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Warum tötest du, Zaid?

Warum tötest du, Zaid?

Titel: Warum tötest du, Zaid? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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langen Gespräche zuvor.
    Zaids Widerstand
    Die Nacht war herrlich. Ich habe bis acht Uhr geschlafen. Abu Saeed sagt mir lachend, alle Versuche, mich zu wecken, seien gescheitert. Fast jeder habe es einmal versucht, habe mich geschüttelt und gerüttelt, aber ich hätte selig lächelnd weitergeschlafen. Jetzt allerdings müssten wir aufbrechen. Wir müssten ab jetzt jede Nacht den Standort wechseln. Mein Besuch habe sich überall herumgesprochen.
    Ich habe gerade noch Zeit, kurz zu duschen und mir die Zähne zu putzen, dann geht’s los. Wir fahren diesmal einen ganz anderen Weg. Nach einem Abstecher nach Al-Sufia, wo wir einige Fotos machen, sind wir gegen elf Uhr plötzlich wieder im Haus von Abu Saeed.
    Als ich erstaunt frage, wieso wir dorthin zurückgefahren seien, wo wir gestern noch so dringend wegmussten, lacht Abu Saeed. So wie ich nicht damit gerechnet hätte, rechne auch sonst wahrscheinlich niemand mit unserer Rückkehr nach Al-Dschasira. Dann eilt er zu seiner Familie und dem kleinen Ali, die wahrscheinlich auch ein Grund für seine Rückkehr nach Hause waren.
    Ich gehe mit Zaid in den auch tagsüber ziemlich dunklen Gästeraum. Die Rasselbande der Kinder sitzt ausnahmsweise
mucksmäuschenstill vor dem Fernseher. Sie schaut auf dem irakischen Privatsender Scharqija, der von Dubai aus sendet, gebannt der Ankunft der Nationalmannschaft in Bagdad zu.
    Die Spieler haben sich tatsächlich für dreißig Stunden in ihre eigene Hauptstadt gewagt – allerdings nur in die sogenannte »Grüne Zone«, in der sich die Führung der amerikanischen Truppen und die irakische Regierung hinter gewaltigen Festungsanlagen verbarrikadiert haben. Einige der Spieler, die alle im Ausland unter Vertrag stehen, sind seit Jahren zum ersten Mal wieder im Irak.
    In der »Grünen Zone« dürfen ihnen allerdings nur sorgfältig ausgewählte Iraker zujubeln. Aber den Kindern aus Abu Saeeds und Abu Hamids Familie ist das egal. Ihre Mannschaft ist in ihrem Land, nur 110 Kilometer von ihnen entfernt. Das ist einfach toll.
    Einer der Buben beginnt eine Kissenschlacht, und schon ist in dem Raum die Hölle los. Alle balgen sich lachend mit ihren Sitzkissen. Doch auf einmal kehrt wieder Ruhe ein: Akram, der achtzehnjährige Neffe Abu Saeeds, hat das Handy seines Onkels stibitzt. Nun werden darauf lustige Spiele gespielt. Eine ganze Traube von Kindern hängt an Akram, der sicherheitshalber immer wieder zur Tür schaut, ob dort nicht sein Onkel auftaucht und sein Handy sucht.
    Nach einer halben Stunde hat auch das Handy seinen Reiz verloren, und die Kinder erzählen sich Geschichten. Sie sprechen leise, denn inzwischen ist Zaid neben mir eingeschlafen. Es ist offenbar Zeit für ein Mittagsschläfchen.
    Draußen hat es heute nur 44 Grad, und hier im Gästezimmer ist es angenehm kühl. Ausnahmsweise funktioniert die Klimaanlage.
    Ich schaue von meinem Sitzplatz auf den Flur, an dessen Wand ein kleiner, vielleicht 40 Zentimeter hoher goldumrahmter Spiegel hängt. Keiner der Jungen geht an
ihm vorbei, ohne einen prüfenden Blick hineinzuwerfen und sich mit einer vor dem Spiegel liegenden Bürste die Haare mal ein bisschen mehr nach vorne, mal ein bisschen mehr nach hinten zu kämmen.
    Auch Abu Hamid, der nur noch ganz wenige Haare auf dem Kopf hat, streichelt liebevoll jedes einzelne von ihnen, wenn er am Spiegel vorbeikommt. Wer weiß, wie lange es da noch etwas zu streicheln gibt?
    Links neben dem Spiegel befindet sich eine Tür, die zu den privaten Wohnräumen der Familien Abu Saeeds und Abu Hamids führt. Dort halten sich tagsüber vor allem die Frauen und Mädchen des Hauses auf. Ich bemerke, dass die Frauen immer wieder um die Türkante spicken und über mich tuscheln. Wann bekommt man in Ramadi auch schon einmal einen vor sich hin dösenden deutschen Doktor zu sehen?
    Ich wüsste gerne, was sie jetzt wispern und flüstern. Als sie merken, dass auch ich sie beobachte, ziehen sie schnell ihre Köpfe zurück und verschwinden wieder in den Privaträumen, um nur wenige Augenblicke später erneut um die Ecke zu lugen.
    Inzwischen hat sich Abu Saeed zu mir gesetzt und bietet mir Tee an. Ich nehme dankend an und wende den Blick von den Privatgemächern seiner Familien ab. Ich möchte ihn nicht verletzen.
    Als sich wenige Minuten später Aisha, seine Frau, zu ihm setzt, frage ich Abu Saeed, ob ich von ihnen beiden ein Foto machen dürfe. Abu Saeed erwidert freundlich, aber bestimmt, das gehe unter keinen Umständen.
    Seine Frau ist da jedoch ganz

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