Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was am Ende bleibt

Was am Ende bleibt

Titel: Was am Ende bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Fox
Vom Netzwerk:
Anliegen, seine Bestie, wie sie sich selbst nennt. Ich habe sie beide eines Abends im Foyer eines Theaters getroffen, und sie hat zwei Tage lang geschmollt, erzählt mir Leon. Meinetwegen geschmollt!» Sie schnupperte. «Manchmal glaube ich, daß sich in dieser Küche ein Ziegenbock einquartiert hat. Komm, wir gehen hier raus.»
    Im Wohnzimmer fiel Claire in einen abscheulichen Sessel, der mit einer Art von braunem, bärenfellähnlichem Flaum bedeckt war. Ihr Rock flog hoch. Im Gegensatz zu ihrem übrigen Körper waren ihre Beine dünn, und blaue Adern schimmerten durch die weiße Haut hindurch.
    «Du siehst elegant aus, Sophie. Wie geht es dir?»
    «Gut … nein, nicht so gut.»
    «Schau dir diese Schuhe an! Von irgendeinem europäischen Sklaven für eine Lira angefertigt, stimmt’s? Was für Unmengen von Menschen, auf denen wir uns ausruhen! Ich habe gedacht, meine Eitelkeit würde mit fünfzig nachlassen, aber sie ist schlimmer geworden. Deshalb ziehe ich mich so an. Ich möchte lieber wie ein gealtertes Go-go-Girl aussehen als wie eine Vogelscheuche aus der Mittelschicht. In Afrika hat es einmal einen Stamm gegeben,in dem hat man Frauen, die älter als fünfzig waren, über eine Klippe geworfen. Aber ich nehme an, daß die Aufklärung inzwischen auch bei ihnen angelangt ist. Wie geht es Otto?»
    «Die Kanzlei ist ein einziges Durcheinander. Charlie Russel steigt aus dem Betrieb aus. Otto sagt nicht viel dazu. Charlie nimmt es sehr schwer.»
    «Otto hat ihn doch nicht hinausgeschmissen, oder?»
    Sophie zögerte. «Nein, das war es nicht. Sie sind nicht miteinander zurechtgekommen.»
    «Na, dann ist das doch eine gute Sache, oder?»
    «Ich weiß nicht. Sie haben lange zusammengearbeitet. Charlie scheint sehr verbittert zu sein. Er redet, als ob Otto ihn irgendwie betrogen hätte.»
    «Das glaube ich nicht. Ich würde gar nichts von dem glauben, was Charlie sagt.»
    «Du weißt gar nichts von ihm.»
    «Dieses eine Wochenende, das ich mit euch allen in Flynders verbracht habe, hat genügt.»
    «Du klingst wie Otto», sagte Sophie schnippisch. «Er denkt nicht mehr als insgesamt zwei Minuten über die Leute nach und vermutet dann, daß er über irgendeine übernatürliche Instanz zur vollkommenen Erkenntnis gelangt.»
    «Vollkommene Erkenntnis!» wiederholte Claire lachend. «Klingt wie ein Bahnhof in North Dakota! Hör zu, so etwas behaupte ich nicht. Vielmehr habe ich Charlie überhaupt nicht verstanden – es war die Art und Weise, wie er sich anbot, wie eine Platte mit Antipasti, und dann zurücktrat, um zu beobachten, wie man sie verspeiste. Ich mochte ihn nicht. Seine Einstellungen waren tadellos, das ganze gute liberale Gequassel vor einem ausgebreitet, so beruhigend, so verlockend, so schmeichelhaft. Ich mag keine tadellosen Einstellungen.»
    «Heilige Narren kommen nicht ins Paradies», sagte eine Stimme von der Decke herunter. Sophie blickte hinauf und sah Leon Fischer, der, gegen die Galerie gelehnt, mißmutig auf Claire heruntersah. Er war dick, seine Haut gelblich und sein Blazer zu eng.
    «Komm runter, Leon», sagte Claire. «Komm und sieh dir Sophie an.»
    «Ich kann sie von hier aus sehen», sagte Leon bissig. «Claire, ich habe eine Schachtel auf deinem Toilettentisch umgeworfen. Was für ein Wahnsinn hat dich denn jetzt schon wieder gepackt?»
    «Was für eine Schachtel?»
    «Voller schrecklicher Instrumente, klein wie Käfer. Sie sind alle unter das Bett und die Möbel gekullert. Ich habe angefangen, sie wieder einzusammeln, aber ich bin vor lauter Staub fast erstickt. Machst du denn hier nie sauber?»
    «Nein, Leon.»
    «Und was machst du mit all diesen unförmigen kleinen Hörnern und Flöten und Trommeln?»
    «Ich spiele mit ihnen», sagte Claire freundlich. «Da ich mir keine großen leisten kann, habe ich kleine.»
    Leon begann sehr langsam die Treppe herunterzugehen und hielt sich dabei am Geländer fest mit einer Hand, die so weich wie ein mit Wasser gefüllter Handschuh aussah.
    «Wer ist ein heiliger Narr?» fragte Claire und beobachtete die Art, wie er sich nach unten bewegte, mit einem Blick großer Besorgnis, als wäre er ein Kind, das gerade seine erste Treppenerfahrung macht.
    «Ich dachte an meinen Sohn. Wen Blake vor Augen hatte, weiß ich nicht.»
    «Möchtest du einen Drink?»
    «Nein. Was hast du mit dem Château Margaux gemacht?»
    «Für ihn ist gesorgt.»
    «Was hast du damit gemacht?» Er ging auf das Sofa zu wie ein Genesender nach einem chirurgischen Eingriff, sank neben

Weitere Kostenlose Bücher