Was der Winter verschwieg (German Edition)
Welpen im Bett geschlafen.“
Der Hund starrte sie an. Er schien vollkommen ungerührt von ihrem seltsamen Verhalten. Die Spitze seiner winzigen Rute zitterte, dann stieß er eine Serie von Quietschgeräuschen aus, die klangen wie von einem Spielzeugtier.
Sophie hatte nichts mit Welpen am Hut. Sie hatte nie einen Hund gehabt; sie war in Manhattan aufgewachsen, hatte ihre Kinder dort großgezogen, da wäre so etwas vollkommen unpraktisch gewesen.
Der Welpe tapste an die Bettkante und schaute erst ängstlich nach unten, dann besorgt zu Sophie.
„Spring einfach“, sagte sie. „Das ist nicht so hoch.“
Er wankte vor und zurück und stieß ein nervöses Wimmern aus.
„Du hast es geschafft, da hinaufzukommen, also wirst du wohl auch einen Weg hinunter finden.“
Der Hund reagierte mit einem mitleiderregenden Fiepen.
„Oh.“ Sophie war unerwartet gerührt und streckte eine Hand aus. Der Welpe schnüffelte vorsichtig daran, leckte dann einmal zustimmend mit seiner winzigen rosafarbenen Zunge über ihre Fingerspitzen und fiepte erneut. Ungelenk hob sie den kleinen Kerl hoch und hielt ihn am ausgestreckten Arm von sich. Der Kleine wand sich so sehr, dass sie ihn beinahe hätte fallen lassen, also drückte sie ihn schnell an ihre Brust. Sein Fell war wie flauschige gelbe Daunen – halb Hund, halb Küken. Er roch leicht nach Milch und versuchte, sich so zu drehen, dass er ihr übers Gesicht lecken konnte. Danach kuschelte er sich wie ein Neugeborenes friedlich an ihre Schulter.
„Das ist also ein Welpe“, flüsterte sie und strich mit den Lippen über sein samtiges Ohr. „Wie habe ich so lange ohne einen Welpen leben können?“
Wie alle Kinder hatten Max und Daisy sie natürlich auch bekniet, einen Hund in die Familie zu holen. Ihre Freunde hätten alle Hunde, hatten sie mit typischer Kinderlogik argumentiert. Sie hatte erwidert, dass ihre Freunde auch alle einen Hundesitter oder Mütter hatten, die den ganzen Tag über zu Hause waren. Es wäre unfair dem Hund gegenüber, hatte sie gesagt, wenn er den ganzen Tag allein wäre und sich seine Spaziergänge auf den briefmarkengroßen Park beschränkten, in dem man die Hinterlassenschaften seines Hundes aufheben musste. War einer von ihnen wirklich wild darauf, mit einem Gassibeutel in der Hand hinter dem Hund herzuräumen, noch dazu, wenn es regnete? Das Argument hatte einen endgültigen Schlussstrich unter die Debatte gezogen.
„Max und Daisy“, sagte sie laut. Sie setzte den Hund auf den Boden und nahm ihr Handy zur Hand. Ihr Daumen schwebte schon über der Tastatur, da sah sie die Uhrzeit. 6.47 Uhr. Viel zu früh, um die beiden anzurufen. Also legte sie das Telefon wieder weg, wobei sie im Spiegel an der Tür einen Blick auf sich erhaschte.
„Zauberhaft“, murmelte sie. „Ich sehe aus wie Blanche Dubois aus Endstation Sehnsucht.“ Das lag an der Kombination aus ihrem Negligé und der Tatsache, dass sie gerade erst aufgestanden war. Nach einer Nacht mit wenig Schlaf sah selbst das Dior-Negligé wie ein billiges Fähnchen aus. Sophies friseurverwöhnte Haare waren zerzaust, ihre Augen immer noch leicht verquollen vom Schlaf.
Schon seit langer Zeit mochte sie knappe Nachthemdchen. Sie kaufte sie nicht, um einen Mann zu beeindrucken. Sie und Greg hatten sich auf dem College kennengelernt. Collegejungs legten keinen Wert auf teure Fummel, also benötigte sie keine schöne Wäsche – ein schlichtes T-Shirt tat es auch. Aber inzwischen mochte sie das luxuriöse Gefühl von Seide und Spitze auf der Haut. Dessous waren die letzte Bastion von Weiblichkeit und Jugend. Flanellene Großmutterhemden zu tragen, käme dem Eingeständnis einer Niederlage gleich.
Sie weigerte sich, eine Flanelloma zu werden.
Aber, guter Gott, war das heute Morgen kalt. Zitternd schaute sie sich in dem Zimmer um. Es war ein altes Haus mit hohen Decken und handgeknüpften Teppichen auf dem Holzfußboden. Sie stand in einem altmodischen Schlafzimmer, auf dem Bett lag ein verblichener Quilt, in einer Ecke stand ein marmorner Waschtisch und vor den Fenstern hingen Vorhänge aus Chintz. Alles strahlte eine gewisse Aura der Beständigkeit aus und gleichzeitig einen Hauch von Vernachlässigung. Der leichte Zederngeruch der Bettwäsche zeugte davon, dass dieses Zimmer nicht oft benutzt wurde.
Sophie besaß einen luxuriösen Kaschmirmantel, aber der war in ihrem anderen Koffer, der sich noch im Wagen befand. Genau wie ihre Slipper. Sie schaute sich ihre Stiefel genauer an und fand Spuren
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