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Was danach geschah

Was danach geschah

Titel: Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kimmel
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sagen und Sarah, wie stolz sie auf ihren Vater sein konnte. Ich wollte ihr sagen, wie sehr es mir gefiele, wenn sie so werden würde wie er. Und wie ich. Ich wollte, dass sie mich kennenlernt und erfährt, wer ich war und welche Entwicklung ich durchgemacht hatte, welche Erfahrungen sie unbedingt machen und welche Fehler sie vermeiden sollte. Ich wollte, dass sie das Leben voll ausschöpfte, weil ich es nicht konnte. Doch während ich um diese Worte rang, wich plötzlich die Farbe aus ihren Gesichtern und mit ihr das Grün im Gras und das Blau im Himmel. Sie verschwanden vor meinen Augen.
    »Nein! Nein!«, rief ich. »Bo! Sarah!«
    »Wir lieben dich!«, rief Bo zurück. »Für immer …«
    Dann waren sie fort.
    Ich saß wieder in Sarahs Zimmer, Elymas stand in der Tür. Ich sprang auf ihn zu.
    »Bring mich zurück!«, flehte ich ihn an. »Bitte, das war viel zu kurz. Bitte bring mich zurück!«
    Er verzog sein Gesicht zu einem zahnlosen Lächeln. »Aber natürlich«, sagte er von oben herab. »Wir gehen zurück, Brek Abigail Cuttler. Wenn es so weit ist.«
    »Nein, jetzt!«
    Er wandte sich zur Treppe. »Das ist nicht möglich.«
    »Warte«, bat ich. »Bitte, geh nicht.«
    Mit einem Brummen wies er mich an, ihm zu folgen, während er sich mit dem Stock den Weg die Treppe hinunter ertastete. »Hör mir gut zu, Brek Cuttler«, sagte er, unten angekommen. »Ob du deinen Mann und deine Tochter wiedersiehst, liegt allein an dir. Aber du musst wissen, es gibt Gründe, warum dir etwas anderes geraten wurde. Luas befürchtet, du erledigst deine Aufgabe als Präsentatorin nicht effektiv. Er findet, du solltest deine Energie dem Gerichtssaal widmen, und glaubt, dass du zu viel Zeit mit deiner Familie verbringen würdest. Das könnte Einfluss auf deine Arbeit haben. Sophia befürchtet, du gewöhnst dich nicht an deinen Tod, wenn du deine Familie nicht loslässt. Deswegen hat sie lieber behauptet, ein Kontakt mit deiner Familie sei unmöglich. Verstehst du das?«
    Nein, das verstand ich nicht. Ich war wütend.
    »Ich sehe das anders«, fuhr Elymas fort. »Ich maße mir nicht an, zu bestimmen, was für andere das Beste ist. Du kannst frei entscheiden, genauso wie auch sie es immer tun konnten. Ich komme nur, um dir deine Möglichkeiten aufzuzeigen. Ich kritisiere deine Entscheidungen nicht. Jetzt muss ich gehen.«
    »Warte, bitte. Ich will sie noch einmal sehen.«
    »Ja, das glaube ich dir«, erwiderte Elymas. »Aber du musst verstehen, dass Luas und Sophia wütend sein werden, wenn sie von deiner Entscheidung erfahren. Sie werden leugnen, dass es überhaupt möglich ist, und alles in ihrer Macht Stehende tun, um dich von ihrer Meinung zu überzeugen. Sie werden sagen, es wäre eine Illusion, und mich verleumden und behaupten, ich wäre nur ein Zauberer und falscher Prophet. Sie könnten sogar deine Stelle als Präsentatorin in Zweifel ziehen und verlangen, dass du Schemaja verlässt.«
    »Das ist mir egal«, trotzte ich. »Ich will meinen Mann und meine Tochter wiedersehen.«
    Wieder blitzte das zahnlose Lächeln auf seinem Gesicht auf. »Wir besuchen sie nur in ihren Träumen. Lass dir Zeit, Brek Cuttler. Sie werden da sein, wenn du es entscheidest. Denke über meine Worte nach.«
    Dann klopfte Elymas dreimal mit seinem Stock auf den Verandaboden und verschwand.

TEIL DREI

19
    Das Rathaus in Buffalo im Staat New York erhebt sich zweiunddreißig Stockwerke über dem Ostufer des Eriesees wie eine riesige Jugendstilfregatte, die einen Hafen anläuft. Schon zwanzig Seemeilen vorher richten Kapitäne den Kurs ihrer Lastkähne voller Getreide und Erz aus dem Mittleren Westen an der auffällig dicken Spitze aus. Im Büroturm allerdings wird etwas ganz anderes ausgerichtet.
    Als hätten sich die Architekten einen geschmacklosen Witz geleistet, befinden sich das Standesamt und das Scheidungsgericht nebeneinander im zweiten Stock des Gebäudes – entweder als Hinweis auf die Unbeständigkeit der Ehe oder, praktischer gedacht, um Menschen eine gemeinsame Anlaufstelle zu bieten, wenn es um den Start und das Ende der wichtigsten freiwilligen Beziehung geht. Die merkwürdige Ironie dieser staatlichen Dienstleistungen entgeht Amina Rabun-Meinert nicht, während sie an den Türen der ersten Anlaufstelle vorbeigeht, durch die sie vier Jahre zuvor als Zweiundzwanzigjährige das erste Mal mit ihrem Verlobten trat, und jetzt die Tür der zweiten Anlaufstelle benutzt, wo sie ihn wieder loswerden will. Das trockene Klappern ihrer Absätze hallt

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