Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
Gegenwart all dieser Menschen nicht mehr mit ihr sprechen oder denken.
Ein Soldat schaffte Elaine und den Jäger zu ihm. »Sir und Gebieter, das hier sind Menschen, keine Untermenschen. Aber sie haben Hundegedanken, Katzengedanken, Ziegengedanken und Roboterideen in ihren Köpfen. Möchten Sie selbst sehen?«
»Wozu?«, gab Lord Femtiosex zurück, der so blond war wie Baldur auf den antiken Gemälden und oft auch so arrogant. »Lord Limaono trifft soeben ein. Damit sind wir vollzählig. Wir können das Gerichtsverfahren gleich hier an Ort und Stelle durchführen.«
Elaine spürte, wie ihr die Stricke die Handgelenke abschnürten. Sie hörte, wie der Jäger auf sie einsprach.
»Sie werden uns nicht töten«, flüsterte er, »obwohl wir uns vor Ende dieses Tages noch wünschen werden, sie hätten es getan. Alles geschieht genauso, wie sie es prophezeit hat, und …«
»Wer ist ›sie‹?«, unterbrach Elaine.
»Sie? Die Lady natürlich. Die liebe tote Lady Panc Ashash, die noch nach ihrem eigenen Tod Wunder gewirkt hat, obwohl sie nur noch als Persönlichkeitsabdruck in einer Maschine existierte. Wer, glaubst du, hat mir gesagt, was zu tun ist? Warum haben wir auf dich gewartet, um Jeanne zu ihrer Größe zu verhelfen? Warum haben die Leute unten in Clowntown eine H’jeanne nach der anderen großgezogen, in der Hoffnung, dass daraus Hoffnung und ein großes Wunder erwachsen würden?«
»Du wusstest es?«, fragte Elaine. »Du wusstest es … bevor es geschah?«
»Natürlich nicht genau«, sagte der Jäger, »aber mehr oder weniger. Sie hat Hunderte von Jahren nach ihrem Tod Zeit gehabt, in denen sie sich in dem Computer befand. Sie hatte Zeit für Milliarden Gedanken. Sie sah, wie es sein würde, wenn es sein musste, und ich …«
»Seid still, ihr Menschen!«, brüllte Lord Femtiosex los. »Ihr macht die Tiere mit eurem Geschwätz nervös. Seid ruhig, oder ich werde euch betäuben.«
Elaine verstummte.
Lord Femtiosex blickte sie an, beschämt, weil er sich vor einem anderen Menschen so hatte gehen lassen. Ruhiger fügte er hinzu: »Der Prozess wird gleich beginnen. Der, den die große Lady angeordnet hat.«
IX
Jeder kennt den Verlauf des Prozesses, so dass kein Grund besteht, sich allzu sehr mit ihm zu beschäftigen. Es gibt ein weiteres Bild von San Shigonanda, eines aus seiner konventionellen Schaffensperiode, das alles sehr deutlich zeigt.
Die Straße war von Wahren Menschen überlaufen, die sich zusammendrängten, um etwas zu sehen, das die Langeweile der Perfektion und der Zeit unterbrechen würde. Statt Namen besaßen sie alle Nummern oder Nummernkodes. Sie waren stattlich und gesund und auf eine stumpfsinnige Weise glücklich. Sie waren einander sogar sehr ähnlich, ähnlich in ihrer Schönheit, ihrer Gesundheit und ihrer unterschwelligen Langeweile. Jeder von ihnen hatte eine Lebenserwartung von vierhundert Jahren. Keiner von ihnen wusste wirklich, was Krieg war, obwohl der übertriebene Diensteifer der Soldaten jahrhundertelange Ausbildung verriet. Die Menschen waren hübsch, aber sie fühlten sich nutzlos und waren im Stillen verzweifelt, ohne es selbst auch nur zu ahnen. Dies geht alles aus dem Gemälde hervor und aus der wunderbaren Art, mit der San Shigonanda sie in einzelnen Gruppen anordnete und das milde blaue Tageslicht auf ihre wohlgeformten, hoffnungslosen Züge scheinen ließ.
Mit den Untermenschen allerdings vollbrachte der Künstler wahre Wunder.
Jeanne selbst ist in Licht getaucht. Ihr helles braunes Haar und ihre hundebraunen Augen drücken Sanftmut und Zärtlichkeit aus. Es gelingt San Shigonanda sogar, den Eindruck zu vermitteln, dass ihr neuer Körper besonders neu und stark ist, dass sie jungfräulich ist und bereit zu sterben, dass sie noch ein Mädchen und dennoch völlig furchtlos ist. Die Haltung der Liebe zeigt sich an der Stellung ihrer Beine; sie steht sehr anmutig da. Liebe wird in ihren Händen sichtbar; sie sind nach außen und den Richtern zugedreht. Liebe verrät ihr Lächeln; es ist zuversichtlich.
Und dann die Richter!
Auch sie sind dem Künstler gelungen. Lord Femtiosex, wieder ganz gelassen, mit dem Ausdruck immerwährenden Hasses auf seinen schmalen scharfen Lippen, eines Hasses auf ein Universum, das zu klein für ihn geworden ist. Lord Limaono, weise, zweimal wiedergeboren, scheinbar träge, doch wachsam wie eine Schlange hinter den halb geschlossenen Augen und dem langsamen Lächeln. Lady Arabella Underwood, der größte Wahre Mensch auf dem Bild,
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