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Was die Tiere im Park erlebten

Was die Tiere im Park erlebten

Titel: Was die Tiere im Park erlebten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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erwartete ihn die Kreuzotter. Im allerletzten Augenblick, als der Narbige mit ihr auf gleicher Höhe war, ließ sie die Wasserpflanzen los und nahm all ihre Kraft für den Stoß nach oben zusammen. Ihre Giftzähne bohrten sich in das weiche Hinterteil des Fuchses unter seiner Flanke und gaben all ihr aufgespartes Gift ab. Der Fuchs stieß einen Schmerzens- und Schreckensschrei aus, doch die Kreuzotter ließ sich lediglich tiefer sinken und von der Strömung bachabwärts treiben. Der Narbige konnte gerade noch mühsam ans andere Ufer gelangen und sich hochziehen. Von der Kreuzotter war nichts mehr zu sehen.
    Der Narbige, von seinem Kampf mit dem Fuchs noch sehr geschwächt, lag zitternd am Ufer. Er hatte Angst und war wütend. Wieder hatten die Tiere aus dem Farthing-Wald zugeschlagen. Waren sie ihm schließlich doch zum Verderben geworden? Erst nach einiger Zeit rang er sich zur Erkenntnis durch, daß die Kreuzotter am Ende mit einem meisterlichen Plan den Sieg errungen hatte. Zu seinem Bau wollte er nun nicht mehr zurück, denn bald würde er wie der junge Fuchs sterben müssen. Er erkannte, daß er die ganze Zeit das eigentliche Ziel seiner Feinde gewesen war. »Aber ein paar habe ich mit auf den Weg genommen«, murmelte er und gab dabei ein kehliges Lachen von sich. »Die werden mich nicht vergessen!«
    Inzwischen hatte die Kreuzotter das Wasser verlassen und sich schwerfällig auf den Weg zurück zur Stelle ihres Triumphes begeben. Sie fühlte sich ausgehöhlt und erschöpft — aber sie hatte gesiegt. Als sie sich dem Narbigen näherte, wirkte das Gift schon, und sie brauchte sich nicht mehr zu fürchten.
    Der Narbige hatte sofort den abgebissenen Schwanz der Schlange erkannt. »Du warst das also«, flüsterte er. »Die Kreuzotter aus dem Farthing-Wald?«
    »Genau die«, bestätigte die Kreuzotter mit einem schiefen Lächeln.
    »Ja, du hast mehr geschafft als dein mutiger Anführer«, sagte der Narbige. »Vielleicht solltet ihr die Plätze tauschen?« Er rang nach Luft, als die ersten Schauer durch seinen Körper liefen.
    Kalt blickte ihn die Kreuzotter an. »Du hast nur bekommen, was du verdienst«, war alles, was sie sagte.
    »Vielleicht«, antwortete der Narbige heiser. »So ist das Leben nun einmal.« Er zitterte stärker. »Du — hast — mich — getötet«, keuchte er, »aber — denk daran...« Sein Atem kam nur noch mühsam. »Ich bin — nicht — der letzte — meines Stammes...« Rauh und gequält brachte er seine Worte heraus, es waren seine letzten.
    Die Kreuzotter verweilte nicht länger. Die Drohung des Narbigen beeindruckte sie nicht, sie war zufrieden, daß er tot war. Zurück über den Bach und den langen Heimweg zu ihren alten Freunden. Sie mußten die Nachricht hören, und das war auch gut so.
    Auf ihrem Rückweg rutschte sie fast unter die Hufe des Alten Hirsches.
    »Vorsicht, lieber Freund«, sagte der Alte Hirsch gut gelaunt. »Du scheinst es eilig zu haben?«
    »Vielleicht«, gab die Kreuzotter erschöpft zurück.
    »Ich möchte dich nicht aushorchen«, fuhr er fort, »du hast sicher etwas vor.«
    Die Kreuzotter konnte ein trockenes Lachen nicht unterdrücken. »Ich hatte etwas vor«, zischelte sie böse. Nachdenklich betrachtete sie der Alte Hirsch und bemerkte ihren verstümmelten Schwanz. »Du hast wohl einen Kampf hinter dir?« meinte er dann.
    »So ist es — aber ich habe überlebt.«
    Ihre Art zu sprechen fiel dem Alten Hirsch sofort auf und schien seinen Verdacht zu bestätigen. »Gehe ich recht in der Annahme, daß dein Gegner nicht überlebt hat?« fragte er eindringlich.
    Die einzige Antwort war ein ironisches Lächeln.
    »Es scheint so, als ob du mir einen Besuch erspart hast«, sagte der Alte Hirsch.
    »Da ich nicht weiß, wen du besuchen wolltest, kann ich dir wohl kaum weiterhelfen«, entgegnete die Schlange.
    »Schluß mit dem Reden um den heißen Brei«, sagte der Hirsch. »Ich wollte gerade den narbigen Fuchs aufsuchen.«
    »Tatsächlich?« zischte die Kreuzotter. »Dann laß dir sagen, daß du ihn ganz in der Nähe findest.«
    Der Alte Hirsch seufzte. »Deine Zurückhaltung in allen Ehren, aber bitte, beantworte mir eine höfliche Frage. Hat es einen Zweck, daJß ich meinen Weg fortsetze?«
    »Hm — nein«, erwiderte die Kreuzotter.
    »Danke. Alles klar. Aber vielleicht betrübt es dich zu hören, daß einige deiner Reisegefährten in der vergangenen Nacht von deinem Gegner getötet wurden.«
    »Um so mehr freue ich mich, daß ich es getan habe«, sagte die

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