Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
Unterschied, kleines Mädchen?«, sagte Elaine. »Ich spreche über mein Leben. Dein Freund sagte, dass er mir das Leben nehmen würde, wenn etwas Bestimmtes nicht geschieht.«
Weder H’jeanne noch der Jäger sagten etwas darauf.
Elaine bemerkte den angstvollen Unterton in ihrer eigenen Stimme. »Du hast es gehört!« Sie wandte sich an den Jäger. »Und du hast es auf dem Bildschirm miterlebt.«
Die Stimme des Jägers war heiter und besänftigend. »Wir drei haben vor Ende dieser Nacht noch viel zu tun. Wir werden es nicht schaffen, wenn du dich fürchtest oder besorgt bist. Ich kenne die Untermenschen, aber ich kenne ebenso gut die Lords der Instrumentalität – alle vier. Die Lords Limaono und Femtiosex und Lady Goroke. Und auch die Norstrilierin. Sie werden dich beschützen. Charley-mein-Liebling will dir vielleicht das Leben nehmen, weil er befürchtet, dass der Tunnel von Englok, in dem du gerade warst, entdeckt werden könnte. Nun, ich habe Mittel, ihn wie auch dich zu beschützen. Hab ein klein wenig Vertrauen zu mir. Das ist doch nicht so schwer, oder?«
»Aber«, protestierte Elaine, »der Mann – oder der Ziegenbock – oder was immer er sein mag, dieser Charley-mein-Liebling hat gesagt, es würde alles sofort passieren, sobald ich hier mit dir zusammentreffen würde.«
»Wie kann irgendetwas passieren«, bemerkte die kleine H’jeanne, »wenn du die ganze Zeit redest?«
Der Jäger lächelte. »Das stimmt«, bestätigte er. »Wir haben genug gesprochen. Nun müssen wir uns lieben.«
Elaine sprang auf. »Nicht mit mir, das wirst du nicht. Und nicht, wenn sie in der Nähe ist. Nicht, solange ich meine Arbeit noch nicht kenne. Ich bin eine Hexe. Man erwartet von mir, dass ich etwas tue, aber ich habe bisher noch nicht herausgefunden, was das ist.«
»Sieh dir das an«, sagte der Jäger mild, trat zur Wand gegenüber und deutete mit seinem Finger auf ein verschlungenes Kreisornament.
Elaine und H’jeanne folgten beide seiner Aufforderung.
Der Jäger sprach weiter, und jetzt klang seine Stimme drängend: »Siehst du es, H’jeanne? Siehst du es wirklich? Die Zeitalter drehen sich, warten auf diesen Augenblick, kleines Mädchen. Siehst du es? Erkennst du dich selbst darin?«
Elaine betrachtete das kleine Hundemädchen. H’jeanne hatte fast zu atmen aufgehört. Sie starrte die seltsamen symmetrischen Muster an, als wären sie ein Fenster mit einer Aussicht auf verzauberte Welten.
Der Jäger schrie mit aller Kraft: »H’jeanne! Jeanne! Jeannie!«
Das Kind gab keine Antwort.
Der Jäger ging zu ihr, schlug ihr sanft auf die Wange, schrie erneut. H’jeanne fuhr fort, das verschlungene Muster anzustarren.
Der Jäger wandte sich Elaine zu. »Jetzt werden wir beide miteinander schlafen. Das Kind befindet sich in einer Welt aus glücklichen Träumen. Dieses Muster ist ein Mandala, etwas, das aus der unvorstellbar weit zurückliegenden Vergangenheit stammt. Es bannt das menschliche Bewusstsein. H’jeanne wird uns weder sehen noch hören. Wir können ihr nicht helfen, ihr Schicksal zu erfüllen, wenn wir uns nicht zuerst geliebt haben.«
Elaine, mit vor den Mund geschlagener Hand, versuchte, in Gedanken eine Liste von Symptomen durchzugehen, um ihr seelisches Gleichgewicht zu bewahren. Es funktionierte nicht. Eine Gelöstheit überkam sie plötzlich, ein Gefühl des Glücks und der Ruhe, das sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gekannt hatte.
»Hast du geglaubt«, fragte der Jäger, »dass ich mit meinem Körper jage und mit meinen Händen töte? Hat dir nie jemand gesagt, dass das Wild mir mit Freuden entgegenläuft, dass die Tiere sterben, während sie vor Lust schreien? Ich bin Telepath, und ich arbeite mit Lizenz. Und ich habe meine jetzige Lizenz von der toten Lady Panc Ashash.«
Elaine wusste, dass damit das Ende ihres Gesprächs gekommen war. Zitternd, glücklich, furchtsam fiel sie ihm in die Arme und ließ sich von ihm zu der Couch an der Wand des schwarzgoldenen Raumes führen.
Tausend Jahre später küsste Elaine sein Ohr und murmelte verliebte Worte, Worte, von denen sie gar nicht gewusst hatte, dass sie sie kannte. Sie musste, dachte sie, mehr von den Geschichtenwürfeln aufgeschnappt haben, als sie geahnt hatte.
»Du bist meine Liebe«, sagte sie, »meine einzige, mein Liebster. Verlasse mich niemals, niemals, nie darfst du mich verstoßen. O Jäger, ich liebe dich!«
»Wir trennen uns«, erwiderte er, »noch ehe der morgige Tag zu Ende ist, aber wir werden uns wiedersehen.
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