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Was deine Blicke mir versprechen

Titel: Was deine Blicke mir versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynsay Sands
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Vielleicht solltet Ihr Vater Abernott nach der Trauung befragen. Kommt jetzt! Euer Vater will es wirklich schnell erledigt wissen!«
    Vater Abernott war ein verknöcherter kleiner Priester, der sich normalerweise durch Wichtigtuerei aufblähte. Dass er auf Wunsch des Königs und in seiner erlauchten Gegenwart die Eheschließung von dessen Tochter, unehelich oder nicht, durchführte, ließ den Mann förmlich vor Stolz platzen. Mit schier unerträglicher Überheblichkeit leitete er die Zeremonie. In der Kapelle anwesend waren der König, Shrewsbury, der Bräutigam, ein zweiter Mann, der ein Freund des Bräutigams zu sein schien, und jede einzelne Nonne des Klosters - sie alle hatten die Äbtissin gebeten, dabei sein zu dürfen. Die meisten von ihnen waren bereits bei Rosamundes Ankunft im Kloster gewesen und hatten ihr Aufwachsen mit Interesse und Zuneigung verfolgt. Sie waren wie eine Familie für Rosamunde. Aus dem Grunde hatte die Äbtissin ihren Ritten nachgegeben und ihnen erlaubt, der Zeremonie beizuwohnen. Ihre Anwesenheit schien das großspurige Verhalten des Priesters noch zu fördern.
    Rosamunde konnte die selbstzufriedene Art des Mannes kaum ertragen. Sie ignorierte seine Worte und wandte ihre Aufmerksamkeit stattdessen seinem kahlen Schädel zu. Beim Anblick dieses glänzenden Halbmondes begannen ihre Mundwinkel amüsiert zu zucken. Jeder Einzelne der wenig schmeichelhaften Namen, die sie und einige der jüngeren Nonnen sich für den Mann hatten einfallen lassen, wenn sie sich wieder einmal über ihn ärgerten, ging ihr jetzt durch den Kopf, und sie hätte beinahe laut gelacht.
    Um das zu verhindern, senkte sie schnell den Blick und sah an ihrem Kleid herunter. Es war ihr bestes Stück. Hergestellt aus feinstem Leinen, schmiegte es sich eng an ihren Oberkörper und war an der Taille leicht gebauscht. Rosamunde hatte Stunden damit zugebracht, es zu nähen, denn es sollte absolut perfekt sein. Allerdings wollte sie es tragen, wenn sie den Schleier nahm und keinen Ehemann, wenigstens keinen weltlichen.
    Mit einem unterdrückten Seufzer blickte sie neugierig zu dem Mann an ihrer Seite. Er kam ihr sehr groß vor, obwohl sie selbst nicht klein war. Man hatte ihr erzählt, ihre Mutter sei sehr zierlich gewesen, aber ihr Vater war über einen Meter achtzig groß. Sie konnte nur vermuten, dass Gott für sie das goldene Mittelmaß gewählt hatte.
    Rosamunde war sich unter den Frauen des Klosters, von denen die meisten fast zehn Zentimeter kleiner waren, immer ein bisschen schlaksig und übergroß vorgekommen. Neben diesem Mann jedoch fühlte sie sich fast zierlich. Er war so hoch gewachsen und kraftvoll wie ihr Vater. Sie hatte das schon vorher an ihm bemerkt, aber es war auch das Einzige, was ihr an ihm aufgefallen war. Jetzt besah sie sich den Mann, den sie plötzlich heiraten sollte, einmal näher.
    Er hatte eine breite Brust und dicke, starke Arme, kraftvolle Hüften und stramme Waden. Haar wie heller Sonnenschein. Eindrucksvolle grüne Augen. Sein markantes Profil ließ vermuten, dass er in so mancher Schlacht gekämpft und sie wahrscheinlich gewonnen hatte. Die Haut war von Wind und Wetter gegerbt.
    Er schien vor Gesundheit zu strotzen und war dazu noch attraktiv. Die Lachfalten um seinen Mund wertete Rosamunde als gutes Zeichen. Seufzend versuchte sie, sich an seinen Namen zu erinnern. Ihr Vater hatte ihn genannt, dessen war sie sicher. Wie hieß er denn nur? Issac? Erin?
    Arie, fiel ihr plötzlich ein. Aye, Arie. Ihr Ehemann. Arie!
    Arie wer?, fragte sie sich, zuckte dann mit den Achseln. Der Nachname war ihr entfallen.
    »Mylady!«
    Rosamunde zuckte unter diesem gebieterischen Ton zusammen und errötete beschämt. Ihr wurde klar, dass sie etwas verpasst hatte. Wahrscheinlich sogar etwas sehr Wichtiges, wie das missbilligende Kopfschütteln des Priesters vermuten ließ. »Mylady, soll ich Euer Gelöbnis wiederholen?«
    Arie schaute auf das Mädchen, das an seiner Seite mit flüsternder Stimme den Treueschwur leistete. Er hatte sehr deutlich gespürt, während des ersten Teiles der Zeremonie von ihr fixiert worden zu sein. Sie hatte ihn so intensiv begutachtet, dass er sich unbehaglich zu fühlen begann. Jetzt unterzog er sie einer ähnlichen Überprüfung, wobei er hoffte, sie sei zu abgelenkt, es zu bemerken.
    Als sie die Kapelle betrat, hatte es ihm fast den Atem verschlagen. Die Verwandlung von einem Wildfang in eine attraktive Dame war wirklich beeindruckend. Einen Moment lang hatte er gar nicht

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