Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
sehr stark. Er kann die Tänzer nicht sehen.«
Der Sonnensohn wandte sich an Lord Sto Odin. »Kommen Sie herein und tanzen Sie, wenn Sie möchten. Wenn Sie nun schon einmal hier sind, dann können Sie es ja auch versuchen. Ihre Maschinen da« – er nickte den Roboterlegionären zu – »können ohnehin nicht tanzen. Schalten Sie sie ab.«
»Ich werde nicht tanzen, aber ich möchte es gern sehen«, erklärte Sto Odin mit erzwungener Freundlichkeit. Ihm gefiel der junge Mann ganz und gar nicht – weder das Phosphoreszieren seiner Haut, noch das gefährliche Metall in seinen Armen oder die selbstmörderische Kühnheit seines stolzierenden Ganges. Jedenfalls gab es in dieser Tiefe zu viel Licht und zu wenige Erklärungen für die Dinge, die sich hier abspielten.
»Sie sind ja ein Spanner. Das ist aber wirklich ekelhaft! Ein alter Mann wie Sie. Oder wollen Sie einfach nur ein Mensch sein?«
Sto Odin merkte, dass sein Temperament mit ihm durchging. »Wer sind Sie, Kerl, dass Sie in einem solchen Ton das Wort Mensch in den Mund nehmen? Sind Sie eigentlich noch menschlich?«
»Wer weiß? Wen kümmert es? Ich habe die Musik des Universums angezapft. Ich habe jedes erdenkliche Glück in diese Halle geleitet. Ich bin großzügig. Ich teile alles mit meinen Freunden.« Der Sonnensohn deutete auf die Lumpenbündel in der Halle, die sich vor Schmerz über das Verstummen der Musik auf dem Boden wanden.
Da Sto Odin jetzt den Saal besser überblicken konnte, sah er, dass diese Bündel auf dem Boden junge Menschen, hauptsächlich junge Männer waren, obwohl es auch einige Mädchen gab. Alle wirkten sie krank und schwach und bleich. »Der Anblick gefällt mir absolut nicht. Ich hätte gute Lust, dich gefangen nehmen zu lassen und dir das Metall abzunehmen.«
Der Tänzer wirbelte auf seinem rechten Fuß herum, als wollte er mit einem wilden Satz davonspringen.
Sto Odin folgte dem Sohn der Sonne in die Halle.
Dieser drehte sich einmal um sich selbst, so dass er Sto Odin wieder ansehen konnte. Er stieß den Lord aus der Tür und schob ihn sanft, aber entschlossen noch drei Schritte weiter zurück.
»Flavius, pack dir das Metall. Livius, greif dir den Mann!«, stieß Sto Odin hervor.
Aber die Roboter bewegten sich nicht.
Sto Odin, dessen Sinne durch das mehrfache Höherschalten des Vitalitätknopfs aufs Äußerste angespannt waren, glitt nach vorn, um selbst nach dem Congohelium zu greifen. Aber er machte nur einen Schritt: zur Unbeweglichkeit verdammt, erstarrte er im Türrahmen.
Etwas Ähnliches hatte er nicht mehr erlebt, seit ihn die Ärzte zum letzten Mal in eine chirurgische Apparatur gelegt hatten, nachdem entdeckt worden war, dass ein Teil seines Schädels durch alte, uralte Weltraumstrahlung und den Abnutzungseffekt des Alters von Knochenkrebs befallen worden war. Man hatte ihm die halbe Schädeldecke durch eine Prothese ersetzt und ihn während der Operation mit Gurten und Drogen bewegungsunfähig gemacht. Diesmal gab es keine Gurte, keine Drogen, sondern nur die Kräfte, die der Sonnensohn angerufen hatte – und sie waren genauso stark.
Der Tänzer beschrieb eine riesige Acht zwischen den lumpenbekleideten Gestalten auf dem Boden. Und er sang das Lied dazu, das Flavius oben zitiert hatte, auf der Erdoberfläche – das Lied über den weinenden Mann.
Aber der Sonnensohn weinte nicht.
Sein asketisches, hageres Gesicht war von einem breiten spöttischen Grinsen verzerrt. Wenn er von Kummer sang, dann drückte er nicht wirklich Kummer aus, sondern Hohn, Spott, Verachtung für den gewöhnlichen menschlichen Kummer. Das Congohelium schimmerte, und die Nordlichter blendeten Sto Odin fast. In der Mitte des Raumes befanden sich zwei Trommeln, und die eine gab hohe, die andere noch höhere Töne von sich.
Das Congohelium dröhnte: bum – bum – dum – dum – rum!
Die große normale Trommel begann zu scheppern, als der Sonnensohn an ihr vorbeikam und die Finger ausstreckte: ritiplin, ritiplin, rataplan, ritiplin.
Die kleine ungewöhnliche Trommel gab nur zwei Töne von sich, die sich anhörten wie Krächzen: kid-nork, kid-nork, kid-nork!
Als der Sohn der Sonne ihm entgegentanzte, glaubte Lord Sto Odin die Stimme des Mädchens Santuna zu hören, die nach dem jungen Mann rief, aber er konnte den Kopf nicht drehen, um sich zu überzeugen, dass sie es wirklich war.
Der Sonnensohn stand nun vor Sto Odin, und seine Füße tänzelten noch immer hin und her, seine Daumen und Handflächen pressten hypnotische
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