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Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)

Titel: Was bleibt: Kerngedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Küng
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eurozentrisch, sondern polyzentrisch bestimmt und zielt postkolonialistisch und postimperialistisch auf wahrhaft vereinte Nationen. Sicher ist, dass es angesichts dieser Entwicklung und einer neuen Epoche kaum noch geopolitische Machtstrategen alten Stils braucht. Vielmehr braucht es authentische und integre Staatsmänner, wie die großen des unmittelbaren Nachkriegs-Europa, die ein hohes Maß an Intelligenz, Entscheidungskraft und Stehvermögen aufweisen, aber gleichzeitig auch über eine ethisch bestimmte Vision und konkrete Konzepte verfügen, die sie in hohem Verantwortungsbewusstsein zu realisieren verstehen.
    Das heißt: Es gibt, wenn auf hoher Warte angesiedelt, durchaus einen Mittelweg zwischen Realpolitik und Idealpolitik , der nichts mit Mittelmäßigkeit zu tun hat. Es ist dies der Weg einer Politik im Geist der Verantwortungsethik im Sinne von Max Weber und Hans Jonas. Was die Außenpolitik betrifft, so ergeben sich daraus zunächst zwei negative Abgrenzungen:
    Keine rücksichtslose Realpolitik
    Nicht tauglich für eine neue Weltordnung ist die bloße Erfolgsethik der Realpolitiker , für die der politische Zweck alle Mittel, auch unmoralische wie Lug, Betrug, Verrat, Folter, politischen Mord und Krieg, »heiligt«. Weder die Diplomatie noch die Geheimdienste, noch die Polizei stehen über der Moral. Solcher Machiavellismus, der von Machiavelli nur die amoralischen Ratschläge übernimmt, hat unendlich viel Leid, Blut und Tränen über die Völker gebracht. Und man denke da nicht nur an Horrorgestalten wie Hitler und Stalin, Pol Pot (Kambodscha) und Idi Amin (Uganda). Man denke auch nicht nur an Geheimpolizei und Geheimdienste verschiedener Staaten, die (wie der KGB der Sowjetunion, die Stasi der DDR , aber auch die CIA der Vereinigten Staaten) Mordkomplotte schmiedeten und Rechtsbrüche begingen, ja, Erpressung, Entführung, Folter und Morde mit Erfolg auch andere lehrten. Man denke schließlich auch an die vielen Politiker, die weniger Staatsmänner als charakterlose Opportunisten waren, deren einzige politische Konstante in Innen- oder Außenpolitik die Förderung ihrer eigenen Macht und Wiederwahl war und die gerade so keine Wiederwahl verdient hätten. Trotzdem:
    Aber auch keine moralisierende Gesinnungsethik
    Nicht tauglich für eine neue Weltordnung ist auch die bloße Gesinnungsethik der Idealpolitiker , für die eine rein moralische Motivation und der gute Zweck ausreichen, die sich aber um reale Machtverhältnisse, konkrete Durchsetzbarkeit wie um mögliche negative Folgen allzu wenige Gedanken machen. »Gut gemeint« ist auch in der Weltpolitik oft »das Gegenteil von gut«. Apokalyptiker können ebenso Schaden anrichten wie Verharmloser. Nein, gute Motive garantieren noch keine gute Politik. Wer gute Intentionen hat, kann sich zwar selber gut vorkommen und anderen gut erscheinen, doch gute Resultate erbringt seine Politik deshalb noch keineswegs. Zur Kunst der Politik gehört die Abschätzung nicht nur der beabsichtigten Folgen, sondern auch der keineswegs beabsichtigten, aber oft höchst schwerwiegenden Nebenfolgen. Wer nur gut handeln möchte ohne Rücksicht auf die möglichen üblen Folgen und Nebenfolgen, handelt letztlich unverantwortlich, gar schuldhaft, auch wenn er bei Mißerfolgen gerne den anderen oder den Umständen die Schuld gibt. Auch falscher Idealismus hat manchmal ganze Völker irregeführt und in ein unrealisierbares »Nirgend-wo«, in eine »U-topie« gelockt. Und dies nicht nur in den Kreuzzügen und den sogenannten Religionskriegen, sondern auch in den modernen Kriegen der Nationen und Ideologien. Nicht nur auf die Motive, sondern auf die Resultate kommt es an, deshalb bedarf die institutionenorientierte politische Ethik der Ergänzung durch eine resultatorientierte Ethik (A. Riklin). Das positive Fazit deshalb:
    Ein Mittelweg der verantworteten Vernunft
    Tauglich für eine neue Weltordnung ist nur eine Ethik der Verantwortung . Dieser Mittelweg bedeutet alles andere als Mittelmäßigkeit! Die Ethik der Verantwortung setzt eine Gesinnung voraus, fragt aber realistisch nach den voraussehbaren, besonders auch negativen Folgen einer bestimmten Politik und übernimmt dafür auch die Verantwortung. Die Kunst der Politik im nachmodernen Paradigma besteht darin, das politische Kalkül (der modernen Realpolitik) und das ethische Urteil (der Idealpolitik) überzeugend zu verbinden, immer neu miteinander abzuwägen und immer wieder neu zu suchen. Verantwortungsethik, wie ich sie

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