Was am Ende bleibt
darin besprochen sehen.
Erst als
Die 27ste Stadt
vorlag, das war 1988, wurde mir bewusst, wie naiv ich noch immer war. Das obsessive Interesse der Medien an meinem jugendlichen Alter überraschte mich. Ebenso das Geld. Hochgejubelt von optimistischen Verlegern, die meinten, eine im Wesentlichen düstere, sperrige Romanhandlung mit Unterhaltungselementen werdesich irgendwie millionenfach verkaufen, erhielt ich genug, um mein nächstes Buch schreiben zu können. Die größte Überraschung aber – der wahre Indikator dafür, wie wenig ich meine eigene, in der
27sten Stadt
ausgesprochene Warnung beherzigt hatte – war, dass mein kulturkritischer Roman daran scheiterte, auf die Kultur einzuwirken. Ich hatte provozieren wollen; stattdessen bekam ich sechzig ins Leere gehende Rezensionen.
Mein Auftritt bei KMOX sprach für sich. Der Moderator war ein solider Mensch mit Whiskey-Nase und herzzerreißend über den Schädel gekämmter Tolle, der offensichtlich nicht über das zweite Kapitel hinausgelangt war. Unter dem Galgenmikro strich er über die Romanseiten, als hoffte er, die Handlung transdermal zu resorbieren. Er stellte mir Fragen, die mir jeder stellte: Was ist das für ein Gefühl, wenn man so gute Besprechungen bekommt? (Ein großartiges, sagte ich.) Ist der Roman autobiografisch? (Nein, sagte ich.) Was ist das für ein Gefühl, wenn man im Rahmen einer schicken Lesetour in seine Heimatstadt St. Louis zurückkehrt? Irgendwie enttäuschend. Aber das sagte ich nicht. Ich hatte schon gemerkt, dass das Geld, der Hype, die Fahrt in der Stretch-Limousine zu einem Fototermin für
Vogue
nicht einfach zusätzliche Leistungen waren. Sie waren der Hauptpreis, der Trost dafür, dass man einer Kultur nichts mehr bedeutete.
Um wie viel weniger ein Roman dem durchschnittlichen Amerikaner heute genau bedeutet, verglichen mit der Zeit des Erscheinens von
Catch 22
, lässt sich unmöglich beurteilen. Doch einem ehrgeizigen Jungautor kann nicht entgehen, dass in einer kürzlich von
USA Today
veröffentlichten Umfrage zum Thema «Vierundzwanzig Stunden im kulturellen Leben eines Amerikaners» einundzwanzigmal das Fernsehen genannt wurde, achtmal das Kino, siebenmal Popmusik, viermal das Radio und einmal Literatur
(Die Brückenvon Madison County).
Oder dass Zeitschriften wie
The Saturday Review
, die zu Joseph Hellers Zeiten noch haufenweise Romane unter die Lupe nahmen, völlig von der Bildfläche verschwunden sind. Oder dass die
New York Times Book Review
heute pro Woche gerade noch zwei ausführliche Literaturbesprechungen bringt (vor fünfzig Jahren war das Literatur/Sachbuch-Verhältnis eins zu eins).
Der einzige amerikanische Durchschnittshaushalt, den ich gut kenne, ist der, in dem ich aufgewachsen bin, und ich kann berichten, dass mein Vater, der keine Bücher las, dennoch halbwegs wusste, wer James Baldwin und John Cheever waren, weil das Magazin
Time
sie auf seinem Titelblatt zeigte, und
Time
war für meinen Vater in Sachen Kultur die Autorität schlechthin. In den vergangenen zehn Jahren hat das Magazin, dessen roter Rand zweimal das Gesicht von James Joyce umrahmte, Porträts von Scott Turow und Stephen King auf dem Titelblatt gehabt. Das sind ehrbare Autoren, aber niemand bezweifelt, dass sie nur ihrer fetten Verträge wegen auf dem Cover waren. Heute ist der Dollar der Maßstab kultureller Autorität, und ein Presseerzeugnis wie die
Time
, die vor nicht allzu langer Zeit noch den Anspruch hatte, den Geschmack des ganzen Landes zu prägen, hat heute im Großen und Ganzen die Funktion, ihn abzubilden.
Das literarische Amerika, in dem ich mich nach der Veröffentlichung der
27sten Stadt
wiederfand, hatte eine merkwürdige Ähnlichkeit mit dem St. Louis meiner Jugend: einer einstmals bedeutenden Stadt, die durch die Abwanderung weißer Bevölkerungsteile und den Bau von Superhighways ausgehöhlt und lahmgelegt worden war. Rings um den daniederliegenden Stadtkern anspruchsvoller Literatur gab es blühende neue Vorstädte der Massenunterhaltung. Reste der alten Lebendigkeit des Zentrums konzentrierten sich nun in den schwarzen, hispanischen, asiatischen, schwulen und frauenbewegten Gemeinschaften, die die Strukturen der abwandernden weißen, heterosexuellen und männlich bestimmtenKultur übernommen hatten.
Master of Fine Arts-
Programme boten den Geringbeschäftigten Wohnungen und öffentlich geförderte Arbeit an, ein paar ausgeflippte, ins Stadtleben vernarrte Künstler hausten noch in alten Lagerhäusern, und
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