Was allein das Herz erkennt (German Edition)
Schachtel genommen und sie gebeten, seine Frau zu werden.
»Ich habe Ja gesagt«, hatte die Frau, deren Name Jean Wesley war, May erzählt. »Ich konnte es nicht fassen, war wie im Schock. Er hatte warten wollen, bis wir in Italien waren, aber der Ring hatte den Alarm ausgelöst. Wir würden gerne am Valentinstag heiraten.«
Während sie sich lächelnd Notizen machte, läutete plötzlich das Telefon. Tobin ging ran und May hörte, wie sie sich in freundschaftlichem Ton mit jemandem unterhielt. Sie lachte, dann legte sie auf. Sie winkte May zu sich ans Fenster.
»Das war dein Mann.«
»Wollte er nicht mit mir sprechen?«
»Er kommt her – die Schlacht hat begonnen.«
»Die was?«
»Die Presse hat Wind von dir bekommen. Sie sind auf dem Weg hierher.«
*
Die Übertragungswagen standen in respektvoller Distanz, das heißt, sie hielten sich von den Rosenbeeten und dem Kräutergarten fern. Die Reporter schwärmten aus, während die Techniker mit Kameras, Mikrofonen und Beleuchtung die Gegend unsicher machten. Anweisungen wurden gebrüllt, Kabel über die grünen Rasenflächen und Steinmauern geschleift.
Wie an jedem anderen Tag im Fleet Center, Madison Square Garden oder Maple Leaf Gardens, dachte Martin. Aber das war Mays und Enids Wiese, ihr friedvolles Heim. Die Pressekonferenz hätte anderswo stattfinden sollen, aber die Geier hatten sie ausfindig gemacht und belagerten sie nun.
»Und das alles nur, weil wir geheiratet haben?«, fragte May mit einer kleinen Sorgenfalte auf der Stirn.
»Falls du irgendwelche Geheimnisse hast, wäre es jetzt an der Zeit, sie mir zu beichten«, sagte Martin.
»Ich kenne sie alle«, lachte Tobin.
»Erzähl sie mir nachher, ja?«
»Ich kann nicht glauben, dass die Geschichte eine Schlagzeile wert ist. Ich meine, unsere Hochzeit. Schließlich hat sie in aller Stille stattgefunden.«
»Es gibt eben noch andere Frauen, die ihn gerne hätten«, sagte Kylie.
»Sie kriegen ihn aber nicht.« Tobin sah May über Kylies Kopf hinweg mit Verschwörermiene an, während alle lachten.
»Sie würden dankend verzichten, wenn sie mich näher kennen würden«, sagte Martin zu Kylie. »Nur deine Mutter war blind genug, um mich zu heiraten.«
»Blind wie ein Maulwurf.« May schloss die Augen und beugte sich vor, um Martin zu küssen. Obwohl die Pressekonferenz erst in zehn Minuten beginnen sollte, brach ein Blitzlichtgewitter los und die Kameras klickten unaufhörlich.
»Seid ihr böse auf mich, weil ich das Geheimnis verraten habe?«, fragte Kylie bang.
Sie war so stolz auf ihren Stiefvater gewesen, dass sie jedem erzählt hatte, ihr Name sei ›Kylie Cartier‹. Außerdem hatte sie Mickey und Eddie beweisen wollen, dass sie keine Ahnung hatten, als die beiden sie im Mai eine Lügnerin genannt hatten. Die Schwester der Frau, die ehrenamtlich bei der Essensausgabe in der Schule half, war beim Fernsehsender WBTR beschäftigt und hatte die Neuigkeit herausposaunt. Sie hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet.
Martin lächelte auf Kylie herab. Während sich die Erwachsenen an eine Steinmauer lehnten, saß Kylie im Schneidersitz zu ihren Füßen. Sie trug Natalies alte blaue Blue-Jays-Kappe, die er ihr am letzten Tag auf dem See geschenkt hatte, und ihr Anblick war nicht mehr ganz so schmerzhaft für ihn. » Mais non. Wir sind nicht böse. Nicht die Bohne.«
»Und wer hat dir gesagt, dass andere Frauen ihn gerne hätten?«, fragte May.
»Die anderen im Bus. Dass ihr geheiratet habt, kam im Radio, auf der Heimfahrt von der Schule. Die großen Mädchen haben es gesagt, und dann hat unsere Busfahrerin, Mrs. Patterson, so getan, als würde sie Krokodilstränen vergießen. Sie hat gemeint, das Einzige, was ihr das Leben versüßt, ist Martins Poster an der Wand in ihrem Schlafzimmer.«
»Wenn ich ihr Mann wäre, würde ich es in Fetzen reißen«, erklärte Martin.
»Ich musste versprechen, ein Autogramm für sie zu besorgen. Und für Mickey, Eddie, Jeff und Austin.«
»Kann ich auch eins haben?«, fragte Tobin.
Martin schüttelte lächelnd den Kopf.
Inzwischen hatte Pete McMahon, der Pressesprecher der Bruins, die offizielle Verlautbarung beendet und der große Augenblick war gekommen. Grelles Scheinwerferlicht flammte über ihnen auf, obwohl der Himmel blau und wolkenlos war. Martin legte den rechten Arm um May und die linke Hand auf Kylies Kopf. Er schluckte, seine Kehle war jetzt schon trocken. Tausend Mal hatte er sich den Medien schon gestellt, doch er war noch nie so nervös und
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