Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)
hatte die Villa gekauft ? Unmöglich, sie musste sich verhört haben. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und erneut hörte sie wie ein fernes Echo seine Stimme sagen: »Sie gehört dir. Ich habe sie für dich gekauft.«
»Warum? Du hast mir doch schon so viel geschenkt«, brachte sie heraus.
»Schlicht und ergreifend, weil ich dich liebe«, antwortete er.
An diesem Abend aßen sie in einem Landgasthaus außerhalb von Châtillon, wo Fredo und sein Bruder Pietro ihr erstes Bier getrunken und die ersten heimlichen Zigaretten geraucht hatten. Alles sah noch genauso aus wie früher, versicherte er; sogar die blaue Leuchtreklame über der Tür war noch dieselbe. Jede Kleinigkeit begeisterte ihn, und er gab eine Anekdote nach der anderen zum Besten. Sie verbrachten einen wunderbaren Abend, den sie bei einem Cognac im Rauchsalon der Villa ausklingen ließen.
Bevor sie zu ihrem Mann ging, klopfte Francesca an Alfredos Zimmertür. Er saß auf dem Sofa und las, die Füße auf einem Schemel hochgelegt. Er sah zufrieden und entspannt aus. Er rauchte seine Pfeife, und der Geruch des holländischen Tabaks lag in der Luft, genau wie in seiner chaotischen Wohnung in der Avenida Olmos. Fredo nahm die Brille ab und lächelte ihr zu. Francesca setzte sich zu seinen Füßen nieder.
»Bist du glücklich?«, fragte er.
»Ja, sehr. Und du, Onkel?«
»Zum ersten Mal in meinem Leben fehlen mir die Worte, um auszudrücken, was ich fühle.«
»Onkel, ich möchte etwas mit dir besprechen«, sagte Francesca und stand auf. »Ich möchte die Villa Visconti auf deinen Namen überschreiben. Sie gehört dir – ich schenke sie dir, weil ich will, dass du wieder der Herr von Villa Visconti bist und die Leute wissen, dass das Haus wieder in Familienbesitz ist. Bitte, sag ja.«
Alfredo sah sie lange an und dachte, dass dieses Gesicht etwas Magisches hatte. Es lag ein besonderer Glanz in ihren schwarzen Augen, den er bei anderen Menschen noch nie gesehen hatte.
»Was wäre mein Leben ohne dich?«, sprach er seine Gedanken laut aus. »Besser, wir lassen die Villa auf deinen Namen, mein Schatz. Du willst doch deinen Mann nicht verärgern, oder?«
»Kamal wird nichts sagen. Er respektiert meine Entscheidungen.«
»Ja, ich sehe, dass er dich vergöttert und die Sterne vom Himmel holen würde, um dir eine Freude zu machen. Aber es geht nicht nur darum. Warum die Dinge verkomplizieren? Mal angenommen, die Villa würde mir gehören: Was glaubst du, wem ich sie bei meinem Tod vermachen würde, wenn nicht dir? Sparen wir uns die Anwälte und den Papierkram – mein Haus soll von jetzt an deines sein. Nimm es als vorzeitiges Erbe«, setzte er hinzu und tippte ihr zärtlich auf die Nasenspitze.
»Für mich wird es immer dein Haus bleiben«, erklärte Francesca, um dann mit einem verschmitzten Lächeln zu fragen: »Du bist in meine Mutter verliebt, stimmt’s?«
»Mädchen, was ist denn das für eine Frage?«
»Einfach nur eine Frage. Und auch wenn du mir nicht antworten solltest, kenne ich die Antwort.«
Sie küsste ihren Onkel auf die Stirn und ging zur Tür. Doch bevor sie hinausgehen konnte, rief Fredo sie zurück.
»Komm mal her«, sagte er und deutete auf einen Stuhl neben sich. »Setz dich zu mir.« Er nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen. »Wenn du die Antwort auf diese dreiste Frage schon kennst, will ich dir eine andere stellen. Würde es dich stören, wenn deine Mutter und ich heiraten? Ich habe sie gefragt, und sie hat ja gesagt. Aber ich brauche deine Einwilligung.«
Mit einem glücklichen Lachen fiel Francesca ihrem Onkel um den Hals.
»Meinen Segen hast du. Natürlich bin ich einverstanden. Ja, ja und nochmals ja. Mein liebster Onkel Fredo!«
»Wo hast du denn gesteckt?«, wollte Kamal später wissen. »Seit einer Stunde warte ich auf dich. Ich wollte mich schon anziehen und nach dir suchen.«
»Ich bin noch bei meinem Onkel gewesen und habe ein bisschen mit ihm geplaudert.«
»Ja, und ich sterbe währenddessen vor Sehnsucht nach dir.«
»Seit heute bist du endgültig mein Held. Meine Mutter und Onkel Fredo hier zu treffen und zu erfahren, dass du die Villa gekauft hast, übertrifft alles, was ich mir hätte vorstellen können.«
»Ich musste mir eine Überraschung einfallen lassen, um die Wertschätzung meiner Schwiegermutter zu gewinnen.«
»Das ist dir wirklich gelungen. Mit dieser Tat hast du ihr Herz erobert.«
»Ja, ja, ich weiß, ich habe meine Ziele erreicht. Aber jetzt habe ich andere Pläne.«
Er umfasste ihre
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