Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
Sie derjenige sind, dem es gelingt. Es wäre schrecklich für mich, meinen Meister ganz allein zu lassen!«
»Aber du – wolltest du denn nicht getötet werden?«
»Ich? Wenn ich bereits tausend Jahre gelebt und weitere neunundachtzigtausend vor mir habe? Trinken wir Kaffee.«
Und sie goss den Kaffee in seine Tasse.
VIII
Zwei- oder dreimal versuchte Casher das Gespräch wieder auf die bevorstehende Aufgabe zu bringen, aber S’ruth lenkte ihn mit Nichtigkeiten ab. Sie führte ihn sogar zu dem riesigen Fenster, von wo aus sie in der Ferne die Sümpfe und die Bucht sehen konnten. Der Himmel war dunkel und voller Würmer; Wirbelstürme, die außer Reichweite der Wettermaschinen über Henriada tobten, und erst an der Grenze zu Ambiloxi und Beauregard gestoppt wurden. Sie machte ihn auf die unheimlichen Korallenburgen aufmerksam, die sich vom Grund der Bucht Hunderte von Metern in die Luft erhoben. Sie versuchte ihm eine Familie von wilden Windmenschen zu zeigen, die heimlich und leise Äpfel aus ihrem Obstgarten stahlen, aber entweder waren seine Augen nicht an die Landschaft gewöhnt und konnten nichts unterscheiden, oder S’ruth konnte besser sehen als er.
Die Welt um sie herum war wasserreich. Hätte sie sich nicht in der Nähe einer Reihe von gefährlichen Raumfalten befunden, hätte man das Wasser exportieren können. Die Menschheit hatte ihr Bestes getan, Seetang gezüchtet, um Eisen und Phosphor, die so oft in der Nahrung der Außenwelten fehlten, zu gewinnen und zu exportieren, hatte das Wetter trotz großer Kosten unter Kontrolle bekommen. Schließlich hatte die Instrumentalität trotzdem vorgeschlagen, diese Welt aufzugeben. Die Exporte von Henriada erreichten nie den Umfang seiner Importe. Die Subventionen lagen weit über den normalen Zahlen. Die irdischen Tiere hatten sich mit einer Vitalität angepasst, die zu gefährlich war. Vertraute Gattungen fanden rasch neue Formen, verändert durch die Stürme, den Regen, die neue Chemie und die seltsame Umlaufbahn Henriadas. Killerwale wurden zu Luftlebewesen, Korallen eroberten den Himmel, menschliche Babys, die in Stürmen verloren gingen, überlebten manchmal und wurden submenschlich und wild, Quallen wurden zu Himmelsseglern. Die einstigen Bewohner von Henriada hatten einen Planeten zu einem vernünftigen Preis erworben – nicht billig, aber vernünftig –, von einem Besitzer, der ihn zuvor einer Post-Sowjet-Siedlungs-Kooperative abgekauft hatte. Sie hatten den neuen Planeten gepachtet, eine Ökologie ausgearbeitet, waren emigriert, und es ging ihnen nun gut.
Henriada behielt das raue Wetter, die Hoffnungslosigkeit und die Ruinen.
Doch die größte dieser Ruinen war Murray Madigan.
Einst ein bedeutender Gutsbesitzer und Gastgeber, ein Herr unter Herren, der reichste Mann dieses Planeten, war Madigan nun alt, senil, krank. Vor ihm lag der Tod oder die Katalepsie. Der Tod seiner Frau ließ ihn seinen eigenen Tod fürchten und die Katalepsie wählen. Die meiste Zeit verbrachte er eingefroren, in Trance, der Herzschlag war kaum wahrnehmbar, der Stoffwechsel extrem verlangsamt. Dann, für einige Stunden oder Tage, war er normal. Manchmal schlief er Wochen, manchmal Jahre. Die Ärzte der Instrumentalität hatten ihn sich angesehen – mehr aus wissenschaftlicher Neugier als aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung – und entschieden, dass dies zwar eine seltsame Lebensart, aber eine legale war. Sie gingen wieder fort und ließen ihn allein. Er hatte die ganze Persönlichkeit seiner verstorbenen Frau Agatha Madigan auf das Schildkrötenmädchen übertragen, obwohl es verboten war; der Arzt war ganz einfach bestochen worden.
All dies berichtete S’ruth Casher, während sie sich durch ihre üppige Mahlzeit aßen und tranken.
Ein archaisches Holzfeuer knisterte in einem richtigen Kamin.
Während sie sich unterhielten, beobachtete Casher die sanften Bewegungen ihrer Schulterblätter, wenn sie sich vorbeugte, und das leichte Rascheln ihres dünnen Kleides, das kindliche Gesicht, das so zart, so reizend und trotzdem so weise war.
Da er so wenig über den Planeten Henriada wusste, versuchte Casher verzweifelt, seine Gedanken zusammenzuhalten und aus der misslichen Lage, in der er sich befand, das Beste zu machen. Selbst wenn das Mädchen anziehend war , verriet ihm das nichts über die wahren Vorgänge, die sich in diesem Haus abspielten. Nicht mehr war das Bemühen, sich einen Schnellkreuzer zu beschaffen, seine Hauptaufgabe auf Henriada; nichts
Weitere Kostenlose Bücher