Was bisher geschah
verdanken. Mit dem Corpus Iuris Civilis , einer Sammlung juristischer Texte, legt Justinian die Grundlage für die Übernahme von Elementen des römischen Rechtes in ganz Europa vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Als »Gemeines Recht« gilt es in Deutschland teils sogar noch bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 1. Januar 1900.
Die Machtverschiebung von West- nach Ostrom basiert auch auf Wirtschaftsentwicklungen, auf Steuereinnahmen, die im Handelszentrum Ostrom um ein Vielfaches höher sind als in Westrom. Zudem bringen Industriespione aus China die Kenntnis der Seidenproduktion mit, die Mitte des 6. Jahrhunderts in Byzanz zum Staatsmonopol wird. Der Handel läuft oft über die Partnerstadt Venedig. Die Lagunenstadt ist zunächst abhängig von Byzanz, wird Anfang des 9. Jahrhunderts langsam zur eigenständigen Macht, wächst in ihrer Blütezeit im 14. und 15. Jahrhundert zur Großmacht und Konkurrenz heran, bis sie im 18. Jahrhundert zur Lokalgröße herabsinkt und sich von da an mit ihrem Status als Mekka für Kunst-, Karnevals- und Hochzeitsreisende zufriedengeben muss.
Zusammen mit Venedig ist Byzanz, mit rund einer Million Einwohnern zeitweilig die größte und reichste Stadt des Christentums, über die Jahrhunderte Vermittler griechischer und orientalischer Kultur nach Westen. Offen bleiben muss aufgrund der spärlichen Quellen, in wie weit die östliche Lage und somit der Einfluss des Islam ein Faktor im Streit zwischen Bilderverehrern und Bilderfeinden (Ikonoklasten) ist, der Byzanz im 8. und 9. Jahrhundert innerlich belastet. Ein konkretes Problem, das aus dem Osten kommt, sind jedenfalls Angriffe durch Araber und Bulgaren. Erst Anfang des 11. Jahrhunderts kann der byzantinische Kaiser Basileios II. das Heer des bulgarischen Zaren Samuil vernichtend schlagen. Anerkennend »Bulgarentöter« genannt, lässt er zu all dem Gemetzel auch noch 14000 gefangene Bulgaren blenden und so in die Heimat zurückschicken. Trotz zahlreicher Kriege und Rückschläge wird Byzanz erst 1453 vom osmanischen Sultan Mehmet II. eingenommen.
Vom Beduinenzelt zum Märchenpalast: das Reich der Araber und der Islam
Lange bevor die muslimischen Osmanen Byzanz im 15. Jahrhundert erobern, dringen Araber und Mauren über Europa und Afrika bis nach Spanien vor. Dort gründen sie unter anderem das Kalifat Cordoba. Im 9. und 10. Jahrhundert wird es zur größten Stadt Europas nach Konstantinopel, mit zahlreichen öffentlichen Bädern, Schulen und einer riesigen Bibliothek. Was aber bringt die Araber auf die Idee, Eroberungszüge in solch ferne Länder zu unternehmen? Zunächst leben sie lose organisiert in Beduinenstämmen mit eher ungenauen magisch-religiösen Vorstellungen in der Wüste des heutigen Saudi-Arabien. Um zu einer zentralen Macht in Nordafrika, Asien und schließlich auch Europa zu werden, müssen sie geeinigt werden und brauchen eine ordentliche Ideologie mit einem ähnlich offensiv-universellen Anspruch wie das Christentum. Das schafft Mohammed (Muhammad, um 570 – 632) aus Mekka. Sein Aufstieg ist ein später, aber steiler. Er stammt aus dem verarmten Zweig einer einflussreichen Familie, wächst als Waise bei einem Onkel auf. Nachdem er die 15 Jahre ältere wohlhabende Witwe Khadidscha heiratet, arbeitet der zukünftige Religionsgründer zunächst in ihrem Handelsunternehmen.
So hat Mohammed schon einiges an Lebenserfahrung, als sich ihm im Alter von 40 Jahren in einer Begegnung mit dem Erzengel Gabriel Gott selbst offenbart. Aus heutiger Sicht erstaunt es, wie eng die islamische Kultur mit der jüdischen und christlichen Kultur verwandt ist. Als Stammvater der Araber ist Ismael ein Bruder von Isaak und Sohn von Abraham, dem Stammvater der Juden. Wie Jesus, Buddha, Laotse und Sokrates, auf die ganze Religionen oder Weltbilder zurückgehen, liefert auch Mohammed nicht direkt eine schriftliche Lehre ab. Seine Worte werden von anderen aufgeschrieben und später in den 114 Suren des Korans (arab. »Rezitation, Vortrag«) festgehalten.
Wie Jesus, der laut dem Koran ein Prophet ist und – wie Adam – von Allah aus Staub erschaffen wurde (Suren 3, 59; 3, 55), muss Mohammed gegen Widerstände kämpfen. Anders als Jesus kann und will er keine Wunder wirken, um die Leute zu überzeugen. Er ist weder gottähnlich noch gottgleich im christlichen Sinn, sondern ein Gefäß für Allah. Und anders als Jesus, der sich kreuzigen lässt und damit die Tradition des Ruhmes durch Märtyrertum begründet,
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