Was die Seele essen will
zahlreicher Entzugsprogramme in der San Francisco Bay Area in den letzten 25 Jahren bin ich mittlerweile eine Expertin darin, erfolgreiche von erfolglosen Therapiemethoden zu unterscheiden. Wie die meisten Suchtexperten habe ich festgestellt, [304] dass psychologische und spirituelle Ansätze in vielerlei Hinsicht wertvoll sind, doch ich habe nicht festgestellt, dass sie zur Beseitigung einer Abhängigkeit wirksam sind – es sei denn, sie werden mit ernährungstherapeutischer Rehabilitation kombiniert. Die gute Nachricht ist, dass Programme, die diese wichtige Therapiekomponente beinhalten, immer häufiger angeboten werden. Doch bevor ich zu der spannenden Geschichte der Nährstoff-Reha komme, möchte ich Ihnen den biochemischen Kern Ihrer Sucht vorstellen.
Betreten der Sucht-Zone
Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, denen gar nicht bewusst war, wie schlecht ihre Stimmung war, bis sie zum ersten Mal Alkohol tranken oder ihren ersten Joint rauchten und sich zum ersten Mal in ihrem Leben gut fühlten. Die meisten unserer abhängigen Patienten erzählten mir, dass sie Alkohol oder Drogen gar nicht unbedingt nahmen, um »high« zu werden. Sie wollten sich einfach nur »normal fühlen«.
Warum? Weil die meisten Abhängigen mit schlechteren Stimmungen als normal geboren werden. Zum Beispiel kann jeder, der in eine Familie hineingeboren wird, in der es Alkohol-, Drogen- sowie Nahrungsmittelabhängigkeiten und/oder schwere Stimmungsprobleme gibt, leicht eine mangelhafte Produktion der natürlichen Stimmungsaufheller im Gehirn erben. Die meisten der alkohol- oder drogenabhängigen Patienten, mit denen ich gearbeitet habe, stammten aus Familien, in denen Sucht und Depressionen oder andere Stimmungsprobleme erkennbar waren. In vielen Fällen hat eine stressreiche Kindheit ihre genetisch fehlerhafte Stimmungschemie noch weiter verschlechtert. Letztlich haben sie, wie fast alle Jugendlichen heutzutage, mit Alkohol oder anderen Drogen experimentiert. Doch sie waren diejenigen, die nie wieder damit aufhören konnten.
Kein Ausweg: Wie Therapien versagen
Die meisten Menschen, die erkannt haben, dass sie in einer Sucht gefangen sind, haben viele Male versucht aufzuhören. Das Problem ist, dass sie keinen Ausweg gefunden haben, nur eine Sackgasse nach der anderen.
Lassen Sie sich nicht entmutigen, und schämen Sie sich nicht, wenn auch Sie mehrere Therapien und Zwölf-Schritte-Programme ausprobiert und »versagt« haben. Sie sollten vielmehr stolz sein, dass Sie es überhaupt [305] versucht haben. Sie sollten wissen, dass etwa 90 Prozent derer, die versuchen, aufzuhören – selbst mit noch so intensiven und langfristigen Therapien – es nicht schaffen. Wenn Sie zu diesen gehören, ist es wahrscheinlich nicht die Motivation, an der es Ihnen mangelt. Vielmehr ist Ihnen wahrscheinlich, wie den meisten Menschen in Reha, noch nie etwas anderes als die üblichen psychologischen und spirituellen Behandlungsansätze zuteil geworden. Diese Ansätze sind ausgezeichnet – ich halte sie für wichtige Elemente jedes wirkungsvollen Therapieprogramms. Doch sie zielen nicht auf die Ursache der Sucht ab, die physischer Natur ist, nicht psychologischer oder spiritueller. Wenn ein Programm nicht den biologischen Kern der Sucht angreift, sind Rückfall, Scham und Verzweiflung vorprogrammiert.
Ehe ich fortfahre, möchte ich Ihnen mehr über meine Erfahrungen bei meiner Arbeit im Bereich der Therapien berichten und warum ich begann, nach neuen Antworten zu suchen. 1974 wurde ich als eine der ersten professionell ausgebildeten Psychotherapeuten in den USA in einem Therapiezentrum für Alkoholiker angestellt. Zusammen mit einigen anderen, die gerade ihren Abschluss in Psychologie gemacht hatten, begann ich meine Arbeit in einem Programm in einem wunderschönen vierstöckigen Anwesen in San Francisco. Damals gab es nirgends die Form der Behandlung, wie wir sie heute kennen. Die Anonymen Alkoholiker waren die einzige organisierte Einrichtung, die zur Verfügung stand.
Unsere Patienten waren Arbeiter jeden Alters und jeglicher Herkunft, die abends »nach Hause« kamen, um gemeinsam zu essen und Zwölf-Schritte-Sitzungen zu besuchen. Sie trafen sich außerdem mehrmals die Woche in zwanglosen Selbsthilfegruppen, doch der Leiter der Klinik wollte Profis einsetzen, um intensivere Therapieprogramme zu entwickeln. Wir durften mit allen Behandlungsmethoden experimentieren, die Hilfe versprachen. Ich bin stolz, sagen zu können, dass wir, unter anderem,
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