Was bisher geschah
spielt, sah das allerdings wohl nicht aus. Grundsätzlich ist die Gesellschaft patriarchalisch und, wie bei Stämmen der Antike üblich, hierarchisch gegliedert: in Adel, Volk und Sklaven.
In Rom ist der Adel so stark, dass er Caesars »Diktatur auf Lebenszeit« wenige Monate, nachdem sie ausgerufen wird, beendet: Am 15. März 44 v. Chr. – den Iden des März – wird Caesar von Brutus, Cassius und anderen Senatoren als Usurpator ermordet. Darauf entbrennt ein weiterer langjähriger Bürgerkrieg. Den gewinnt Caesars Großneffe Octavian (63 v. Chr. – 14 n. Chr.). Er besiegt die Flotte von Antonius und Kleopatra in der Schlacht bei Actium im Jahr 31 v. Chr. Octavian macht sich zum Pharao, was dank der ägyptischen Schätze Geld bringt. In Rom leitet er de facto die Kaiserzeit ein. Formell errichtet er 27 v. Chr. allerdings nur das Prinzipat: Er ist der princeps (»erster Bürger«) – eine beschönigende Bezeichnung für die Alleinherrschaft, die mit dem Ehrennamen Augustus, der »Erhabene«, besiegelt wird.
Die Kaiserzeit: Luxus der Eliten, Armut der Massen – und das Christentum
Die Manipulationen des Augustus fallen scheinbar nicht so ins Gewicht, gilt er doch als Friedenskaiser und zugleich als stark. Das schlägt sich auch in der Kunst nieder. So gibt die berühmte Statue Augustus von Primaporta (um 20 v. Chr.) den Kaiser idealisiert jugendlich und im griechischen Kontrapost wieder. Die Reliefdarstellung auf seinem Legionärspanzer spielt auf militärische Erfolge an. Dass Augustus barfuß dargestellt ist, soll seine Göttlichkeit und sein Wirken als Friedensbringer unterstreichen. Im Gegensatz zu dieser Idealisierung hatten sich die Plastiken in Zeiten der Republik durch einen gewissen – von den Etruskern beeinflussten – Realismus samt individuellem Porträt von der Bildhauerei der Griechen unterschieden, welche die Römer ansonsten in Sachen Kunst und Kultur prägen.
Augustus reduziert die Heeresstärke beträchtlich. Nach der Niederlage des Feldherrn Varus gegen den Germanen Arminius in der Schlacht im Teutoburger Wald 9 n. Chr., wo mindestens 15 000 Legionäre sterben, verlegt der Kaiser die Nordgrenze des Reiches im Rahmen einer Stabilitätspolitik von der Elbe zurück an die Donau. Der Cherusker Arminius wird vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert zum deutschen Nationalhelden stilisiert. Kurios ist das, da er als Anführer germanischer Hilfstruppen Roms vielleicht nur wegen schlechten Soldes und einer Zurücksetzung revoltierte und es 9 n. Chr. noch lange kein deutsches Volk gibt. Was stimmt: Aufgrund des römischen Rückzugs gehört Deutschland heute nicht wie Frankreich, Spanien und Portugal zum romanischen Kulturbereich voller gut gelaunter Südländer.
Bild 23
Augustus von Primaporta, Marmorstatue, 20 v. Chr. An der Seite des Kaisers reitet Eros, Sohn der Liebesgöttin Venus und des Kriegsgottes Mars, auf einem Delfin. Eros ist ein Zeichen für die Göttlichkeit der kaiserlichen Familie und steht hier für die Versöhnung von militärischer Stärke und Güte.
Allerdings bleibt die Vorstellung, die man vom Germanen hat, durch die Römer geprägt: Römische und griechische Autoren zeichnen das Bild vom etwas groben, bärtigen, schmutzigen, aber im Grunde gesunden, schönen und großen Blonden. In Fell statt Wolle gekleidet, handeln diese Jäger und Krieger instinktiv richtig. Sie beten Natur- oder Kriegsgottheiten wie Wodan an. Dank ihrer ungeheuren Manneskraft können sie reihenweise Frauen, die bis 50 gebärfähig sind, schwängern. Tatsächlich sind die Germanen aus Skandinavien und Mitteleuropa zwar relativ groß. Obendrein bearbeiten sie die Köpfe ihrer Kinder teils durch Drücken und Abbinden so, dass sie lange Schädel bekommen. Doch sind sie mehrheitlich keine wilden Nomadenkrieger, sondern Bauern. Regelmäßig von Hunger und Krankheiten geplagt, leben sie in einer Art ständigem Kriegszustand mit anderen Stämmen oder der benachbarten Sippe. Insofern stimmt der römische Begriff furor teutonicus von der typisch germanischen Angriffswut vielleicht schon.
Mit Blick auf die germanische Angriffslust kann man sich vergegenwärtigen, wie wertvoll den Römern ihr gut organisierter und berechenbarer Staat bei aller sozialen Ungerechtigkeit erscheinen musste. Während der Herrschaft des Augustus überschreitet die Einwohnerzahl Roms die Millionengrenze. Auch unter Augustus ist Rom innerlich allerdings von großen Spannungen geplagt. Die einen hungern, die anderen schwimmen im
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