Was deine Blicke mir versprechen
Frucht herauszuholen. Seufzend schob sie die Nase des Bullen beiseite, zog einen Apfel hervor und hielt ihn dem Tier auf der flachen Hand entgegen. Er verschwand mit einem lauten Knirschen.
»Rosamunde!«
Leicht schwankend drehte sich Rosamunde zum Zaun herum und bemerkte erst in dem Moment, dass man von dort nicht sehen konnte, was sie gerade tat. Ihr Körper hatte die Sicht blockiert. Sie überlegte sich, es zu erklären, entschied sich dann aber dagegen, weil es sie zu viel Kraft gekostet hätte.
»Rosamunde! Kommt sofort heraus!«
»Bitte, hört auf zu schreien, Mylord. Ihr beunruhigt den Bullen«, sagte sie erschöpft. Darüber hinaus war jeder seiner Ausrufe wie ein Stechen im Gehirn und tat ihr körperlich weh.
»Ich beunruhige ihn?«, fluchte Arie. »Ihr verkürzt mein Leben um Jahre, wenn Ihr noch länger bei dem wilden Ungeheuer da drinnen bleibt. Kommt jetzt endlich her oder ich ...« Er hatte ein Bein über den Zaun gehoben, hielt dann aber inne, als sich der Bulle abrupt herumdrehte und ihn mit unverhohlener Abneigung anstarrte. Rosamunde wusste, dass Kühe und Bullen ausgezeichnet hören konnten. Zweifellos war Aries laute Stimme für seine Ohren genauso qualvoll wie für ihre.
»Ich bin nicht diejenige, die er aufspießen möchte, Mylord«, machte ihm Rosamunde klar.
»Sie hat wahrscheinlich Recht, Mylord«, gab Tomkins, der Besitzer des Bullen, zu bedenken. »Er scheint ihre Anwesenheit zu akzeptieren. Ihr wird schon nichts passieren - und sie kommt jetzt auch heraus, nicht wahr,
Mylady?«, rief er. Zweifellos hoffte er, dass sie umgehend verschwinden würde, bevor der Bulle es sich anders überlegte. Sonst hätte er eine Menge Probleme!
»Aye, ich komme«, versicherte sie, kramte den letzten Apfel aus ihrer Tasche und streckte ihn dem Tier entgegen. Sie hatte eigentlich vier Stück gebracht. Es musste >Bulle< also gelungen sein, einen aus der Tasche zu bekommen, als sie bewusstlos war. Während er zufrieden kaute, beugte sich Rosamunde schnell hinunter und warf einen Blick auf die Wunde. Sie erkannte sofort, dass sie inzwischen gut verheilt war.
»Frau!«
Arie ist, wie es scheint, zu ungeduldig, um sich länger mit meinem Namen aufzuhalten, dachte sie amüsiert. Dann richtete sie sich auf, tätschelte den Bullen ein letztes Mal und machte sich auf den Weg zum Zaun. Er war etwa zwei Meter von ihr entfernt. Obwohl es nicht weit war, kam ihr die Entfernung in diesem Augenblick doch erheblich vor. Dort angekommen, blieb sie stehen und sammelte ihre Kraft, um hinüberzuklettern. Sehr zu ihrer Erleichterung, wurde es ihr erspart. Kaum war sie in seiner Nähe, stieg Arie am Zaun hoch, beugte sich vor, ergriff sie um die Taille und hob sie aus der Koppel.
Aber er stellte sie nur kurz zu Boden, um sie dann richtig auf die Arme zu nehmen. Er hielt sie fest an seine Brust gepresst und trug sie durch die Menge, die sich inzwischen versammelt hatte, zur Burg zurück.
Auf dem Heimweg sprach er kein Wort, und Rosamunde war es nur recht. Sie hatte selber keine Lust zu reden. In der Tat befürchtete sie, sich erbrechen zu müssen, wenn sie nur den Mund öffnete. Ihr war wirklich richtig übel. Es schmerzte und pochte in ihrem Kopf, und die Welt um sie herum wollte einfach nicht stillstehen. Stöhnend hielt sie die Augen geschlossen und kämpfte gegen die Schmerzen an, als Arie mit ihr die Stufen zum Hauptturm hinauflief.
»Arie? Mein Gott, was ist passiert?«
Mühsam zwinkernd erkannte Rosamunde die verschwommene Gestalt Robert Shambleys in der geöffneten Eingangstür. Als Arie kommentarlos am oberen Treppenabsatz ankam, ging Robert aus dem Weg und hielt ihnen die Tür auf.
Arie murmelte seinen Dank und durchquerte mit großen Schritten den Rittersaal. Er ignorierte die besorgten Fragen seines Vaters, der sich von seinem Platz am Tisch erhob, wo er eine angeregte Unterhaltung mit Lord Spencer geführt hatte.
Rosamunde umklammerte Aries Hals noch fester und biss die Zähne zusammen, als er mit ihr die zweite Treppe hinaufeilte. Sie war erleichtert, als sie endlich den Gang erreicht hatten und es weniger beschwerlich für sie war. Arie ging auf direktem Wege zu ihrem Zimmer, trug sie hinein und setzte sie auf dem Bett ab. Dann, bevor sie noch zu Atem kam, begann er, sie mit schnellen, routinierten Handgriffen zu entkleiden. Rosamunde fühlte sich dabei wie ein hilfloses Kind. So hatte sie in seiner Gegenwart noch nie empfunden, ganz besonders nicht, wenn sie nackt in ihrem Schlafgemach war.
Nachdem
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