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Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Was allein das Herz erkennt (German Edition)

Titel: Was allein das Herz erkennt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Bereich mit dem Schneepflug geräumt hätte, und Martin folgte Natalie auf das Eis. Dann hielten sie sich an den Händen, glitten über den See.
    Es war finster, bis auf einen einzigen Stern, der am samtschwarzen Himmel leuchtete. War er blind oder konnte er sehen? Während er die Hand seiner Tochter hielt, verlor die Frage jegliche Bedeutung. Sie fuhren in Richtung Norden, zu dem Fischgründen, wo er in den vergangenen beiden Sommern oft mit Kylie gewesen war, und der Gedanke, wie lieblos er sie in letzter Zeit behandelt hatte, schmerzte ihn zutiefst.
    »Ich habe sie dir geschickt«, sagte Natalie, als könnte sie seine Gedanken lesen. »Ich wusste, dass du eine Tochter brauchst, die du lieben kannst. Ich habe Kylie ausgewählt; sie konnte mich sehen und hören, und sie half mir, dich wiederzufinden. Wie du siehst, Daddy, ist diese Nacht für mich genauso wichtig wie für dich.«
    »Warum, Nat?«
    »Ich muss einen Weg finden, Lebewohl zu sagen.«
    »Schhhh.«
    Sie gelangten zur Insel, liefen einmal ringsherum bis zu der Stelle, die Green Cove genannt wurde, wie Martin sich erinnerte. Hier hatte er Eishockeyspielen gelernt. Martins Vater hatte ein Tor aus Kiefernzweigen errichtet und Martin, Ray und Genny beigebracht, den Puck präzise, kraftvoll und genau ins Tor zu schießen.
    Plötzlich sah Martin sie spielen, so deutlich, als wäre sein Sehvermögen nicht nur zurückgekehrt, sondern geschärft. Ein trüber Wintertag vor dreißig Jahren, es dunkelte, sein Vater hatte ihm Anweisungen und Ermutigungen zugerufen. Und erst der Blick in den Augen seines Vaters! Martin konnte es kaum glauben: Er strahlte vor Liebe und Bewunderung für seinen einzigen Sohn.
    »Und im Jahr darauf verließ er uns«, sagte Martin bitter.
    »Es schmerzt, wenn man verlassen wird«, entgegnete Natalie.
    »Ich hasse ihn für das, was er dir angetan hat.« Als Martin das Wort ›Hass‹ aussprach, verschwand das Bild aus der Vergangenheit und er kehrte in die Gegenwart zurück, in die Finsternis einer Weihnachtsnacht, dreißig Jahre später. Natalies Silhouette leuchtete neben ihm, hielt seine Hand.
    »Er hasst sich auch dafür«, sagte Natalie. »Er hätte es nie absichtlich getan, um keinen Preis der Welt.«
    »Verzeih mir, dass ich dich bei ihm gelassen habe, dass ich dich nicht beschützen konnte. Bitte verzeih mir, Nat.«
    »Es gibt nichts zu verzeihen, Daddy.«
    »Das kann ich nicht glauben.«
    Sie traten den Heimweg an, liefen langsam über das Eis, und Martin spürte, wie ihm Angst und eine bange Vorahnung die Brust zuschnürten. Sie würde ihn verlassen. Der Traum würde zu Ende sein, er würde Natalie nie wieder sehen, würde wieder blind sein. Als sie in Sichtweite des Hauses kamen, sahen sie, dass Thunder auf dem Eis wartete.
    »Geh nicht,« flüsterte er. »Lass mich nie mehr allein.«
    Sie antwortete nicht, aber sie drückte seine Hand. Er erinnerte sich an die Zeit, als sie ein Baby gewesen und er auf Schlittschuhen zu Rays Haus gefahren war, seine Tochter im Rucksack, um sie stolz seinem Freund zu präsentieren.
    »Meine Zeit ist fast um.«
    »Sag das nicht.«
    »Ich muss wissen, was du gelernt hast«, sagte sie. »Deshalb bin ich zurückgekommen, zu den Lebenden.«
    »Was ich gelernt habe?« Er war verwirrt.
    »Du bist zwar mein Vater«, sagte sie ernst, »aber ich weiß einiges, was die meisten Menschen, auch die Erwachsenen, erst dann lernen, wenn –«
    »Wenn es zu spät ist«, vollendete Martin ihren Satz.
    Und dann hörte er ihre Stimme, die so unfassbar sanft war, dass ihm die Tränen in die Augen schossen.
    »Wenn ihnen die Wahrheit klar wird.«
    Martin spürte, wie die Bitterkeit aus seinem Herzen wich, aus ihm herausströmte wie ein aufgestauter Fluss, wenn der Damm bricht.
    »Du hast sie gesehen, die Wahrheit, Daddy. Vorhin, an dem alten Tor auf dem Eis.«
    »Ich habe meinen Vater gesehen, meine Freunde und mich, als wir jung waren«, sagte Martin mit brechender Stimme.
    »Nicht nur die Menschen«, sagte Natalie liebevoll. »Was noch?«
    »Liebe«, antwortete Martin und sah wieder den Blick seines Vaters. Das Wort verweilte in seinen Gedanken und tausend Bilder zogen an seinem inneren Auge vorüber: die Arme seiner Mutter, die Augen seines Vaters, Mays Umarmung, Kylies stetige Wärme.
    »Gefängnisse sehen nicht alle gleich aus«, sagte Natalie. Ihre Worte klangen so weise, dass Martin zweimal hinschauen musste, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich von ihr stammten. Ein riesiger Eiszapfen löste sich vom Dach

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