Was der Winter verschwieg (German Edition)
wenig Raum zu geben. Er war überrascht, dass sie die Wahrheit über sein Alter so schwer getroffen hatte. Aber das war genau der Grund, warum er nicht früher etwas gesagt hatte. Wenn sie ein wenig Zeit zum Nachdenken gehabt hatte, würde sie hoffentlich einsehen, dass es keine große Sache war.
Doch offensichtlich war sie bis jetzt noch nicht zu dieser Erkenntnis gelangt. Er hatte sie früher am Abend angerufen und ihr gesagt, dass er sie gern sehen würde. Sie hatte etwas nervös gewirkt und nur erwidert: „Ich habe heute Abend schon etwas vor.“
Schlussendlich hatte er es ihr aus der Nase gezogen. Das „etwas“ war ein Abendessen. Mit Brooks Fordham.
„Rein geschäftlich“, versuchte sie ihn zu beruhigen.
„Wessen Geschäfte?“
„Seine.“ Noah hatte einige der Artikel gelesen, die der Kerl für die
New York Times
geschrieben hatte. Er war dort Auslandsreporter und berichtete von Orten wie Sansibar, Portofino, Den Haag … Der Kerl war auch an dem Abend der Geiselnahme da gewesen, von der Sophie erzählt hatte. Noah gefiel es gar nicht, was sie in der Nacht hatte durchmachen müssen, und vermutlich sollte er dankbar sein, dass sie Kontakt zu anderen hatte, die das Gleiche miterlebt hatten, sodass sie mit ihren Erinnerungen nicht allein dastand. Aber … okay, Noah hatte den Kerl nie kennengelernt, doch er wusste bereits, dass er ihn nicht mochte. Fordhams Lebenslauf war genauso hochtrabend wie sein Name – Elitecollege, mehrere Auszeichnungen und Veröffentlichungen. Er hatte diese typische Gentleman-Ausstrahlung – silbernes Haar, erfolgreich,
erwachsen
. Er sah genauso aus wie ein Mann, mit dem Sophie Bellamy ausgehen würde.
Zu spät, Schwachkopf, dachte Noah wütend, sie ist schon vergeben. Er beobachtete, wie Bo für seinen nächsten Stoß zielte, die Kugel aber ihr Ziel verfehlte, was vermutlich seinem siebten oder achten Bier zuzuschreiben war.
„Komm, Kumpel“, sagte Noah. „Legen wir eine Pause ein.“
„Okay.“ Bo stellte sein Queue weg und wischte sich die Hände an der Hose ab. „Ich bestell uns noch ’ne Runde.“
„Warte noch kurz.“ Noah winkte ihn mit sich in eine Nische. Dort setzten sie sich auf die Bänke und lehnten sich zurück, um die ihnen zumeist bekannten Besucher zu mustern.
„Also, was ist mit dir los, Bruder? Probleme mit den Frauen?“ Fragend sah Bo ihn an.
Noah erzählte ihm, was nach dem Eishockeyspiel passiert war. „Sie hasst es, zehn Jahre älter zu sein als ich.“
„Aber hasst sie dich auch?“
Er hörte ihre ernste Stimme, als sie gesagt hatte:
Ich liebe dich, Noah.
Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. „Ich glaube nicht.“
„Warum hängst du dann hier mit mir ab?“
„Sie benötigt eventuell ein wenig Zeit zum Nachdenken.“
„Wie viel Zeit? Will sie warten, bis du erwachsen geworden bist? Das wird niemals passieren.“
„Sie ist heute zum Abendessen mit einem Typen verabredet, den sie noch aus Holland kennt.“
Bo stieß einen leisen Pfiff aus.
„Ein geschäftliches Treffen“, erklärte Noah.
„Wenn du das sagst.“
„Sie
sagt es.“ Obwohl er und Sophie sich noch nicht so lange kannten, vertraute er ihr. Oder etwa nicht?
„Dann schnapp sie dir, Kumpel“, schlug Bo vor. „Sei mit ihr zusammen, verlieb dich. So schwer ist das doch alles gar nicht.“
„Ach was.“
„Ich helfe dir, diesen Typen loszuwerden, wenn es sein muss.“
„Hey“, Noah hob abwehrend eine Hand. „Wir müssen hier niemanden loswerden. Ich will das mit ihr nicht versauen. Ich will, dass es mit uns klappt.“
„Dann versau’s einfach nicht.“ Bo bedeutete der Kellnerin, zwei Bier zu bringen.
„Guter Plan“, stimmte Noah zu. „Und ich trinke nichts mehr. Ich bin heute der Fahrer, schon vergessen?“
„Ich schätze, dann muss ich deins auch noch trinken.“
Noah unterdrückte den Drang, seinem Freund zu raten, es etwas langsamer angehen zu lassen. Er hatte es ihm schon ein paarmal gesagt, aber es hatte nichts bewirkt. Bo mochte es, sich einen anzutrinken.
Die Kellnerin stellte zwei Flaschen und zwei eisgekühlte Gläser auf den Tisch. Bo warf ihr einen verführerischen Blick zu, was ihm ein Zwinkern von ihr einbrachte, aber danach drehte sich die junge Frau gleich wieder auf dem Absatz um und wandte sich dem nächsten Gast zu.
„Ich muss meinen nächsten Schritt planen“, erklärte Noah. Sophie hatte ihn mal gefragt, was er wollte, wovon er träumte, und er hatte keine Antwort darauf gehabt. Jetzt jedoch hatte er sie.
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