zu schwächen. Der legitime irakische Widerstand habe mit diesem widerlichen Terrorismus nichts zu tun. Echte Iraker töteten keine unschuldigen Zivilisten.
Eine wichtige Ursache für die augenblicklichen innenpolitischen Probleme im Irak liege darin, dass die USA nach der Invasion die Macht nach Konfessionszugehörigkeit
verteilt hätten. Sie hätten damit den Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten, den es früher so nie gegeben habe, bewusst programmiert, um das Land zu spalten.
Das sei so, wie wenn man nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland die Macht in Regierung und Parlament nach der Zugehörigkeit zur katholischen oder zur protestantischen Kirche geregelt hätte. Selbst einfachste Jobs seien im Irak anfangs nicht mehr nach Qualifikation, sondern nach konfessioneller und ethnischer Zugehörigkeit vergeben worden. Das habe zwangsläufig zu Spannungen geführt.
Letztlich sei das die altbekannte Strategie »Teile und herrsche« – eine Strategie, die die USA im gesamten arabischen Raum anwendeten, um einen panarabischen Nationalismus zu verhindern. Die USA hätten bewusst keine Rücksicht darauf genommen, dass der Irak schon längst zu einer Nation zusammengewachsen sei, mit gewissen Besonderheiten im kurdischen Norden. Seit Langem schon hätten sich in Bagdad, Mossul und Basra multiethnische und multikonfessionelle Zentren gebildet.
Schiiten und Sunniten hätten jahrhundertelang harmonisch zusammengelebt. Die Unterschiede zwischen den beiden Ausprägungen des Islam seien geringer als die zwischen Katholiken und Protestanten. In Dörfern mit nur einer Moschee zum Beispiel hätten Sunniten und Schiiten meist zusammen gebetet. Diese Gemeinsamkeit werde sich nach einem Abzug der Amerikaner auch schnell wieder einstellen.
Die Behauptung, im Irak werde ein schrecklicher Bürgerkrieg entbrennen, wenn die USA ihre Truppen abzögen, sei ein alter Trick. Auch der britische Premierminister David Lloyd George habe 1920 vor einem Bürgerkrieg gewarnt, falls Großbritannien seine Armee abziehe. Als Antwort darauf hätten sich die irakischen Stämme zu einem
Aufstand gegen die englischen Kolonialherren zusammengeschlossen.
Mohammed ist jetzt wieder ganz Professor. Er doziert weiter, die Sprache der Eroberer sei immer die gleiche. Als die Engländer 1917 in Bagdad einmarschierten, hätten sie – ähnlich wie die USA 2003 – öffentlich erklärt, sie kämen »nicht als Eroberer oder Feinde, sondern als Befreier«. Dann seien sie vier Jahrzehnte lang geblieben. Es sei immer das gleiche Lied.
Der irakische Widerstand führe pro Woche über tausend militärische Operationen durch, zurzeit rund hundertachtzig pro Tag. 16 Diese Zahlen würden durch den von hochrangigen amerikanischen Experten erstellten Baker-Hamilton-Report unterstrichen. Der Anteil des nationalistischen und baathistischen Widerstands an diesen Operationen liege bei etwa 50 Prozent.
Der
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