Was bisher geschah
verpflichtet. Schützte schon 1679 die Habeas Corpus -Akte die Bürger gegen willkürliche Verhaftungen, garantiert nun 1689 die Bill of Rights wichtige Rechte: Das englische Parlament hat das letzte Wort in der Gesetzgebung; die Immunität der Parlamentarier wird gewahrt; es gibt freie Wahlen und unabhängige Gerichte. Mit der Bill of Rights ist 1689 die Glorious Revolution vollendet – und die konstitutionelle Monarchie geboren. Es hat eine gewisse Logik, dass Großbritannien mit diesen Entwicklungen und gewachsenen Gesetzen zur Avantgarde des Verfassungsstaates im Sinn garantierter Grundrechte wird, aber bis heute keine zusammenhängende Verfassung in der Art eines Grundgesetzes wie die Bundesrepublik Deutschland besitzt.
Kurios an der Revolution ist im Rückblick auch, dass bis ins 18. Jahrhundert nur unter fünf Prozent der Bevölkerung wählen dürfen; da das Wahlrecht an das Einkommen gebunden ist, gewinnen wie in fast jeder Revolution des 18. und 19. Jahrhunderts zunächst nicht die Bauern, Arbeiter und Armen, sondern wohlhabende Bürger. Ähnlich wie im Fall der griechischen Antike und römischen Republik ist England im 17. Jahrhundert aber Vorbild für spätere demokratische Entwicklungen. Dazu gehört die Entstehung einer Parteienlandschaft – mit den Whigs, der Parlamentspartei und den späteren Liberalen, und den Tories, den Königstreuen, heute die Conservative Party. Zwar ist »Politiker« für viele, die noch an die göttlich zugeteilte Macht des Souveräns glauben, ein Schimpfwort. Doch entsteht langsam eine politische Kultur des Kompromisses und pragmatischer Lösungen. Der große Unterschied zu früheren Demokratien ist die Festschreibung von Bürgerrechten – allerdings nicht jener der Bevölkerung in den Kolonien.
Koloniale Expansion vs. Abschottung von den Euro-Barbaren
Die Fortschritte in Sachen Bürgerrechten und Parlamentarismus bringen den Ländern, die England beherrscht, zunächst wenig. So sind die Schattenseiten der Demokratie grundsätzlich derselbe Kolonialismus und dieselbe Sklaverei, wie sie Frankreich, Spanien, Portugal und die Niederlande betreiben. Das gilt auch für die brutale Unterdrückung des katholischen Irland, die im 12. Jahrhundert beginnt und im 16. und 17. Jahrhundert ihre ersten Höhepunkte hat. Sie wird bis zur vollständigen Unabhängigkeit Irlands im Jahr 1949 in Aufständen und Strafaktionen Tausende von Iren und Engländern das Leben kosten und noch in den folgenden Jahrzehnten im Nordirlandkonflikt nachwirken.
In England selbst schwelen religiös motivierte Konflikte. Die Testakte von 1673 schließt Katholiken und Dissenters von Regierungsämtern aus, protestantische Abweichler von der anglikanischen Amtskirche, Puritaner etwa, Quäker und Presbyterianer. So emigrieren viele nach Amerika, womit die Kolonialisierung einen Schub erhält. 1607 gründen Engländer mit Virginia die erste dauerhafte Kolonie in Nordamerika, ein Jahr später schafft der Franzose Samuel de Champlain mit Quebec das Zentrum von Nouvelle France ; und ab 1620 siedeln die sogenannten Pilgerväter in Neuengland. 1626 erstehen Niederländer Manhattan von den einheimischen Indianern, bauen dort Nieuw Amsterdam, das ihnen die Engländer 1664 abkaufen und in New York umbenennen. Während die Niederländer ihre Kolonialisierung nach Südostasien, etwa auf das heutige Indonesien und Malaysia verlagern und 1652 als Zwischenstopp auf dem Weg dorthin in Südafrika Kapstadt gründen, setzt sich England in Amerika fest und expandiert nach Indien. Hier drängt man die Herrschaft der islamischen Großmoguln zurück. Die Moguln gebieten zwar über rund 100 bis 150 Millionen Menschen und haben ungefähr viermal so hohe Staatseinnahmen wie Frankreich, doch wird ihre Macht ähnlich wie die der Osmanen aufgrund von Nachfolgestreitigkeiten geschwächt.
Der europäische Kolonialismus breitet sich global aus, unangetastet bleiben zunächst China und Japan. China gelangt unter der Ming-Dynastie schon im 15. Jahrhundert sogar selbst bis nach Afrika. Die chinesische Flotte ist mit ersten Kompassen, Tieren und Pflanzen an Bord besser ausgestattet und um ein Vielfaches größer als später jene von Kolumbus. Doch dann befiehlt der Kaiser den Rückzug, man verzichtet auf weitere Entdeckungsfahrten und expandiert nicht als Kolonialmacht. Man findet in China auch keinen wirklichen Grund für den Austausch mit unkultivierten Völkern wie den Europäern. Im 16. bis 18. Jahrhundert sind die Kontakte begrenzt und
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