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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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angeblich ängstlicher und pessimistischer sind als die Bewohner anderer Länder. Hat sich die German angst , für die Deutsche im Ausland bekannt sind, langfristig über Dichtungstraditionen wie jener des Andreas Gryphius (1616 – 1664) entwickelt, der vor dem Hintergrund der Kriegsnot die Nichtigkeit und Unbeständigkeit alles Irdischen besingt?
    Jedenfalls geht nicht Deutschland – weder der Kaiser, noch andere Herrscher im Reich – als politischer Sieger aus dem Dreißigjährigen Krieg hervor. Frankreich kann sich gegen die Großmächte Spanien und das deutsche Kaisertum durchsetzen. Bei Kriegsende im Jahr 1648 erhält Frankreich mit dem Westfälischen Frieden Gebiete wie das Oberelsass Metz und Verdun und soll die Einhaltung des Friedens garantieren. Die andere Garantiemacht Schweden bekommt Vorpommern, Bremen und Wismar und hat ein Stimmrecht auf den deutschen Reichstagen. Während Deutschland Gebiete verliert und Spanien beziehungsweise Habsburg seinen Einfluss einbüßt, bleibt der Kampf der Konfessionen unentschieden; bis heute leben Protestanten überwiegend im nördlichen Deutschland, Katholiken im Süden. Im Westfälischen Frieden (1648) wird der Augsburger Religionsfrieden (1555), dem zufolge Landesfürsten eine Konfession für ihre Gebiete unabhängig davon, was der Kaiser will, wählen können, bekräftigt und auf den Calvinismus ausgeweitet.
    Eine politische Bilanz des Dreißigjährigen Krieges ist die Stärkung der 240 Reichsstände, die unabhängig vom Kaiser Bündnisse schließen dürfen. Als Gegengewicht zum Kaisertum tagen sie auf dem Reichstag – ab 1663 als »Immerwährender Reichstag« in Regensburg. So bleibt das Land bis zur deutschen Reichsgründung 1871 ein Flickenteppich aus Kleinstaaten. Die Sehnsucht nach Einheit aber wird umso stärker kultiviert, was langfristig dazu führt, dass Ideen über die Einigkeit von deutschem Volk und deutscher Nation überproportional aufgebläht werden. Einerseits wird durch den Gegensatz zwischen Fürstentümern und Kaiserreich die Entwicklung eines Staatswesens wie in England verhindert. Andererseits meinen manche Historiker, dass das Reich ab 1648 mit der Einschränkung kaiserlicher Befugnisse eine Art erster Verfassungsstaat gewesen sei.
    Ganz anders als in Deutschland verläuft die Entwicklung in Sachen Machtverteilung in Frankreich. Dort wird fünf Jahre vor Ende des Dreißigjährigen Krieges Ludwig XIV. König und etabliert den Absolutismus. Er peitscht sein Land auf Kosten der breiten Masse zur dominanten Land- und Kulturmacht Europas hoch. So erlangt Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert einen ähnlichen europaweiten Vorbildstatus wie die italienischen Stadtstaaten der Renaissance zwei Jahrhunderte zuvor.

L’État c’est moi - Der Absolutismus in Frankreich
     
    Im Vergleich zur deutschen Geschichte des 17. Jahrhunderts erscheint jene Frankreichs zunächst als Erfolgsstory. Das geht schon im 16. Jahrhundert los. Zwar verliert der französische König Franz I. 1519 die Wahl zum römisch-deutschen Kaiser gegen den Habsburger Karl, den späteren Karl V. Dafür kann er sich verstärkt um den Ausbau seines Landes kümmern, indem er etwa Französisch statt Latein als Verwaltungssprache durchsetzt. Auch Heinrich IV. stärkt die Zentralgewalt in Frankreich. Die Macht des Herrschers soll gemäß dem Staatsrechtler Jean Bodin zwar nicht willkürlich, aber absolut, losgelöst (= lat. absolutus) sein: Das heißt, der Herrscher muss sich nicht mit Forderungen und eventuellen Ansprüchen des Volkes herumschlagen, er kann seine Untertanen dafür, positiv betrachtet, mit geballter Kraft vor inneren und äußeren Gefahren schützen und die Ordnung im Gemeinwesen herstellen und bewahren.
    So richtig durchstarten kann Frankreich mit dem absoluten Herrscherstar des 17. Jahrhunderts: 1643 besteigt Ludwig XIV. als Fünfjähriger den Thron und hält bis heute mit einer Regierungszeit von 72 Jahren den Weltrekord im Dauerregieren. Sein Minister Kardinal Mazarin setzt als Nachfolger von Richelieu, dem Minister unter Ludwig XIII., dessen Politik fort: Ausbau Frankreichs zur europäischen Vormacht und Stärkung der Königsmacht gegen den Adel. Mazarin und Ludwig lassen die Adeligen am Hof offiziell als Berater fungieren; de facto sind sie – fern von ihren Gütern und ihrer Machtbasis – geschwächt. In der Fronde (franz. »Schleuder«, fronder auch »bespötteln, bekritteln«) von 1648 bis 1653 wagen sie einen Aufstand gegen den König, werden aber

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