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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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nächsten Morgen. Sie hatten sich die ganze Nacht in den Armen gehalten und geliebt, May konnte nicht mehr zählen, wie oft. Dazwischen hatten sie nur kurz geschlafen. Es war, als fürchteten beide die Dunkelheit, hatten Angst, sich in ihren Träumen aus den Augen zu verlieren.
    »Teddy ist die Beste«, sagte May. »Wir können nicht weg. Dort oben finden wir niemanden, der ihr das Wasser reichen könnte. Sie will dich in einer Woche sehen, um zu überprüfen, wie das Prednison angeschlagen hat.«
    »Das kann ich auch so nehmen. Und in einer Woche komme ich wieder her. Aber ich brauche den See.«
    »Versprichst du mir das?«, fragte sie zweifelnd.
    »Ja!«
    Sie wusste nicht, ob sie ihm glauben konnte. Er sah schuldbewusst aus, mied ihren Blick.
    »Ich soll geduldig sein, hat sie gesagt, und dafür sorgen, dass du sofort mit der Behandlung beginnst, beides gleichzeitig. Wie soll ich das machen?«
    »Es ist Sommer. Zeit zum Angeln und Schwimmen. Wir fahren nach Hause.«
    »Na gut.« May gab nach. »Aber nur, wenn wir zurückkommen.«
    *

    Der See und die Berge hießen sie willkommen und May wusste, dass Lac Vert der Ort war, an dem sie zu Hause waren und an den sie gehörten. Stundenlang betrachtete sie das Wasser, das still war und geheimnisvoll, und fragte sich, was die Zukunft bringen mochte. Die Sonne, die über den Bergen auf- und unterging, und die Nachmittage mit ihrem diesigen Licht, golden flimmernd von der hohen Luftfeuchtigkeit und den umherschwirrenden Pollen, bestärkten May in dem Glauben, dass am Ende doch noch alles gut werden würde, dass es noch Wunder gab und die Liebe alles zu heilen vermochte.
    Sie gingen jeden Tag schwimmen und May dachte, das Wasser des Lac Vert könne eine heilsame Wirkung auf Martins Augen haben. Sie entdeckte die Bibel ihrer Schwiegermutter und las das Gleichnis von Jesus nach, der den Blinden heilte. Sie hängte Agnes’ Stickbild im Wohnzimmer auf. Während sie durch das helle Sommerlicht starrte und beobachtete, wie sich Martin und Kylie im Wasser vergnügten, wünschte sie sich, die Zeit möge stillstehen.
    Nachts hielt Martin sie in den Armen. Sie waren stillschweigend übereingekommen, das Thema nicht mehr zu erwähnen. Sie hatten eine Woche, um zu sehen, wie das Kortison anschlug, dann würden sie Teddy erneut aufsuchen und mit ihr die weiteren Behandlungsmöglichkeiten erörtern. Wenn Martin über die Transfers in der NHL sprach, die gerade stattfanden – welche Spieler zurückgekauft oder an andere Clubs verkauft wurden –, oder über die Chancen der Bruins in der nächsten Weltmeisterschaftsrunde spekulierte, hörte sie geduldig zu.
    Genny und Ray luden sie zum Grillen ein, aber Martin bat sie abzusagen. Genny schien Lunte gerochen zu haben, und sie hatten sich diesen Sommer kaum gesehen. Das war auch gut so, wie May fand. Verdrängungsmechanismen funktionierten dann am besten, wenn man Geheimnisse für sich bewahrte, Ängste unausgesprochen blieben, wenn man alle anderen im Unklaren ließ. Nur eine einzige Person wusste Bescheid, Tobin, aber sie war weit weg, in Black Hall.
    Als Kylie ins Haus gerannt kam, um May zu sagen, dass sie mit Martin angeln wolle, um die große Forelle in ihrem Schlupfwinkel unweit der Insel zu fangen, wurde ihr eiskalt und das Leugnen half nicht mehr. Ihr Mann konnte kaum die Hand vor Augen erkennen, und ihre Tochter mit ihm alleine auf den See hinaus zu lassen wäre unverantwortlich gewesen.
    »Ich komme mit«, verkündete sie.
    Sie packten einen Imbiss zum Mittagessen ein und ruderten hinaus, bevor die Sonne über den Gipfel des Berges stieg. May liebte diese Tageszeit. Der See war saphirblau und die Luft so klar, dass man die Adler hoch droben kreisen sah. Kylie beobachtete vom Bug aus die Fische, die unter dem Boot schwammen. Martin und May saßen sich gegenüber, sie im Heck, er auf der Ruderbank in der Mitte.
    Sie fühlte sich entspannt und sicher, und plötzlich wurde ihr klar, dass Martin beim Rudern nichts sehen musste: Er wusste instinktiv, welche Richtung es einzuschlagen galt. Das war sein See, er kannte jeden Felsen, jede Biegung in- und auswendig. Er ruderte mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzudrehen, und blickte May unverwandt an, die Hände auf den Riemen.
    Ob er sie überhaupt noch sehen konnte? Wenn sie ihn anlächelte, blieb sein Gesicht unbewegt.
    »Treibholz voraus«, rief Kylie. »Mehr nach links.«
    Martin schien kaum hinzuhören, aber er pullte kräftiger auf der linken

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