Was der Nachtwind verspricht
zerrte Wassili sie von der Frau weg, die mit offenem Mund dastand. »Und ich dachte, du würdest dich wenigstens hier benehmen«, zischte er ihr zu.
»Es wird noch viel schlimmer, wenn sie nicht die Finger von dir lassen.«
»Wahrscheinlich wirst du mir jetzt gleich sagen, dass nur du das Recht hast, mich zu berühren.«
»Ich sehe, dass wir uns verstehen.«
Wann zum Teufel fängst du dann damit an? fragte er sich, aber ihr gegenüber spielte er weiter den Entrüsteten. »Treib es nicht zu weit, Alex.«
»Ich habe dich gewarnt, Petroff.«
»Ich dich auch«, erinnerte er sie. Es gefiel ihm, dass sie sich daraufhin eines Besseren besann und ihm keine Antwort gab. »Außerdem«, fügte er hinzu, »wirst du das hier meiner Mutter erklären, wenn sie es erfährt, und ich garantiere dir, dass sie es erfahren wird. Ich glaube nicht, dass sie Eifersucht als Entschuldigung für einen Skandal gelten lässt .«
»Du weißt ganz genau, dass das überhaupt nichts mit Eifersucht zu tun hat«, sagte Alexandra verärgert.
»Sicher, Liebling, aber niemand sonst wird dir das glauben, und schon gar nicht meine Mutter. Ihre Ansichten sind etwas altmodisch: Sie ist der Meinung, dass eine Frau die kleinen Eskapaden ihres Mannes diskret übersehen sollte. Eifersucht ist für sie der Gipfel der Dummheit.«
»Ich bin nicht eifersüchtig!«
»Ich glaube, das haben jetzt genug Leute gehört. Aber sie werden dir immer noch nicht glauben.«
»Wer treibt es jetzt zu weit?« stieß sie hinter zusammenge presste n Zähnen hervor.
Er schmunzelte, erstaunt darüber, dass er diese Schlacht der Worte tatsächlich genoss , wahrscheinlich weil er zur Abwechslung einmal gewann. »Du solltest dich jetzt besser zusammennehmen, Alex. Schließlich wirst du gleich die Königin kennenlernen.«
»Dank dir werde ich sie jetzt wahrscheinlich beleidigen«, entgegnete sie.
»Ich sage es ja nicht gerne, aber dein Aufzug wird sie beleidigen.«
»Scher dich zum Teufel, Petroff!«
»Pscht! Wir sind da.«
Er brauchte sich anscheinend nicht anzumelden, denn er öffnete die Tür zu den Empfangsräumen der Königin und ging einfach hinein. Die Wachen an der Tür nickten ihm nur kurz zu. Und da er Alexandra immer noch an dem Arm festhielt, an dem er sie vorhin von der Frau weggezerrt hatte, hatte sie keine Möglichkeit zurückzubleiben, um sich ein wenig zu fassen.
Der Raum war nicht so groß, wie sie erwartet hatte. Es waren drei Frauen anwesend, die schlichte Tageskleider von offensichtlich bester Qualität trugen. Wie Alexandra später erfahren sollte, waren zwei der Frauen Tanias Lieblingshofdamen, beide verheiratet und sehr verliebt in ihre Ehemänner - so wie die Königin in ihren Mann. Wahrscheinlich deshalb spürte Alexandra sofort, dass sie hier nicht kämpfen muss te. Langsam entspannte sie sich.
Die zwei Damen nickten Wassili und Alexandra lediglich kurz zu, als sie den Raum verließen, aber Tania hatte Wassili seit seiner Rückkehr noch nicht gesehen. Sie begrüßte ihn auf Englisch und ging mit offenen Armen auf ihn zu. Er wollte sie ganz automatisch umarmen, als ihm einfiel, wer bei ihm war. Alarmiert wich er zurück.
Alexandra bemerkte es. Der Königin wegen sagte sie auf Englisch : »Sie darf.«
Er brauchte sie nicht zu fragen, von was sie gerade sprach, aber er war wütend, weil er so reagiert hatte. Deswegen fragte er sie: »Warum darf sie?«
»Weil sie glücklich verheiratet ist und es nicht auf dich abgesehen hat.«
Tania hob fragend die Augenbrauen. Wassili sagte: »Frag lieber nicht, Tania, bitte.«
Das brachte ihm einen bösen Blick von Alexandra ein.
Tania lachte und sagte: »Ich werde nicht fragen. Stell uns doch einfach vor.« Er folgte ihrer Aufforderung. Nachdem sie Alexandra eine Weile gemustert hatte, fügte sie hinzu: »Du hast viel mehr Glück, als du verdienst, Wassili. Sie ist sehr hübsch.«
Ihre Feststellung machte sowohl Alexandra als auch Wassili verlegen. Er wusste , dass Alexandra schön war, aber das würde er in ihrer Gegenwart nie zugeben. Und Alexandra waren Bemerkungen über ihre Schönheit immer peinlich gewesen.
Tania hatte ihre Verlegenheit nicht bemerkt und sprach weiter: »Ich habe einige Erfrischungen bestellt und ...«
»Wir haben beide schon gegessen«, sagte Wassili so schnell, dass Tania schon wieder die Augenbrauen hochzog.
Alexandra muss te ein Lachen unterdrücken, weil er bei dem Gedanken, sie in Gegenwart der Königin essen zu sehen, in Panik geriet. Sie be schloss , ihn noch ein wenig
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