Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
Vom Netzwerk:
Knochen und Haut – alles war auf die Tätigkeit des Hörens konzentriert  – er schien auf etwas horchend zu warten, das ihr verborgen blieb. Er wandte sich ihr wieder zu.
    »Du musst laufen. Du musst laufen. Steh auf und laufe. Ich sage dir, laufe!«
    Sie hörte sein Gestammel, ohne es zu verstehen.
    Und wieder krümmte er sich lauschend zusammen.
    Mit blankem Entsetzen in den Augen sah er sie an. Carlotta versuchte den Grund dafür zu begreifen, aber es gelang ihr nicht.
    Drei fremde kleine Männer, die genauso anzusehen waren wie er, stürmten jetzt lärmend aus dem Wald.
    Sie rannten wie Elche oder Hirsche, die vor einem Waldbrand flohen. Ihre Gesichter waren leer von der Anstrengung des Laufens. Ihre Augen blickten starr geradeaus, so dass sie fast blind wirkten. Es war ein Wunder, dass sie nicht mit den Bäumen zusammenprallten. Sie stürmten den Hang hinunter und wirbelten im Laufen Blätter auf. Das Wasser des Baches spritzte hoch auf, als sie völlig unbekümmert hineinsprangen, um ihn zu durchqueren. Mit einem fast tierischen Schrei schloss sich Carlottas Schwachsinniger ihnen an.
    Das Letzte, was sie von ihm sah, war, dass er in die Wälder hineinlief und sein Gefieder lächerlich flatterte, während er den Kopf beim Rennen auf und ab bewegte.
    Aus der Richtung, aus der die Schwachsinnigen gekommen waren, war ein unirdisches, schauriges Pfeifen durch die Bäume zu hören. Ein geheimnisvolles und schwaches Pfeifen, das begleitet wurde von den sehr leisen Geräuschen von Maschinen.
    Der Laut klang, als ob alle Panzer der Welt in dem lebendigen Geist eines Panzers komprimiert wären, in das Herz einer Maschine, die ihre eigene Zerstörung überlebt hatte und gespenstisch den Verlauf alter Schlachten nachahmte.
    Als das Geräusch sich Carlotta näherte, wandte sie sich zu ihm um. Sie versuchte aufzustehen, doch es gelang ihr nicht. Sie sah der Gefahr ins Auge. (Allen preußischen Mädchen war als zukünftigen Müttern von Offizieren beigebracht worden, sich der Gefahr zu stellen und ihr nie den Rücken zuzukehren.) Aus dem näher kommenden Lärm hörte sie die hohe, verrückte Stimme eines leise fragenden elektronischen Geschnatters heraus. Es erinnerte sie an das Sonargerät, das sie einst im Laboratorium ihres Vaters, in den geheimen Reichsforschungsanlagen, gehört hatte, die sich mit dem Projekt Nordnacht beschäftigt hatten.
    Eine Maschine kam aus dem Wald heraus.
    Sie sah aus wie ein Gespenst.

III
Der Tod aller Menschen
    Carlotta starrte die Maschine an. Sie hatte Beine wie eine Heuschrecke, einen Leib wie eine drei Meter lange Schildkröte und drei Köpfe, die sich unaufhörlich im Mondlicht bewegten.
    Aus der Vorderfront des Rückenpanzers schnellte ein verborgener Arm heraus, schien sie schlagen zu wollen, tödlicher als eine Kobra, schneller als ein Jaguar, lautloser als eine Fledermaus, die vor dem Mond vorbeihuscht.
    »Nicht!«, schrie Carlotta auf Deutsch. Plötzlich erstarrte der Arm im Mondlicht.
    Er hielt so unvermittelt inne, dass das Metall wie eine Bogensehne sirrte.
    Alle Köpfe der Maschine wandten sich ihr zu.
    Etwas wie Überraschung schien die Maschine zu erfassen. Das Pfeifen wurde zu einem trägen Schnurren. Das elektronische Geschnatter schwoll zu einem Crescendo an und brach dann ab. Die Maschine fiel auf die Knie.
    Carlotta kroch zu ihr hinüber.
    »Was bist du?«, fragte sie auf Deutsch.
    »Ich bin der Tod aller Menschen, die gegen das Sechste Deutsche Reich sind«, erwiderte die Maschine in einem flötenartigen deutschen Singsang. »Falls die Reichsangehörige mich zu identifizieren wünscht – meine Modellbezeichnung und meine Nummer sind auf meinem Rückenschild eingeprägt.«
    Die Maschine hatte sich so tief niedergekniet, dass Carlotta einen der Köpfe umklammern und im Mondlicht die Vorderseite des Rückenschildes erkennen konnte. Kopf und Hals, obgleich aus Metall, fühlten sich brüchiger und abgenutzter an, als sie erwartet hatte. Von der Maschine ging eine Aura ungeheuren Alters aus.
    »Ich kann nichts erkennen«, klagte Carlotta. »Ich brauche Licht.«
    Das Knirschen und Ächzen lange ungenutzter Maschinenteile ertönte. Ein weiterer mechanischer Arm erschien, und bei seinen Bewegungen fielen Flocken aus halbkristallisiertem Schmutz zu Boden. Von der Spitze des Arms ging ein blaues, durchdringendes und merkwürdiges Licht aus.
    Bach, Wald, das kleine Tal, die Maschine, sogar Carlotta selbst – alles wurde erhellt von einem milden, durchdringenden, blauen

Weitere Kostenlose Bücher