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Was bin ich wert

Was bin ich wert

Titel: Was bin ich wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joern Klare
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legitimierte Regierung entscheiden, was bezahlt werden soll. Die Politik legt die Spielregeln fest. Wir, unser Institut, können nur die Entscheidungsgrundlagen liefern. Es muß sich ja keiner in die Politik wählen lassen. Obwohl, wenn sich keiner mehr wählen läßt, haben wir auch ein Problem.
    Aus dem Lächeln wird ein Lachen. Nur kurz, dann ist er wieder ernst.
    –   Aber nach welchen Kriterien sollen die Politiker entscheiden?
    –   Die muß man dann erarbeiten. Die Verhinderung einer Erkrankung, die Vorsorge, könnte zum Beispiel Vorrang bekommen. Oder es könnte wie in den USA gehen: Behandlung im Notfall, aber keine Vorsorge. Wenn die Gesellschaft, die Parteien das so wollen, dann wird das beschlossen. Aber wir müssen verhindern, daß wir die Solidargemeinschaft in Frage stellen. Das geht nämlich ganz schnell. Die Strategie ist bekannt: »Wir werden älter, alles wird teurer, wir müssen privatisieren.« Jeder versichert sich so gut er will oder es sich leisten kann. Die Gesellschaft muß dann aber den Tod derjenigen in Kauf nehmen, die durchs Raster fallen. Das ist nicht einfach auszuhalten. Man ist da schnell auf der Ebene des Stammtisches: »Der säuft, macht seineLeber kaputt, und ich muß die Transplantation bezahlen«.
    –   Können Sie so eine Haltung nachvollziehen?
    –   Nein. Man müßte bei der Kostenerstattung dafür das Schuldprinzip einführen.
    –   Und wenn man es »Eigenverantwortung« nennt?
    –   Schuldprinzip! Eigenverantwortung ist Schuldprinzip.
    –   Der Begriff »Schuld« ist anders belastet.
    –   Ist man »schuld« an seiner Erkrankung? Wenn ich eine Anamnese mache, also mit dem Patienten die Vorgeschichte seiner aktuellen Erkrankung kläre, finde ich doch bei jedem was. Es ist nur die Frage, wie lange man sucht. Jeder hat Schuld. Wo soll das denn hinführen? Soll erst operiert werden, wenn die Polizei bestätigt, daß ein Unfallopfer auch wirklich einen Helm getragen hat? Und wenn nicht? Vordergründig hört sich das immer alles prima an. Aber wenn man mal anfängt zu überlegen … Die Solidargemeinschaft ist eine große Errungenschaft.
    Das leuchtet mir ein.
    –   Haben die QALY s denn überhaupt keine Vorteile?
    –   QALY s sind ein Maß, das die Sache einfacher machen soll. Häufig geht das aber nicht. Das Leben soll dadurch leichter, vergleichbarer, berechenbarer, handhabbarer werden. Aber nur, wenn man sich keine Gedanken machen will. Das Leben ist mannigfaltig, chaotisch. Und hinter den QALY s steckt die Sehnsucht, das Unvergleichbare vergleichen zu können. Einstein hat mal gesagt, man solle alles so einfach wie möglich machen, aber bitte nicht noch einfacher.
    Die Zeit ist um, Sawicki muß zum nächsten Termin.
    Eine Sache gibt mir noch zu denken, der Auftrag des IQW i G ist nicht eindeutig formuliert. Laut Sozialgesetzbuch bestimmt das Institut seine Methoden und Bewertungskriterien selbst. Grundlage sollen aber laut Paragraph 35 »die in den jeweiligen Fachkreisen anerkannten internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie« sein. Darin liegt im Zweifelsfall ein Widerspruch. Zumindest pochen viele Gesundheitsökonomen aufgrund dieses Paragraphen auf die Verwendung ihrer »internationalen Standards«, das heißt vor allem auch auf die Nutzung der QALY s. Allerdings gibt es auf der anderen Seite wiederum viele Gesundheitsökonomen, die nicht bereit sind, diese Methode als Standard zu akzeptieren. Die Entscheidung liegt letztlich bei der Leitung des IQW i G . Und auch wenn Sawickis Nachfolger Prof. Jürgen Windeler bisher keine Anstalten macht, von der vorhandenen Linie abzuweichen, könnte ein anderer möglicher Leiter das Institut durchaus in eine ganz andere Richtung lenken. Schließlich hatten die Wirtschaftsminister der Bundesländer – darunter auch der heutige FDP -Vorsitzende Philipp Rösler als Vertreter Niedersachsens – erklärt, die Methodik des IQW i G sei »volkswirtschaftlich nicht hinnehmbar«. Konkret wurden neue Kriterien für die Kosten-Nutzen-Bewertung von Medikamenten gefordert, unter anderem auch um »die Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere der heimischen pharmazeutischen Unternehmen« zu stärken. In einer solchen von der Pharmalobby befeuerten politischen Gemengelage scheint es keinesfalls ausgeschlossen, daß die monetarisierten »qualitätskorrigierten Lebensjahre«, ob nun durch die Vorder- oder durch die Hintertür, Einlaß in unser Gesundheitssystem bekommen.
    Bei meinen

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