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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Briefe mal lesen sollen, ich wette, dann würden Sie sie nich mehr so toll finden.«
    Seine Stimme, dachte sich Maud, klang jetzt verbittert und voller Groll, wie die eines Gebrechlichen, wie die einer kranken alten Frau wie Tante Simkin.
    »Sie haben nich gewußt, daß sie ihren Jungen verlassen hat, oder? Seine Stimme klang jetzt eindringlicher. »Briefe bedeuten schlechte Nachrichten, meistens jedenfalls. Als Postmeister, tja, da muß ich das wissen. Der Postmeister hat eine heilige Pflicht.«
    Sie spürte, wie er sie ansah und wollte, daß sie nachfragte. »Das hat er wohl, Wade. Aber ich weiß nicht mal, worin die besteht.« Sie hustete.
    »Es is seine heilige Pflicht, Bescheid zu wissen. Zu wissen, was in seiner Stadt passiert. Dieser Billy Katz - kennen Sie ihn? Das ist der Postangestellte drüben in Hebrides. Billy Katz is eine Schande für unsern Beruf.« Wade beugte sich nach vorn, spuckte in das dunkle Wasser und fuhr dann im Plauderton fort. »Jaa, der Billy. Würd ich nich immer wieder rüberfahren und für ihn einspringen, tja, da würden die praktisch gar keine Post kriegen. Glauben Sie ja nicht, daß ich nich alles über Loreen Butts und diese Antoinette gewußt hab. Gibt nich viel, worüber ein Postmeister nich Bescheid weiß.« Er nahm einen Schluck aus der Bierdose, lachte dabei und wischte sich den Speichel vom Mund. »Sam DeGheyn glaubt, ich war den ganzen Nachmittag drüben in Hebrides. Wissen Sie noch? Der Nachmittag, an dem die Eunice ermordet worden is?«
    Als sei dies lediglich noch so ein zu vergessendes Datum im Kalender. Mauds Finger krallten sich in das blaue Kleid. Sie konnte nicht antworten.
    »Sam DeGheyn meint, er is der Größte.« Seine Stimme bekam etwas Hinterhältiges. »Er hatte ein Verhältnis mit dieser Alonzo, ham Sie das gewußt?«
    Maud schüttelte den Kopf. Sie wußte, daß es nicht stimmte, und dennoch flackerte ein Fünkchen Eifersucht in ihr auf. Es war erstaunlich, daß sie bei all ihrer Angst überhaupt noch ein so klares Gefühl wie Eifersucht spüren konnte.
    »O doch, verdammt noch mal.« Er ließ sie nicht aus den Augen. »Hat nach Feierabend da drüben im Gerichtshaus rumgemacht. Ich wette, er hat sie in allen möglichen -«
    »Wie hast du ihn getäuscht, Wade?« Sie schrie das in einem Ton, der gespannt wie eine Geigensaite klang. »Wie hast du Sam an der Nase rumgeführt?«
    Sein Lachen war eher ein Kichern. Es war entsetzlich. »War kinderleicht. Hab nur in meinen Pickup springen, zur Farm zurück- und dann wieder nach Hebrides fahren müssen. Hat nur ’ne Stunde gedauert, nicht viel länger. Wenn jemand in die Post gekommen wär, hätt ich nur sagen müssen, ich war auf’m Klo oder mir war schlecht. Is wohl keiner reingekommen. Wer will auch schon mit Billy Katz reden? Der kennt nich mal den Unterschied zwischen seinem Arsch und - tschuldigen Sie meine Ausdrucksweise.«
    Das Kichern war beängstigend, beinahe noch schlimmer als die Geste, mit der er seinen Daumen über die Klinge des Messers gleiten ließ.
    »Dr. Elizabeth Hooper... Dr. Elizabeth Hooper...«
    Er wiederholte den Namen immer und immer wieder, als würde er ihn streicheln, auf der Zunge zergehen lassen. Er erzählte Maud, wie er sie in der gleichen Nacht aus dem dunklen Postamt heraus beobachtet hatte. »Sie war ’ne Hure, sonst nix, Maud.« In seiner Stimme lag jetzt wieder diese weinerliche Gereiztheit. »Ich hab Sie umbringen müssen, oder? Genau wie die anderen. Was hat ihr Junge sie schon gekümmert? Hat ihn doch einfach sitzenlassen, oder? Wie Loreen Butts immer wieder ihr Baby verlassen hat, damit sie mit diesem Boy Chalmers ausgehen konnte.« Die Stimme hatte wieder diesen hohen, schnarrenden Wimmerton angenommen, als er beschrieb, wie er am Fenster des Postamts gestanden hatte. Es befand sich ein Stück weiter unten an der Straße, nicht weit vom Gästehaus Branntwein entfernt, aber er konnte zur Pension hinübersehen und sie beobachten.
    »Hören Sie auf...« Maud hielt die Hände in die Höhe, um ihn daran zu hindern, ihr das Vorgefallene zu erzählen.
    Es war verrückt, ihn herauszufordern oder anzudeuten, daß er etwas Unrechtes getan hatte, aber sie konnte sich nicht mehr beherrschen. Nicht bei Frau Dr. Hooper. »Sie war wegen ihres Sohnes hier. Seinetwegen ist sie - mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks - einmal im Monat hier durchgekommen, nur um ihn zu besuchen.«
    Maud weinte jetzt, wobei sie noch immer übers Wasser blickte. So viele Leute auf der anderen Seeseite, und

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