Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
Vom Netzwerk:
genannt hatte. Er blickte lächelnd zu ihr herunter, und Francesca war verwirrt, weil sie nicht wusste, ob er sich lustig machte oder es ernst meinte. Mit rotem Kopf strich sie Rock und Jackett glatt, um ihn nicht ansehen zu müssen. Er sollte sie nicht beschämt und gedemütigt sehen, o nein! Sie atmete tief durch, um sich zu sammeln, und wagte dann einen Blick. Der Mann sah sie immer noch ganz unverhohlen und mit hintersinnigem Lächeln an. Sie würde ihm schon zeigen, dass sie nicht so war wie die Frauen in seinem Land. Schließlich war er ein Barbar, ein Wilder, ein unzivilisierter Lüstling, der Vielweiberei betrieb. In ihrer Wut kam ihr nicht in den Sinn, dass Dubois sie deswegen feuern könnte.
    »Täusche ich mich, oder legen Sie es darauf an, mich zu Tode zu erschrecken?«
    Kamal brach in schallendes Gelächter aus, sehr zum Ärger von Francesca.
    »Seien Sie doch still!«, befahl sie ungehalten. »Ein paar Meter von hier findet eine wichtige Besprechung statt. Durch Ihre Schuld wird mein Chef auf mich aufmerksam werden.«
    Der Araber verabschiedete sich mit einem Kopfnicken und ging weiter. Zwei hünenhafte Schwarze folgten ihm mit einigen Schritten Abstand. Francesca kam nicht mehr dazu, ihm zu sagen, dass er das Büro des Botschafters jetzt nicht betreten dürfe, da hörte sie, wie Dubois sagte: »Da bist du ja endlich, Kamal.« Da wurde ihr klar, dass der Mann erwartet wurde. Die Tür schloss sich wieder, und die beiden Schwarzen postierten sich rechts und links davon wie steinerne Säulen.
    Wie hatte Dubois ihn genannt? Kamal.
    ***
    Nachdem Mauricio Dubois die Unternehmer aus Dschidda verabschiedet hatte, ging er in sein Büro zurück, wo Kamal auf ihn wartete.
    »Noch eine Tasse Kaffee?«, schlug Mauricio vor.
    »Nein, danke. Entschuldige, dass ich zu spät zu dem Treffen gekommen bin.«
    »Ich weiß, dass du sehr beschäftigt bist, und danke dir, dass du überhaupt gekommen bist. Dass du dabei warst, ist für diese Männer eine Garantie für ihre zukünftigen Transaktionen mit Firmen aus meiner Heimat.«
    »Ich hoffe, ich konnte nützlich sein.«
    »Ja, natürlich«, antwortete Mauricio vage und sah ihn lange an. »Ist etwas?«
    »Hast du Zeit? Ich muss mit dir reden.«
    »Ja, natürlich. Setzen wir uns.«
    »Nein, lass uns hinaus in den Park gehen, ich brauche frische Luft.«
    Es war gut möglich, dass Kamals Bruder Saud, der um die enge Freundschaft wusste, die diesen mit Dubois verband, die Botschaft abhören ließ. Nur im Freien waren sie sicher. Auf einen Wink von Kamal postierten sich die beiden Schwarzen, die Anstalten machten, ihnen zu folgen, wieder zu beiden Seiten der Tür.
    Im Garten gingen die beiden eine ganze Weile schweigend nebeneinander her. Kamal rauchte, und Mauricio wartete geduldig ab. Er liebte Kamal wie einen Bruder und bewunderte seinen Mut und seine Klugheit. Aber am meisten beeindruckte ihn sein völliger Mangel an Eitelkeit. Er ist sich seiner Wirkung überhaupt nicht bewusst, dachte er oft, wenn er zusah, wie Kamal auftrat. Seit ihrer gemeinsamen Kindheit in einem Londoner Internat fühlte er sich von der gelassenen Art, den gemessenen Bewegungen und der ruhigen Stimme dieses Arabers angezogen, der ihm im Schatten einer Eiche von der Wüste erzählt hatte, von den Nächten in der Oase, von wilden Abenteuern zu Pferde und von den Kämpfen, die sein Vater ausgefochten hatte, um das Land zu erobern. In der wirren Gedankenwelt des Zehnjährigen wurde Sindbad der Seefahrer eins mit König Abdul Aziz und Ali Baba mit seinem fliegenden Teppich mit den Pferden des Propheten Mohammed. Er wich seinem Freund nicht mehr von der Seite. Die Sommer im Palast in Riad oder in den Zelten von Kamals Großvater, Scheich Harum al-Kassib, hatten ihn vor der traurigen Situation bewahrt, nach Buenos Aires in den Schoß einer Familie zurückzukehren, wo ihn nur Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen erwarteten, die er praktisch nicht kannte. Er hätte den frühen Tod seiner Eltern mit Sicherheit nur schwer verkraftet, hätten Fadila und König Abdul Aziz ihn nicht wie einen Sohn aufgenommen.
    Jahre später, an der Sorbonne, als er und die anderen Studienkollegen geglaubt hatten, die Welt gehöre ihnen und sie könnten jede Frau erobern, hatte sich Kamal, nachdem er Stunden in der Bibliothek verbracht hatte, in seinem Zimmer vergraben und ebenso versunken seinen Gedanken nachgehangen wie jetzt bei diesem Spaziergang.
    »Worüber denkst du so viel nach?«, hatte Mauricio ihn einmal gefragt, verstimmt,

Weitere Kostenlose Bücher