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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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hätte.
    »Einem Freudentod. So lauteten seine Worte, und das war auch sein Ziel. Ich folgte ihm überallhin, und wir liebten uns. Ich wartete auf ihn, als er zur Erdoberfläche zurückkehrte, um das Congohelium zu holen. Ich glaubte, dass die Liebe, die er für mich empfand, seine Gedanken an den Tod vertreiben würde.«
    »Sprichst du die volle Wahrheit?«, fragte Sto Odin. »Oder ist das nur deine Version?«
    Protestierend begann sie etwas zu stammeln, aber er wiederholte die Frage nicht. Er schwieg und sah sie nur prüfend an.
    Sie fuhr zusammen, biss sich auf die Lippe, und schließlich ertönte ihre Stimme sehr klar durch das Durcheinander der Musik und der Lichter: »Hören Sie auf damit. Sie tun mir weh.«
    Sto Odin starrte sie an und sagte unschuldig: »Ich tue doch nichts.« Und starrte sie weiter an. Es gab viel zu sehen. Sie war ein honigfarbenes Mädchen. Selbst in den Lichtern und Schatten sah er, dass sie nicht den kleinsten Stofffetzen am Leib hatte. Außerdem hatte sie am ganzen Körper kein einziges Haar – keine Kopfhaare, keine Augenbrauen, vermutlich nicht einmal Wimpern, obwohl er das aus der Entfernung nicht genau beurteilen konnte. Sie hatte ihre Stirn hoch oben mit goldenen Augenbrauen bemalt, die ihr einen spöttisch-fragenden Ausdruck verliehen. Sie hatte ihren Mund golden geschminkt, so dass beim Sprechen die Worte aus einer goldenen Quelle sprudelten. Und ihre Augenlider hatte sie zur Hälfte golden, zur anderen Hälfte kohlschwarz gefärbt. Der Gesamteindruck unterschied sich absolut von allen früheren Erfahrungen der Menschheit: Es war lasziver Kummer von tausendfach verstärkter Intensität, vertrocknete Lüsternheit, die ewig unerfüllt blieb, Weiblichkeit im Dienst abseitiger Zwecke, Menschlichkeit, die von fremden Planeten verzaubert war.
    Sto Odin stand da und starrte sie an. Falls sie auch nur ein wenig menschlich war, würde sie das früher oder später dazu veranlassen, als Erste die Initiative zu ergreifen.
    So war es auch. Sie begann wieder zu sprechen: »Wer sind Sie? Sie leben zu schnell, zu ungestüm. Warum gehen Sie nicht hinein und tanzen, so wie alle anderen auch?« Sie deutete auf die offene Tür, hinter der die zerlumpten, bewusstlosen Gestalten der Menschen auf dem Boden verstreut waren.
    »Tanzen nennst du das?«, fragte Sto Odin. »Ich nicht. Da ist nur einer, der tanzt. Die anderen liegen am Boden. Ich möchte dir dieselbe Frage stellen. Warum tanzt du nicht auch?«
    »Ich will ihn , nicht den Tanz. Ich bin Santuna, und er hat mich einst mit menschlicher, sterblicher, gewöhnlicher Liebe umgarnt. Aber er wird zum Sohn der Sonne, jeden Tag mehr, und er tanzt mit den Menschen, die nun dort liegen …«
    »Tanzen nennst du das?«, schnappte Sto Odin erneut. Er schüttelte den Kopf und fügte grimmig hinzu: »Ich sehe keinen Tanz.«
    »Sie sehen es nicht? Sie sehen es wirklich nicht?«, rief sie.
    Eigensinnig, grimmig schüttelte er den Kopf.
    Sie drehte sich so, dass sie in den hinter ihr liegenden Raum blicken konnte, und sie stimmte ihr hohes, klares durchdringendes Jammern an, das selbst das im Fünfertakt pulsierende Congohelium übertönte.
    Sie rief: »Sonnensohn, Sonnensohn, höre mich!«
    Das flinke Trippeln der Füße, die eine Acht auf dem Boden zeichneten, brach nicht ab, und auch die Finger, die gegen das schimmernde Zucken des Metalls klopften, das der Tänzer im Arm hielt, verlangsamten sich nicht.
    »Mein Geliebter, mein Liebster, mein Mann!«, rief sie wieder, und ihre Stimme war noch schriller und fordernder als beim ersten Mal.
    Die Kadenz der Musik und des Tanzes wurde unterbrochen. Der Tänzer glitt mit einer merklichen Verlangsamung seiner Kadenz auf sie zu. Die Lichter des inneren Raumes, der großen Tür und der äußeren Halle wurden ruhiger.
    Sto Odin konnte das Mädchen nun deutlicher sehen; sie hatte wirklich nicht ein einziges Haar an ihrem Körper. Und auch den Tänzer sah er nun klarer; der junge Mann war hochgewachsen, und das Metall in seinen Händen schimmerte wie Wasser, das tausend Lichtstrahlen reflektiert.
    Als der Tänzer sprach, klang seine Stimme gehetzt und zornig. »Du hast mich gerufen. Du hast mich schon tausendmal gerufen. Komm herein, wenn du möchtest. Aber rufe nicht nach mir.«
    Während seiner Worte verstummte die Musik ganz, und die Bündel auf dem Boden begannen sich zu bewegen und zu stöhnen und aufzuwachen.
    Santuna stotterte hastig: »Diesmal war ich es nicht. Es waren diese Leute hier. Einer von ihnen ist

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