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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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höher, und sein Durst wird größer, und es dauert Stunden, bis er am Horizont ein anderes Farmhaus sieht. Er sagt sich: »Diesmal kehre ich bei dem Farmer ein, ob ich ihm lästig falle oder nicht. Ich habe solchen Durst, ich brauche etwas zu trinken.«
    Doch auch der Farmer sah ihn schon von ferne und dachte: »Der kommt doch hoffentlich nicht zu mir. Das fehlte mir gerade noch. Ich habe viel zu tun und kann mich nicht auch noch um andere Leute kümmern.« Und er machte mit der Arbeit weiter, ohne aufzublicken.
    Der Fremde aber sah ihn auf dem Feld, ging auf ihn zu und sagte: »Ich habe großen Durst. Bitte gib mir zu trinken.« Der Farmer dachte: »Abweisen darf ich ihn jetzt nicht, schließlich bin ich auch ein Mensch.« Er führte ihn zu seinem Haus und brachte ihm zu trinken.
    Der Fremde sagte: »Ich habe deinen Garten angeschaut. Man sieht, hier war ein Wissender am Werk, der Pflanzen liebt und weiß, was sie brauchen.« Der Farmer freute sich und sagte: »Ich sehe, auch du verstehst etwas davon.« Er setzte sich, und sie unterhielten sich lange.
    Dann stand der Fremde auf und sagte: »Jetzt ist es Zeit für mich zu gehen.« Der Farmer aber wehrte ab. »Schau«, sagte er, »die Sonne steht schon tief. Bleib diese Nacht bei mir. Dann setzen wir uns auf die Veranda und unterhalten uns, bevor du morgen weiterziehst.« Und der Fremde stimmte zu.
    Am Abend saßen sie auf der Veranda, und das weite Land lag wie verklärt im späten Licht. Als es dann dunkel war, begann der Fremde zu erzählen, wie sich für ihn die Welt verändert habe, seitdem er inne wurde, daß ihn auf Schritt und Tritt ein anderer begleite. Erst habe er es nicht geglaubt, daß einer dauernd mit ihm ging. Daß, wenn er stehenblieb, der andere stand, und wenn er aufbrach, der andere sich mit erhob. Und er brauchte Zeit, bis er begriff, wer dieser sein Begleiter sei. »Mein ständiger Begleiter«, sagte er, »das ist mein Tod. Ich habe mich so sehr an ihn gewöhnt, daß ich ihn nicht mehr missen will. Er ist mein treuester, mein bester Freund. Wenn ich nicht weiß, was richtig ist und wie es weitergehen soll, dann halte ich ein Weilchen still und bitte ihn um eine Antwort. Ich setze mich ihm aus als Ganzes, gleichsam mit meiner größten Fläche; weiß, er ist dort, und ich bin hier. Und ohne daß ich mich an Wünsche hänge, warte ich, bis mir von ihm zu mir ein Hinweis kommt. Wenn ich gesammelt bin und mich ihm mutig stelle, kommt mir nach einer Zeit von ihm zu mir ein Wort, wie wenn ein Blitz, was dunkel war, erhellt -- und ich bin klar.«
    Dem Farmer war die Rede fremd, und er blickte lange schweigend in die Nacht. Dann sah auch er, wer ihn begleitet, seinen Tod - und er verbeugte sich vor ihm. Ihm war, als sei, was ihm von seinem Leben blieb, verwandelt. Kostbar wie Liebe, die um Abschied weiß, und wie die Liebe bis zum Rande voll.
    Am nächsten Morgen aßen sie zusammen, und der Farmer sagte: »Auch wenn du gehst, bleibt mir ein Freund.« Dann traten sie ins Freie und reichten sich die Hand. Der Fremde ging seines Weges und der Farmer auf sein Feld. (MFL: 67)

Anhang I
    BERT HELLINGERS WEG ZUR FAMILIENAUFSTELLUNG

Bert Hellinger wurde im Jahr 1925 geboren. Er hat zunächst Philosophie, Theologie und Pädagogik studiert. Seine religiöse Einstellung bewegte ihn, einem Orden beizutreten und später als Missionar nach Südafrika zu gehen. Die Tätigkeit als Missionar und Seelsorger hat Hellinger tief geprägt. Für ihn war es eine Zeit von intensiver Arbeit und viel Disziplin. Als er zu Beginn der siebziger Jahre den Orden verließ und sich der Psychotherapie zuwandte, bedeutete das für ihn keinen Bruch, sondern eine Weiterentwicklung. Weder bei ihm selbst noch auf seiten des Ordens gab es Widerstände dagegen. Hellinger denkt mit positiven Gefühlen an die damalige Zeit zurück und hat auch heute noch Kontakt zu seinen dortigen Freunden. Er sagt: »Ich kann achten, was ich dort bekommen habe, und ich kann auch achten, was dort geleistet wurde.« Sein langjähriger Aufenthalt bei den Zulus lehrte ihn gegenseitigen Respekt und Geduld. Bei den Zulus ist es selbstverständlich, daß man den anderen nicht bloßstellt. Beeindruckt war er auch davon, wie man dort mit Kindern umgeht und wie natürlich und selbstverständlich die Eltern ihre Autorität den Kindern gegenüber zur Geltung bringen. Genauso selbstverständlich ist es bei den Zulus, daß die Kinder ihre Eltern achten. Hellinger hat kein einziges Mal gehört, daß jemand abfällig über

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