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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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worden zu sein. In der Tür stand ganz allein ein Mädchen, deren Brüste abwechselnd in lebhaftes Hell und dann wieder Dunkel getaucht waren, denn das grelle Licht drang nur von einer, der rechten Seite der Tür.
    Durch die geöffnete Tür sahen sie in eine gewaltige Halle, deren Boden mit Hunderten von zerlumpten Gestalten bedeckt war. Es waren Menschen, bewusstlose Menschen. Über und mitten unter ihnen tanzte die große Gestalt eines Mannes, der etwas Glitzerndes in der Hand hielt. Er kugelte und hüpfte und drehte und verrenkte sich im Takt der pulsierenden Musik, die er selbst erzeugte.
    »Summa nulla est«, sagte Lord Sto Odin. »Ich möchte, meine Roboter, dass ihr beide auf maximale Leistung schaltet. Seid ihr nun in höchster Bereitschaft?«
    »Wir sind es, Sir«, intonierten Livius und Flavius.
    »Ihr habt eure Waffen?«
    »Wir können sie nicht einsetzen«, erklärte Livius, »denn dies widerspricht unserer Programmierung, aber Sie können sie einsetzen, Sir.«
    »Ich bin mir nicht sicher«, bemerkte Flavius. »Ich bin mir überhaupt nicht sicher. Wir sind mit Oberflächenwaffen ausgerüstet. Diese Musik, diese hypnotische Umgebung, diese Lichter – wer weiß, was sie mit uns und unseren Waffen angerichtet haben, die nicht für den Einsatz so tief in der Erde gedacht sind …«
    »Habt keine Furcht«, beruhigte sie Sto Odin. »Ich werde mich schon um alles kümmern.«
    Er zog ein kleines Messer hervor.
    Als das Messer in den tanzenden Lichtern aufblitzte, nahm das Mädchen im Türrahmen endlich Notiz von dem Lord und seinen seltsamen Begleitern.
    Sie sprach ihn an, und ihre Stimme summte durch die dicke Luft, setzte Akzente von Klarheit und Tod.

VII
    »Wer seid ihr«, fragte sie, »dass ihr Waffen in die letzten, äußersten Bereiche des Bezirkes mitbringt?«
    »Es ist nur ein kleines Messer, Lady«, wehrte Lord Sto Odin ab, »und damit kann ich wirklich niemandem etwas zuleide tun. Ich bin ein alter Mann, und ich möchte nur meinen Vitalitätsknopf höher stellen.«
    Sie beobachtete gleichmütig, wie er das Messer an seinem Nacken ansetzte und es entschlossen dreimal herumdrehte.
    Dann sah sie ihn scharf an und sagte: »Sie sind ein seltsamer Mann. Vielleicht sind Sie für meine Freunde und mich gefährlich.«
    »Ich bin für niemanden gefährlich.«
    Die Roboter blickten ihn an, überrascht von der Stärke und Klarheit seiner Stimme. Er hatte seine Vitalität in der Tat sehr hochgeschaltet, so dass er bei dieser Einstellung vielleicht nicht mehr als eine oder zwei Stunden zum Leben hatte, aber im Augenblick waren die körperliche Kraft und die emotionale Stärke seiner besten Jahre in ihn zurückgekehrt. Dann sahen die Roboter das Mädchen an. Sie hatte Sto Odins Bemerkung ernst genommen, als habe es sich dabei um einen unbezweifelbaren Glaubensgrundsatz gehandelt.
    »Ich trage«, fuhr Sto Odin fort, » diese Federn. Wissen Sie, was sie bedeuten?«
    »Ich sehe«, erwiderte sie, »dass Sie ein Lord der Instrumentalität sind, aber der Sinn der Federn ist mir nicht geläufig …«
    »Verzicht auf Unantastbarkeit. Jeder von Ihnen hat die Möglichkeit, mich ohne Furcht vor einer Strafe zu töten oder zu verletzten.« Sto Odin lächelte grimmig. »Natürlich habe ich das Recht, mich zu wehren, und ich verstehe zu kämpfen. Mein Name ist Lord Sto Odin. Warum bist du hier, Mädchen?«
    »Ich liebe diesen Mann dort – wenn er noch ein Mann ist.« Sie verstummte und schürzte nachdenklich die Lippen. Es sah seltsam aus, wie sich diese mädchenhaften Lippen in einem momentanen Taumel der Seele zusammenpressten. Sie stand dort, nackter als ein neugeborenes Kind, und ihr Gesicht war mit provozierenden, auffallenden Farben geschminkt. Sie lebte für eine Mission der Liebe in den Tiefen des Nichts und Nirgendwo; trotzdem war sie ein Mädchen geblieben, eine Person, ein menschliches Wesen, das fähig war, wie sich zeigte, in eine unmittelbare Beziehung zu einem anderen menschlichen Wesen zu treten. »Er war ein Mann, Mylord, als er von der Oberfläche mit diesem Stück Congohelium zurückkehrte. Noch vor wenigen Wochen haben auch diese Leute dort getanzt. Nun liegen sie matt am Boden. Sie sterben nicht einmal. Ich habe das Congohelium auch in der Hand gehalten, und ich habe damit Musik gemacht. Jetzt frisst ihn die Macht der Musik auf, und er tanzt ohne Pause. Er wird nicht zu mir herauskommen, und ich wage es nicht, zu ihm hineinzugehen. Vielleicht würde auch ich dann als mattes Bündel auf dem Boden

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