Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)
in diesem Zimmer bereits einen Kampf bestanden habe.« Dumpf blickte er sich um.
Sie blickte sich ebenfalls um. »Es sieht nicht so aus, als ob hier jemand gekämpft hätte, meinen Sie nicht auch?«
»Hier ist kein Blut, überhaupt kein Blut. Alles ist sauber«, sagte er nickend.
»Das ist meist so.«
»Aber warum glaube ich dann, dass ich hier gekämpft habe?«
»Dieses wilde Wetter auf Henriada verwirrt oft Außenweltler, bis sie sich daran gewöhnt haben.«
»Wenn ich in der Vergangenheit nicht gekämpft habe, wartet dann in der Zukunft ein Kampf auf mich?«
Der Raum mit den goldenen Eichenmöbeln verschwamm. Die äußere Welt mit ihren sonnenbeschienenen Sümpfen und den fernen und ewig donnernden Stürmen, die von der weiten Bucht hinten am Horizont zurückgeworfen wurden, wo sich die Wettermaschinen befanden, war ihm fremd. Casher schauderte und zuckte mit den Achseln. Dann betrachtete er nachdenklich das Mädchen. Sie stand hoch aufgerichtet da und sah ihn mit dem hoheitsvollen Blick einer Herrscherin an. Ihre jungen, knospenden Brüste schimmerten deutlich durch ihr dünnes Kleid; sie trug goldene Schuhe mit flachen Absätzen. Um ihren Hals lag eine dünne Goldkette, aber der Anhänger befand sich unter ihrem Kleid. Es erregte ihn ein wenig, an ihre kleinen Brüste zu denken, die allmählich zu voller Weiblichkeit reiften. Er war nie ein Mann gewesen, der eine anstößige Vorliebe für Kinder gehabt hatte, aber einiges an dieser Person war keinesfalls kindlich.
»Du bist ein Mädchen und doch kein Mädchen …«, sagte er verwirrt.
Sie nickte ernst.
»Du bist die Frau aus der Geschichte, die Hechizera von Gonfalon. Du bist wiedergeboren.«
Sie schüttelte genauso ernst den Kopf. »Nein, ich bin ein Schildkrötenkind, eine Unterperson mit einem langen Leben, und man hat mir die Persönlichkeit der Bürgerin Agatha aufgeprägt. Das ist alles.«
»Du manipulierst«, sagte er, »aber du weißt nicht, wie du es machst.«
»Ich manipuliere«, bestätigte sie leise, und am Rande seines Bewusstseins flackerten heiße kleine Erinnerungsbruchstücke auf.
»Nun entsinne ich mich«, rief er, »ich bin hier, um jemanden zu töten. Du schickst mich in einen Kampf.«
»Sie gehen in einen Kampf, Casher. Ich wünschte, ich könnte jemand anderen schicken, aber Sie sind hier die einzige Person, die stark genug ist, diese Aufgabe zu bewältigen.«
Impulsiv ergriff er ihre Hand. In dem Moment, in dem er sie berührte, hörte sie auf, ein Kind oder ein Untermensch zu sein. Sie fühlte sich weich und aufregend an, wie die begehrenswerteste und wichtigste Person, der er jemals begegnet war. Seine Schwester? Aber er besaß keine Schwester. Er fühlte, dass er selbst schrecklich, unvorstellbar wichtig für sie war. Er wollte ihre Hand nicht loslassen, aber sie entzog sich seiner Berührung mit einer Autorität, der kein ehrbarer Mann widerstehen konnte.
»Sie müssen jetzt bis zum Tode kämpfen, Casher«, sagte sie und blickte ihn so gleichmütig an wie ein Truppenkommandeur einen Spezialsoldaten gemustert hätte, der für ein gefährliches Unternehmen ausgewählt worden war.
Er nickte. Er war der Verwirrung seiner Gedanken müde. Er wusste, etwas war mit ihm geschehen, seit ihn der Vergessene, Gosigo, an der Vordertür zurückgelassen hatte, aber er war sich nicht sicher, was es gewesen war. Sie schienen zusammen in diesem Raum eine Mahlzeit zu sich genommen zu haben. Er fühlte sich verliebt in das Kind. Er wusste, dass sie nicht einmal ein menschliches Wesen war. Er erinnerte sich an etwas, das mit ihrer neunzigtausendjährigen Lebenserwartung zu tun hatte, und daran, dass sie den Namen und die Fähigkeiten der größten Kriegshypnotiseurin der Geschichte erhalten hatte, der Hechizera von Gonfalon. Etwas Seltsames, etwas Furchterregendes hatte es mit dieser Kette um ihren Hals auf sich, aber das waren alles Dinge, von denen er hoffte, sie niemals genauer kennenzulernen.
Er versuchte den Gedanken festzuhalten, doch er zerplatzte wie eine Seifenblase. »Ich bin ein Kämpfer«, erklärte er. »Gib mir meinen Kampf und Informationen darüber.«
»Er kann Sie töten. Ich hoffe, es gelingt ihm nicht. Sie müssen ihn nicht töten. Er ist unsterblich und krank. Aber nach dem Recht Altnordaustraliens, das mein Herr und Meister, Murray Madigan, erlassen hat, dürfen wir einen Hausgast weder verletzen noch in einer Zeit großer Armut verjagen.«
»Was soll ich also tun ?«
»Gegen ihn kämpfen. Ihn in Furcht versetzen.
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