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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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zu existieren. Du bist eine Deutsche. Ich glaube, der Kaskasia-Effekt könnte dich töten. Jetzt werde ich einen Menschen jagen. Wenn ich ihn finde, werde ich ihn töten.«
    Das blaue Licht erlosch.
    Die Maschine pfiff und klickte, als sie in der dunklen Stille der Waldnacht verschwand.

IV
Gespräch mit dem Mittelgroßen Bären
    Carlotta war nun erwachsen.
    Sie hatte den wilden Aufschrei Hitler-Deutschlands hinter sich gelassen, als es in seinen böhmischen Grenzgebieten in Trümmer sank. Sie hatte ihrem Vater gehorcht, dem Ritter vom Acht, als er sie und ihre Schwestern in die Raketen brachte, die als Personen- und Frachtfähren für die Erste Deutsche Nationalsozialistische Mondbasis dienen sollten.
    Er und sein Bruder, der Arzt Professor Doktor Joachim vom Acht, hatten die Mädchen sicher in ihren Raketen untergebracht und festgeschnallt.
    Ihr Onkel, der Arzt, hatte ihnen Spritzen gegeben.
    Karla war zuerst gestartet, dann Juli und dann Carlotta.
    Dann ging die stacheldrahtgeschützte Festung Pardubice unter und das monotone Dröhnen der Wehrmachtlaster, die versuchten, den Angriffen der Roten Armee und der amerikanischen Kampfbomber zu entkommen, erstarb in dieser einen Nacht – und in der nächsten befand sie sich in diesem »Wald-in-der-Mitte-des-Nirgendwo«.
    Carlotta war vollkommen verwirrt.
    Am Ufer des Baches entdeckte sie einen weich gepolsterten Platz. Hier war das alte Laub hoch aufgeschichtet. Ohne sich Sorgen um irgendwelche Gefahren zu machen, schlief sie ein.
    Sie schlief gerade ein paar Minuten lang, als sich erneut die Büsche teilten.
    Dieses Mal war es ein Bär. Der Bär stand am Rand der Dunkelheit und betrachtete das mondbeschienene Tal, durch das der Bach plätscherte. Kein Laut kündete von den Schwachsinnigen, kein Pfeifen verriet die Gegenwart eines Manshonyaggers, wie er und die Leute seines Volkes die Jagdmaschinen nannten. Als er überzeugt war, dass ihm kein Unheil drohte, krümmte er seine Klauen und griff vorsichtig in die Ledertasche, die an einem Riemen um seinen Hals hing. Bedächtig holte er eine Brille heraus und setzte sie sich langsam und sorgfältig vor seine müden, alten Augen.
    Er ließ sich neben dem Mädchen nieder und wartete auf ihr Erwachen.
    Erst bei Einbruch des Morgens öffnete sie die Augen. Sonnenlicht und Vogelgezwitscher weckten sie.
    (Konnte es etwas mit Lairds tastendem Geist zu tun haben? Seine weit reichenden Sinne hatten ihm verraten, dass eine Frau auf magische und geheimnisvolle Weise aus der uralten Rakete gestiegen war und dass sich am Bachufer eines Ortes, der früher Maryland genannt worden war, ein menschliches Wesen aufhielt, vollkommen anders als alle anderen Völker der Menschheit … Konnte es sein, dass er ihren Schlaf gestört hatte?)
    Carlotta erwachte, aber sie war krank. Sie hatte Fieber. Ihr Rücken schmerzte. Ihre Lider waren ganz verquollen. Die Welt hatte genug Zeit gehabt, um neue allergische Substanzen zu entwickeln, seit sie das letzte Mal über die Erde gewandelt war. Vier Zivilisationen waren gekommen und wieder gegangen. Sie und ihre Waffen hatten Rückstände hinterlassen, die die empfindlichen Augenmembranen entzündeten.
    Ihre Haut brannte.
    Ihr war übel.
    Ihr Arm war taub und von einer feuchten, schwarzen Kruste überzogen. Sie wusste nicht, dass es sich um die Brandwunde handelte, auf die der Schwachsinnige in der vergangenen Nacht die Salbe gegeben hatte.
    Ihre Kleider waren nass und zerlumpt.
    Ihr ging es so schlecht, dass sie nicht einmal die Kraft hatte, zu fliehen, als sie den Bären bemerkte.
    Sie schloss resigniert die Augen.
    Während sie mit geschlossenen Augen dalag, fragte sie sich immer wieder, wo sie sich wohl befinden mochte.
    »Du befindest dich am Rand der Abhängigen Zone«, sagte der Bär in einwandfreiem Deutsch. »Du bist von einem Schwachsinnigen gerettet worden. Du hast auf geheimnisvolle Weise einen Menschenjäger überlebt. Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich in einen deutschen Geist sehen und erkennen, dass das Wort Manshonyagger in Wirklichkeit Menschenjäger bedeutet. Erlaube mir, mich vorzustellen. Ich bin der Mittelgroße Bär, der in den Wäldern lebt.«
    Die Stimme sprach nicht nur Deutsch, sondern sie sprach Deutsch auch auf genau die richtige Art. Die Stimme klang so deutsch, wie es Carlotta in ihrem bisherigen Leben nur von ihrem Vater gewohnt gewesen war. Es war eine männliche Stimme, vertrauensvoll, ernst, beruhigend. Mit geschlossenen Augen erkannte sie, dass es ein Bär war, der

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