Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
enden.«
Ein Crescendo der unerträglichen Musik machte das Weitersprechen für sie unmöglich. Sie wartete, bis es enden würde, während die angrenzende Halle ihnen ein pulsierendes Violett entgegenschleuderte.
Als die Musik des Congoheliums ein wenig nachgelassen hatte, sagte Sto Odin: »Wie lange tanzt er schon so, allein und durchströmt von dieser fremden Macht?«
»Ein Jahr. Zwei Jahre. Wer weiß das schon! Ich kam hier herunter und verlor sofort nach meiner Ankunft jedes Zeitgefühl. Ihr Lords lasst uns nicht einmal Uhren und Kalender, wenn wir uns oben aufhalten …«
»Wir haben dich vor einem Zehnteljahr hier tanzen gesehen«, unterbrach Livius.
Sie blickte ihn und Flavius gleichmütig an. »Seid ihr dieselben Roboter, die vor einiger Zeit schon hier waren? Ihr seht jetzt völlig anders aus. Ihr seht aus wie historische Soldaten. Ich kann mir nicht vorstellen, warum … In Ordnung, vielleicht war es eine Woche, vielleicht war es auch ein Jahr.«
»Was tust du hier unten?«, fragte Sto Odin freundlich.
»Was glauben Sie?«, gab sie die Frage zurück. »Warum kommen all die Menschen hierher? Ich floh vor der zeitlosen Zeit, dem leblosen Leben, der hoffnungslosen Hoffnung, die ihr Lords allen Menschen oben vorschreibt. Ihr lasst die Roboter und Untermenschen arbeiten, aber ihr fesselt die Wahren Menschen an ein Glück, das keine Hoffnung und keinen Ausweg besitzt.«
»Ich habe Recht!«, rief Sto Odin. »Ich habe Recht, auch wenn ich dafür sterben muss!«
»Ich verstehe Sie nicht«, erklärte das Mädchen. »Meinen Sie, dass auch Sie, Mylord, hierhergekommen sind, um der nutzlosen Hoffnung zu entfliehen, die uns andere alle einhüllt?«
»Nein, nein, nein«, wehrte er ab, während das Licht der Congohelium-Musik absonderliche Muster auf seine Gesichtszüge warf. »Ich meinte nur, dass ich den anderen Lords begreiflich zu machen versuchte, dass etwas mit euch gewöhnlichen Menschen oben auf der Erde vor sich geht. Nun sagst du mir genau das, was ich ihnen erklären wollte. Wer warst du früher?«
Das Mädchen blickte an ihrem Körper hinunter, als ob ihr jetzt zum ersten Mal ihre Nacktheit bewusst würde. Sto Odin sah, wie sich die Röte des Gesichts bis über ihren Hals und ihre Schultern ausbreitete. Sehr leise sagte sie: »Wissen Sie das nicht? Hier unten wird diese Frage nie beantwortet.«
»Ihr habt Gesetze?«, erkundigte er sich. »Ihr Menschen habt Gesetze, selbst hier im Bezirk ?«
Ihr Gesicht erhellte sich, als sie erkannte, dass er mit seiner indiskreten Frage keine unanständigen Ziele verfolgt hatte. Beflissen erklärte sie: »Hier gibt es keine Regeln. Nur stillschweigende Übereinkünfte. Jemand teilte sie mir mit, als ich die gewöhnliche Welt verließ und die Grenze zum Gebiet überquerte. Ich glaube, Ihnen hat man sie nicht gesagt, weil Sie ein Lord sind, oder weil man sich vor Ihren seltsamen Kriegsrobotern versteckt hat.«
»Ich bin auf dem Weg nach unten niemandem begegnet.«
»Dann hat man sich vor Ihnen versteckt, Mylord.«
Sto Odin blickte sich nach seinen Legionären um, weil er eine Bestätigung seiner Worte erwartete, aber weder Flavius noch Livius sagten irgendetwas. Er wandte sich wieder an das Mädchen. »Ich wollte dich nicht aushorchen. Kannst du mir sagen, was für eine Art Mensch du gewesen bist? Mir geht es nicht um Einzelheiten.«
»Als ich noch lebte, war ich eine Einmalgeborene. Ich habe nicht lange genug gelebt, um erneuert zu werden. Die Roboter und ein Subbeamter der Instrumentalität begutachteten mich, um herauszufinden, ob ich für die Instrumentalität ausgebildet werden könnte. Mehr als genug Verstand, sagten sie, aber nicht den mindesten Charakter. Ich habe lange Zeit darüber nachgedacht. ›Nicht den mindesten Charakter. ‹ Ich wusste, dass ich nicht Selbstmord begehen konnte, und ich wollte nicht leben, deshalb gab ich mich glücklich, wann immer ich glaubte, dass ein Monitor mich überprüfte, und fand eines Tages den Weg in das Gebiet . Es war nicht der Tod, und es war nicht das Leben, aber ich war in Sicherheit vor der endlosen Freude. Ich war noch nicht lange hier unten« – sie deutete auf das über ihnen liegende Gebiet – »da traf ich ihn. Wir verliebten uns sehr rasch ineinander, und er sagte, dass das Gebiet kein großer Unterschied zur Erdoberfläche sei. Er sagte, dass er bereits hier unten im Bezirk gewesen sei, um sich nach einem Freudentod umzusehen.«
»Einem was?«, fragte Sto Odin, als ob er nicht richtig verstanden
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