Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
sah er sich den hässlichsten Erinnerungen ausgesetzt, die er besaß.
Die Morde im Palast von Mizzer.
Die Colonels hatten Kaheer übernommen und Kuraf zu dem angenehmen Planeten Ttiollé entkommen lassen.
Aber Kurafs Ratgeber, die die alte Republik der Zwölf Nile moralisch verdorben hatten, diese Menschen! Sie waren geblieben. Die Soldaten, brennend vor Raserei, hatten sie mit ihren Messern abgestochen. Casher dachte an das Blut, Blut dick auf dem Boden, Blut, das sich purpurn über die Teppiche ergoss, Blut, hellrot und sprudelnd wie eine Quelle, wenn eine weiße Kehle den letzten Seufzer von sich gab, Blut, das braun wurde, wo blutige Hände ihre Abdrücke auf Marmortischen hinterlassen hatten. Der sommerliche Palast, vor langer Zeit, war von dem süßlichen Gestank des Blutes erfüllt. Der junge Casher hatte nicht gewusst, dass Menschen so viel Blut besaßen oder dass so viel herausquellen konnte, auf die parfümierten Betttücher, die Tische, auf denen noch immer Speisen und Getränke standen, oder dass Blut über den Boden fließen und zu Seen anwachsen konnte, wenn die Körper der Toten ihre letzten wenigen scheußlichen Laute krächzten und sich in letzten Muskelzuckungen zusammenkrampften.
Als dieser Schlachttag geendet hatte, waren eintausenddreihundertelf menschliche Körper im Alter von zwei Monaten bis neunundachtzig Jahren aus dem Palast hinausgeschleppt worden, der einst Kuraf gehörte. Kuraf, unter Beruhigungsmittel gesetzt, wartete auf das Sternenschiff, das ihn ins ewige Exil bringen sollte, und Casher – Casher O’Neill! – hatte jenem Colonel Wedder die Hand geschüttelt, dessen Befehle all das Blutvergießen ausgelöst hatten. Die Hand war gewaschen und die Nägel waren geschnitten und gesäubert worden, aber die Manschette des Ärmels war noch immer mit dem getrockneten Blut anderer menschlicher Wesen besudelt. Colonel Wedder hatte auf seine Manschette nicht geachtet, aber vielleicht hätte es ihn auch nicht interessiert.
»Berühren und sich fügen«, sagte die Mädchenstimme aus dem Nichts.
Casher fand sich auf allen vieren auf dem Boden wieder, sein Blickfeld war plötzlich ungetrübt, der Raum unverändert, S’ruth lächelte.
»Ich habe gegen Sie gekämpft«, sagte sie.
Er nickte. Er wagte nicht zu sprechen.
Er griff nach einem Wasserglas und betrachtete es genau, ob auch kein Blut daran klebte.
Natürlich nicht. Nicht hier. Nicht zu dieser Zeit, an diesem Ort.
Er stand auf.
Das Mädchen hatte genug Einfühlungsvermögen, um ihm zu helfen.
Sie stand da in ihrem dünnen, bescheidenen Kleid, wirkte wie ein weises weibliches Kind, während er sich erhob und durstig trank. Er füllte das Glas erneut und trank wieder. Dann, erst dann, wandte er sich an sie und fragte: »Hast du das alles bewirkt?«
Sie nickte.
»Allein? Ohne Drogen oder Maschinen?«
Sie nickte wieder.
»Kind«, brach es aus ihm hervor, »du bist keine Person! Du bist ein ganzes Waffensystem. Was bist du wirklich? Wer bist du wirklich?«
»Ich bin das Schildkrötenkind S’ruth, und ich bin das loyale Eigentum und die liebevolle Dienerin meines guten Meisters, des Herrn und Meisters Murray Madigan.«
»S’ruth, du bist fast tausend Jahre alt. Ich stehe dir zu Diensten. Ich hoffe, dass du mich später freilässt. Und vor allem, dass du dieses religiöse Bild aus meinem Bewusstsein tilgst.«
Während Casher redete, nahm S’ruth ein Medaillon vom Tisch. Er hatte es nicht bemerkt. Es war eine altertümliche Uhr oder ein kleines rundes Döschen, das an einer dünnen Goldkette pendelte.
»Schauen Sie es sich an, wenn Sie mir vertrauen«, bat das Kind, »und wiederholen Sie dann, was ich sage.«
(Nichts geschah. Nichts – nirgendwo.)
»Du machst mich schläfrig«, beschwerte sich Casher, »wenn du mit diesem Anhänger hin und her pendelst. Hattest du ihn nicht eben getragen?«
»Nein, Casher, das ist er nicht.«
»Worüber haben wir gesprochen?«
»Über einiges. Erinnern Sie sich nicht?«
»Nein«, sagte Casher barsch. »Entschuldige, aber ich bin wieder hungrig.« Er schlang ein süßes, mit Zuckerguss überzogenes und mit Früchten garniertes Gebäck hinunter. »Was nun?«, fragte er sie dann.
Sie hatte ihn nachsichtig beobachtet. »Es hat keine Eile, Casher. Minuten oder Stunden, es spielt keine Rolle.«
»Wolltest du nicht, dass ich gegen jemanden kämpfe, nachdem mich Gosigo hier zurückgelassen hatte?«
»Das stimmt«, bestätigte sie mit schrecklicher Ruhe.
»Mir scheint, dass ich
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