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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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Deutschen. Auch wenn es nirgendwo Deutsche gibt, nirgendwo Deutsche gibt, nirgendwo Deutsche gibt …«
    Im Innern des elektronischen Gehirns war wohl eine Fehlschaltung entstanden, denn die Maschine fuhr fort, die drei Wörter nirgendwo Deutsche gibt drei- bis vierhundertmal zu wiederholen.
    Carlotta kam zu sich, während die Maschine träumerisch zu sich selbst sprach und mit trauriger und verrückter Intensität immer wieder nirgendwo Deutsche gibt wiederholte.
    »Ich bin eine Deutsche«, sagte sie.
    »… nirgendwo Deutsche gibt, nirgendwo Deutsche gibt, außer dir, außer dir, außer dir.«
    Die mechanische Stimme erstarb mit einem dünnen Knirschen.
    Carlotta versuchte aufzustehen.
    Schließlich fand die Maschine ihre Sprache wieder. »Was – soll – ich – jetzt – tun?«
    »Hilf mir«, sagte Carlotta mit fester Stimme.
    Dieser Befehl schien eine Rückkoppelung in dem uralten kybernetischen System auszulösen. »Ich kann dir nicht helfen, Bürgerin des Sechsten Deutschen Reiches. Dafür ist eine Rettungsmaschine erforderlich. Ich bin keine Rettungsmaschine. Ich bin ein Menschenjäger, zum Töten aller Feinde des Deutschen Reiches erschaffen.«
    »Dann ruf eine Rettungsmaschine herbei«, bat Carlotta.
    Das blaue Licht erlosch und ließ Carlotta blind in der Dunkelheit zurück. Ihre Beine zitterten. Sie hörte wieder die Stimme des Menschenjägers.
    »Ich bin keine Rettungsmaschine. Es gibt keine Rettungsmaschinen. Nirgendwo gibt es Rettungsmaschinen. Nirgendwo gibt es Deutschland. Nirgendwo gibt es Deutsche, nirgendwo gibt es Deutsche, nirgendwo gibt es Deutsche, außer dir. Du musst eine Rettungsmaschine rufen. Ich gehe jetzt. Ich muss Menschen töten. Menschen, die Feinde des Sechsten Deutschen Reiches sind. Das ist alles, was ich kann. Ich kann ewig kämpfen. Ich werde einen Menschen suchen und ihn töten. Dann werde ich einen anderen Menschen suchen und ihn töten. Ich marschiere im Auftrag des Sechsten Deutschen Reiches.«
    Erneut hob das Pfeifen und Klicken an. Lautlos und mit der beispiellosen Geschmeidigkeit einer Katze überquerte die Maschine den Bach. Carlotta horchte angespannt in die Dunkelheit. Selbst die trockenen Blätter vom letzten Jahr raschelten nicht, als sich der Menschenjäger durch die Schatten der frisch belaubten Bäume bewegte.
    Dann trat plötzlich Stille ein.
    Carlotta konnte das ersterbende Klickklack des Computers in dem Menschenjäger hören. Der Wald wurde zu einer unheimlichen Silhouette, als das blaue Licht wieder aufflammte.
    Die Maschine kehrte zurück.
    Am anderen Ufer des Baches stehend, sprach sie mit ihrem trockenen, hohen, flötenartigen Singsangdeutsch.
    »Jetzt, da ich eine Deutsche gefunden habe, werde ich dir einmal in hundert Jahren Bericht erstatten. Das ist korrekt. Vielleicht ist es korrekt. Ich weiß es nicht. Ich bin konstruiert worden, Offizieren Bericht zu erstatten. Du bist kein Offizier. Dennoch bist du eine Deutsche. Also werde ich mich alle hundert Jahre bei dir melden. Halte in der Zwischenzeit Ausschau nach dem Kaskasia-Effekt.«
    Carlotta hatte sich wieder hingesetzt und kaute einen der Trockennahrungswürfel, die der Schwachsinnige zurückgelassen hatte. Er schmeckte wie die Karikatur von Schokolade. Mit vollem Mund rief sie dem Menschenjäger zu: »Was ist das?«
    Offenbar verstand die Maschine sie, denn sie antwortete: »Der Kaskasia-Effekt ist eine amerikanische Waffe. Die Amerikaner sind alle verschwunden. Es gibt nirgendwo Amerikaner, nirgendwo Amerikaner, nirgendwo Amerikaner, nirgendwo …«
    »Hör auf, dich immer zu wiederholen«, befahl Carlotta. »Was ist das für ein Effekt, von dem du redest?«
    »Der Kaskasia-Effekt stoppt die Menschenjäger, stoppt die Wahren Menschen, stoppt die Bestien. Man kann ihn spüren, aber man kann ihn nicht sehen oder fassen. Er bewegt sich wie eine Wolke. Nur einfache Menschen mit sauberen und glücklichen Gedanken können in ihm leben. Auch Vögel und gewöhnliche Tiere können in ihm leben. Der Kaskasia-Effekt treibt wie eine Wolke dahin. Es gibt mehr als einundzwanzig und weniger als vierunddreißig Kaskasia-Effekte, die langsam den Planeten Erde umkreisen. Ich habe schon Menschenjäger zur Wiederherstellung und Reparatur ins Restaurationszentrum zurückgebracht, aber es konnte keine Fehlerquelle festgestellt werden. Der Kaskasia-Effekt zerstört uns. Deshalb laufen wir fort, auch wenn uns die Offiziere befohlen haben, vor nichts fortzulaufen. Wenn wir nicht fliehen würden, würden wir aufhören

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