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Was der Nachtwind verspricht

Was der Nachtwind verspricht

Titel: Was der Nachtwind verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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hinbringen lassen.«

32
    Alexandra hatte einen Kompromiss geschlossen. Sie war zwar zu der angegebenen Stunde fertig, hatte aber die Kleidung nicht gewechselt. Für Wassili hatte sie eine Ausrede parat, die zwar nicht unbedingt der Wahrheit entsprach, die sie ihm aber ohne Schwierigkeiten glaubhaft machen konnte.
    Kaum war er angekommen, fing sie auch schon zu reden an, bevor seine Miene gar zu finster werden konnte. »Es ist alles deine Schuld, Petroff.« Ihr Ton war bewusst anklagend. »Du hattest mir ja keine Zeit gelassen, richtig zu packen. Kein Wunder, dass alle meine Kleider ruiniert sind. Selbst deine Mutter war völlig entsetzt, als ich ihr erzählt habe, wie du mich innerhalb eines einzigen Tages zur Abreise gedrängt hast. Du schuldest mir eine neue Garderobe.«
    Die Anspielung darauf, dass sie es seiner Mutter erzählt hatte, war ein hinterhältiger Trick. Es ließ ihm tatsächlich das Blut in die Wangen steigen. Warum hatte er nie daran gedacht, dass sich Alexandras direkte Art auch auf sein haarsträubendes Verhalten während der Reise beziehen könnte? Wenn ihr das bewusst wurde, konnte sie Maria für sich gewinnen, und dann würde diese ganze Sache nie enden. Aber das wollte Alexandra ja nicht. Daran würde sie denken.
    Daher antwortete er jetzt nur auf ihren Wunsch nach einer neuen Garderobe. »Falls du gehofft hast, dass ich mich weigern werde, dir neue Kleider zu kaufen, muss ich dich leider enttäuschen. Es wird mir ein Vergnügen sein. Aber für heute ... hätte meine Mutter dir nicht etwas leihen können ...?« Als er ihre hochgezogenen Augenbrauen sah, muss te Wassili sich korrigieren. »Nein, wahrscheinlich würde es nicht passen.« Aber dann fuhr er sie an: »Alex, verdammt noch mal, hör endlich auf, so zufrieden auszusehen! Deinen Besuch im Palast werde ich deswegen nicht absagen. Die Königin wartet schon.«
    »Ich habe nicht erwartet, dass du diesen Besuch absagen würdest.«
    »Dann denkst du wahrscheinlich, du könntest mich durch deinen Aufzug in Verlegenheit bringen, aber da hast du dich geirrt«, sagte er, als er sie zur Tür hinausdrängte. »So wie du angezogen bist, wirst du es sein, die auffällt. Mir gefällst du, egal, was du anhast.«
    Das hatte Wassili eigentlich nicht sagen wollen, er wusste auch gar nicht, warum er es gesagt hatte. Aber bevor er sich weiter lächerlich machen konnte, hielt er lieber den Mund. Und weil seine Bemerkung auch Alexandra beunruhigt hatte, sprach während der Fahrt zum Palast, der glücklicherweise nicht weit entfernt lag, keiner von beiden auch nur ein einziges Wort.
    Alexandra war auf einem Empfang im Palast des Zaren in St. Petersburg gewesen, aber die Pracht des kardinischen Palastes traf sie dennoch völlig unvorbereitet. Er erstreckte sich über ein ganzes Stadtviertel und war drei Stockwerke hoch. Allein die Hallen und Säle enthielten mehr reines Gold in Rahmen und Statuen, als sie sich je hatte vorstellen können. Die Fußböden bestanden aus poliertem Marmor, an den Fenstern hingen Vorhänge aus dickem Samt oder aus Seide, und die Wandlampen funkelten nur so vor Kristall. Es herrschte eine ruhige Eleganz und nicht die von den Russen bevorzugte schwülstige Opulenz.
    Es wäre nicht ganz so schlimm gewesen, wenn die langen Flure, die sie durchqueren muss ten, leer gewesen wären. Aber dem war nicht so. Außer den Dienern in Livree, die vor den hohen Türen Wache standen, gab es noch eine Unmenge von Höflingen, die kamen und gingen, in kleinen Grüppchen zusammenstanden oder sich unterhielten. Alle waren aufs prächtigste herausgeputzt. Jeder einzelne von ihnen schien Alexandra anzustarren, entweder aus reiner Neugier oder voller Verachtung.
    Aber selbst das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn nicht die Damen gewesen wären, die Wassili mit unverhohlener Freude begrüßten oder ihm zuwinkten. Viel zu viele taten dies mit einer Vertrautheit, die auf eine frühere Beziehung schließen ließ. Alexandra konnte sich die ersten beiden Male, die Wassili von einer Dame aufgehalten wurde, noch beherrschen, da er mit der Entschuldigung, dass die Königin auf sie warte, rasch weiterging.
    Aber als sie das dritte Mal sah, wie eine Frau nach seiner Hand griff, um ihn aufzuhalten, fuhr Alexandra dazwischen und sagte zu ihr: »Er wird bald verheiratet sein, Madame. Sie können immer noch mit ihm reden, aber von jetzt an werden Sie es unterlassen, ihn anzufassen - egal, wie unschuldig das auch gedacht sein mag.«
    Kaum hatte sie das letzte Wort gesagt,

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