Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
Licht, das ihre Augen schonte; ja, das Licht rief sogar ein wohliges Gefühl in ihr wach. Mit Hilfe des Lichtes konnte sie lesen. Knapp hinter den drei Köpfen war folgende Inschrift auf dem Rückenschild zu lesen:
WAFFENAMT DES SECHSTEN DEUTSCHEN REICHES
BURG EISENHOWER, 2495 A.D.
Und darunter, aber in viel größeren lateinischen Buchstaben:
MENSCHENJÄGER MODELL ELF
»Was bedeutet ›Menschenjäger Modell Elf?‹«
»Das bin ich«, pfiff die Maschine. »Wie kommt es, dass du mich nicht kennst, obwohl du doch angeblich eine Deutsche bist?«
»Natürlich bin ich eine Deutsche, du Narr!«, sagte Carlotta. »Sehe ich vielleicht wie eine Russin aus?«
»Was ist eine Russin?«, fragte die Maschine.
Carlotta stand verwundert, träumend, furchtsam in dem blauen Licht – fürchtete sich vor dem Unbekannten, das sich um sie herum befand.
Als ihr Vater, Dr. Heinz Horst Ritter vom Acht, Professor für mathematische Physik am Projekt Nordnacht , sie in den Himmel geschossen hatte, bevor er selbst sich bereitmachte für den grausigen Tod durch die Hand der sowjetischen Soldateska, hatte er ihr nichts von dem Sechsten Reich erzählt, nichts von dem, was sie vielleicht erwartete, nichts über die Zukunft. Und so kam ihr der Gedanke, dass die Welt vielleicht tot war, dass diese fremden kleinen Männer nicht aus Prag stammten, dass sie sich im Himmel oder in der Hölle befand, selbst tot, oder dass sie – falls sie doch lebte – sich in einer anderen Welt befand oder in ihrer eigenen, zukünftigen Welt, oder vielleicht überstiegen die Dinge das menschliche Begriffsvermögen, oder die Probleme waren so kompliziert, dass kein Verstand sie lösen konnte …
Und wieder wurde sie ohnmächtig.
Der Menschenjäger konnte nicht wissen, dass sie bewusstlos war, und wandte sich erneut in seinem ernsten, hohen Singsangdeutsch an sie. »Deutsche Bürgerin, du kannst meinen Worten vertrauen, dass ich dich beschützen werde. Ich wurde erschaffen, um deutsche Gedanken zu identifizieren und alle Menschen zu töten, die keine wahren deutschen Gedanken besitzen.«
Die Maschine zögerte. Ein lautes elektronisches Klappern und Klicken hallte durch die Stille der Wälder, während die Maschine versuchte, ihren Verstand zu ordnen. Es war nicht einfach, die richtigen Worte in dem lange ungenutzten Speicher und in dieser alten und auch neuen Situation zu finden. Die Maschine stand da in ihrem eigenen blauen Licht. Das einzige Geräusch, das noch zu hören war, war das Plätschern des Baches, der unermüdlich seiner friedlichen und gleichbleibenden Beschäftigung nachging. Selbst die Vögel in den Bäumen und die Insekten in der Nähe waren verstummt angesichts der Nähe dieser furchterregenden pfeifenden Maschine.
In den Lautrezeptoren des Menschenjägers klangen die Schritte der Schwachsinnigen, die inzwischen eine Strecke von zwei Meilen zurückgelegt hatten, wie fernes, schwaches Getrappel.
Die Maschine war zwischen zwei Pflichten hin- und hergerissen, der lang geübten und vertrauten Pflicht, alle Menschen zu töten, die keine Deutschen waren, und der uralten und dem Vergessen anheimgefallenen Pflicht, alle Deutschen zu unterstützen, wer immer sie auch sein mochten. Nach einem weiteren elektronischen Geschnatter begann die Maschine wiederum zu sprechen. Durch die Melodie ihres Singsangdeutsches klang eine seltsame Warnung hindurch, ähnlich dem Pfeifen, das sie von sich gab, wenn sie sich bewegte, ein Geräusch, das von ungeheurer elektronischer und mechanischer Anstrengung kündete.
»Du bist eine Deutsche«, erklärte die Maschine. »Es ist lange her, seit ich zuletzt jemand Deutschen getroffen habe. Ich habe die Welt zweitausenddreihundertachtundzwanzigmal umrundet. Ich habe siebzehntausendvierhundertneunundsechzig Feinde des Sechsten Deutschen Reiches mit Sicherheit und weitere zweiundvierzigtausendundsieben Feinde aller Wahrscheinlichkeit nach getötet. Ich habe mich elfmal in das automatische Restaurationszentrum begeben. Die Feinde, die sich selbst die Wahren Menschen nennen, weichen mir stets aus. Seit mehr als dreitausend Jahren habe ich keinen von ihnen mehr getötet. Die gewöhnlichen Menschen, die einige als die Heillosen bezeichnen, sind diejenigen, die ich am meisten töte, aber hin und wieder fange ich auch Schwachsinnige und töte sie. Ich kämpfte für Deutschland, aber ich kann Deutschland nirgendwo mehr finden. Es gibt keine Deutschen in Deutschland. Nirgendwo gibt es Deutsche. Befehle akzeptiere ich nur von
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