Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

ging zu Elaine und murmelte ihr zu: »Hab keine Furcht, keine Furcht.«
    Furcht?, dachte Elaine. Jetzt ist nicht die Zeit, Furcht zu empfinden. Es ist viel zu interessant.
    Als wäre es eine Antwort auf Elaines Gedanken, ertönte aus dem Nirgendwo eine klare, starke, männliche Stimme:
    Dies ist die Zeit für das heilende Teilen.
    Als diese Worte ausgesprochen waren, schien es, als sei eine Blase aufgestochen worden. Elaine spürte, wie sich ihre und H’jeannes Persönlichkeit mischten. Bei normaler Telepathie wäre das tatsächlich furchteinflößend gewesen. Aber das hier war keine Kommunikation.
    Es war Sein.
    Sie war Jeanne geworden. Sie spürte den sauberen kleinen Körper in seinen ordentlichen Kleidern. Sie erkannte, dass sie wieder die Gestalt eines Mädchens besaß. Es war ein seltsam angenehmes und vertrautes Gefühl, das schrecklich lange Zeit zurücklag, und sie erinnerte sich, dass sie früher einmal diese Gestalt gehabt hatte – die glatte, unschuldig flache Brust, den unkomplizierten Unterleib, die Finger, die sich noch anfühlten, als sei jeder für sich genommen eine bewegliche und lebendige Verlängerung ihres Handtellers. Aber das Bewusstsein – das Bewusstsein dieses Kindes! Es war wie ein riesiges Museum, das von kostbaren Kirchenfenstern erleuchtet wurde, angefüllt mit mannigfaltigen, schönen und wertvollen Gegenständen, durchzogen vom Duft fremdartigen Weihrauchs, der langsam durch die stille Luft trieb. H’jeanne besaß nun ein Bewusstsein, das ganz bis zur Farbe und zum Ruhm der Frühzeit des Menschen zurückreichte. Sie war ein Lord der Instrumentalität gewesen, ein Affenmensch, der Raumschiffe ritt, ein Freund der lieben toten Lady Panc Ashash und Panc Ashash selbst …
    Kein Wunder, dass das Kind reich und seltsam war: Sie war die Erbin aller Zeitalter geworden.
    Dies ist die Zeit für den gleißenden Gipfel der Wahrheit in den weichenden Teilen, sagte die namenlose, klare, laute Stimme in ihrem Bewusstsein. Dies ist die Zeit für dich und für ihn.
    Elaine erkannte, dass sie auf hypnotische Eingebungen reagierte, die Lady Panc Ashash den Gedanken des Hundemädchens eingepflanzt hatte – Eingebungen, die in dem Moment ihre volle Wirkung entwickelten, als die drei telepathisch miteinander verbunden waren.
    Für den Bruchteil einer Sekunde nahm sie nichts anderes wahr als ein tiefes Erstaunen über sich. Sie sah nichts als sich selbst – jede Einzelheit, jedes Geheimnis, jeden Gedanken, jedes Gefühl und jeden Umriss des Körpers. Seltsam deutlich spürte sie, dass ihre Brüste von ihrem Oberkörper abstanden, wie ihre Bauchmuskulatur sich anspannte, um ihr weibliches Rückgrat gerade und aufrecht zu halten …
    Weibliches Rückgrat?
    Warum war ihr der Einfall gekommen, dass sie ein weibliches Rückgrat besaß?
    Mit einem Mal wusste sie es.
    Sie folgte dem Geist des Jägers, während seine Aufmerksamkeit ihren Körper durchströmte, ihn trank, sich an ihm erfreute, ihn erneut liebte, diesmal von innen nach außen.
    Irgendwie wusste sie, dass das kleine Hundemädchen alles ruhig und wortlos verfolgte und durch sie die volle Bedeutung dessen aufnahm, was es hieß, ein menschliches Wesen zu sein.
    Selbst in ihrem Delirium empfand Elaine Verlegenheit. Vielleicht war es nur ein Traum, aber trotzdem war es zu viel. Sie begann ihren Geist zu verschließen, und ihr kam der Gedanke, sie könne die Hand des Jägers und des Hundekindes loslassen.
    Doch dann kam das Feuer …

VI
    Das Feuer drang aus dem Boden und brannte unfühlbar um sie herum. Elaine spürte nichts – aber sie fühlte die Berührung der Hand des kleinen Mädchens.
    Flammen um die Damen, Dramen, sagte eine verrückte Stimme aus dem Nirgendwo.
    Feuer schnaufen um den Scheiterhaufen, sagte eine andere.
    Ein Brand in deiner Hand, Sergeant, meldete sich eine dritte.
    Plötzlich erinnerte sich Elaine an die Erde, aber es war nicht die Erde, wie sie sie kannte. Sie selbst war H’jeanne und nicht H’jeanne. Sie war ein großer, starker Affenmensch, nicht von einem wahren menschlichen Wesen zu unterscheiden. Sie/er war schrecklich wach in ihrem/seinem Herzen, als sie/er über den Friedensplatz in An-fang ging, den alten Platz von An-fang, wo alle Dinge beginnen. Sie/er bemerkte den Unterschied. Einige der Gebäude fehlten.
    Die richtige Elaine dachte: Das ist es also, was sie dem Kind angetan haben – sie haben ihr die Erinnerungen anderer Untermenschen aufgeprägt. Von anderen, die etwas wagten und andere Welten