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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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der fast tausend Jahre alt ist und entschieden hat, nur noch siebenundsiebzig Tage zu leben?«
    »Aber das darfst du nicht!«, sagte Mmona. » Irgendein Krimineller könnte dich entführen und duplizieren, und dann befänden wir uns alle in großer Gefahr.«
    »Wann hast du zum letzten Mal von einem Kriminellen unter den Menschen gehört?«, fragte Sto Odin.
    »Auf verschiedenen Außenwelten gibt es eine Menge von ihnen.«
    »Aber auf der alten Erde selbst?«
    »Ich weiß es nicht«, stammelte Mmona. »Irgendwann muss es ja wohl einen Kriminellen gegeben haben.« Sie blickte sich um. »Weiß es von euch denn niemand?«
    Aber niemand wusste es.
    Lord Sto Odin sah sie nacheinander an. In seinen Augen war der Glanz und die Wildheit, die ganze Generationen von Lords dazu gebracht hatten, ihn zu bitten, noch ein paar weitere Jahre am Leben zu bleiben, damit er ihnen bei ihrer Arbeit helfen konnte. Er hatte stets nachgegeben, doch vor einem Vierteljahr hatte er sich über sie hinweggesetzt und seinen Todestag gewählt. Trotzdem hatte er dadurch nichts von seiner Macht eingebüßt – sie duckten sich unter seinem Blick und warteten respektvoll auf seine Entscheidung.
    Sto Odin sah Lord Nuru-or an und sagte: »Ich glaube, du hast erraten, was ich in dem Gebiet vorhabe und warum ich dort hingehen muss.«
    »Das Gebiet ist ein Reservat, in dem keine Gesetze gelten und keine Strafen drohen. Gewöhnliche Menschen können dort tun, was sie tun wollen und nicht das, was unserer Meinung nach gut für sie ist. Nach allem, was ich gehört habe, ist es reichlich scheußlich und sinnlos, was sie dort treiben. Aber vielleicht wirst du die innere Natur all dessen erspüren. Vielleicht wirst du dort ein Heilmittel für die der Glückseligkeit überdrüssigen Menschheit finden.«
    »So ist es«, nickte Sto Odin. »Und deshalb werde ich hingehen, sobald ich die notwendigen amtlichen Vorbereitungen dafür hinter mir habe.«

III
    Und das tat er dann auch. Er benutzte eines der sonderbarsten Transportmittel, das die Erde je gesehen hat, denn seine Beine waren zu schwach, um ihn weit zu tragen. Da er nur noch zwei Neuntel eines Jahres zu leben hatte, wollte er keine Zeit damit verschwenden, sich noch einmal neue Beine transplantieren zu lassen. Er saß in einer offenen Sänfte, die von zwei römischen Legionären getragen wurde.
    Die Legionäre waren in Wirklichkeit Roboter, die weder einen Tropfen Blut noch eine einzige lebende Zelle in ihren Körpern hatten. Sie gehörten zu dem kompaktesten und am schwierigsten herzustellenden Typ, denn ihre Gehirne waren in ihrer Brust untergebracht – mehrere Millionen Schichten aus einem unglaublich dünnen Material, dem die ganze Lebenserfahrung einer wichtigen, nützlichen und seit langem verstorbenen Persönlichkeit aufgeprägt worden war. Sie waren wie Legionäre gekleidet, trugen Brustplatten, Schwerter, Röckchen, Sandalen, Beinschienen und Schilde, und dies nur, weil es eine Laune Lord Sto Odins war, sich seine Reisebegleiter nach geschichtlichen Epochen auszusuchen. Die Roboter, die ganz aus Metall bestanden, waren sehr stark. Sie konnten Mauern niederreißen, Schluchten überspringen, mit ihren bloßen Händen jeden Mann und jeden Untermenschen zerquetschen und ihre Schwerter mit der Genauigkeit von Lenkraketen werfen.
    Der vordere Legionär, Flavius, war Leiter der Abteilung 14-B der Instrumentalität gewesen – einer Spionageeinheit, die so geheim war, dass selbst von den Lords nur wenige über ihren Standort oder ihre Funktion unterrichtet waren. Er war (oder war es bis zu dem Zeitpunkt gewesen, als er im Sterben lag und seinen Geistesinhalt einem Robotgehirn aufgeprägt hatte) Direktor für die historische Erforschung der gesamten menschlichen Rasse. Nun jedoch war er eine dumme, folgsame Maschine, die in jeder Hand das Ende einer Stange hielt, bis ihr Herr die Zeit für gekommen hielt, ihren brillanten Geist in klaren, wilden Aufruhr zu versetzen, indem er einen einfachen lateinischen Satz aussprach, den kein anderer lebender Mensch verstehen konnte: Summa nulla est.
    Der hinter ihm gehende Legionär, Livius, war zunächst Psychiater gewesen und dann General geworden. Er hatte viele Schlachten gewonnen, bis er sich zum Sterben entschloss, ein wenig überhastet, weil er erkannt hatte, dass die Schlacht selbst nur ein Mittel zu seinem eigenen Vernichtungskampf war.
    Zusammen – und darüber hinaus mit der ungeheuren Geisteskraft Lord Sto Odins versehen – stellten sie ein

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